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Sieben Jahre Sehnsucht

Sieben Jahre Sehnsucht

Titel: Sieben Jahre Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Day
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kein Mann, der sich mit Teilen eines Ganzen begnügt. Ich muss alles haben. Das Gute genauso wie das Schlechte.«
    »Ich soll alles einfach ausspeien?« Ihre Sprache klang abgehackt, was eine Reaktion auf ihr jäh aufwallendes Begehren war. »Wäre ich dann nicht wie dieser Seemann, wenn ich einen anderen Menschen mit meinem privaten Leid belaste?«
    Alistair trat einen Schritt näher. »Anders als der Junge kann ich es aushalten. Besser noch, ich will es. Es gibt keinen Teil von dir, den ich nicht kennenlernen möchte.«
    »Warum?«
    »Weil mein Verlangen nach dir schrankenlos ist, sollst auch du ohne Schranken sein. In jeder Beziehung.«
    Jess verspürte den Drang, in der Kabine auf und ab zu gehen, widerstand ihm aber dank langjähriger Übung. Ladys gingen nicht auf und ab. Sie waren auf der Welt, um die Bürden eines Mannes zu erleichtern, und nicht, um ihm noch eine weitere Bürde aufzuerlegen.
    Dennoch war Alistair – dieser Inbegriff von Männlichkeit – der einzige Mensch, bei dem sie das Gefühl hatte, ihm auch die dunkleren Aspekte ihrer Seele anvertrauen zu können. Er würde nicht schlechter über sie denken, wie es bei anderen Menschen womöglich der Fall wäre. Er würde sich ihr gegenüber nicht anders verhalten. Dunkelheit war ihm bekannt. Er hatte in der Dunkelheit gelebt, sie umarmt und schien durch diese Erfahrung stärker geworden zu sein. Nach wie vor konnte sie es kaum fassen, wie getrieben er war, wie gnadenlos zielgerichtet er sein konnte, wie bereitwillig er akzeptierte, in Ungnade zu fallen, um selbstbestimmt leben zu können.
    Aufgrund seiner angeborenen Sinnlichkeit und seines blendenden Aussehens hatte er bereits in viel zu jungen Jahren die Begehrlichkeiten von Menschen erweckt, die übersättigt und unmoralisch waren. In dem Wissen, dass die Verantwortung für seine Zukunft einzig und allein bei ihm lag, hatte er aus der eigentlich nicht vertretbaren Lage so viel Nutzen gezogen, wie er konnte. Doch zu welchem Preis für ihn selbst?
    »Jessica, was denkst du, wenn du mich so ansiehst?«
    Sie starrte ihn an, gebannt von seiner dunklen Schönheit und Männlichkeit. Ihr war nicht ganz klar, was Beth gemeint hatte, als sie sagte, er habe »etwas sehr Besonderes an sich«, aber auch Jess war eine Frau mit all den primitiven Instinkten ihres Geschlechts. Er verströmte eine brutale Sinnlichkeit, die süchtig machte. Die Tiefe ihres Verlangens, das sie seit einer Woche spürte, erschreckte sie, da sie wusste, dass zwischen ihnen niemals etwas Dauerhaftes entstehen könnte.
    Ihre Welt war nicht seine; seine war nicht ihre. Sie reisten für eine kurze Zeit zusammen auf derselben Straße, doch ihre Wege würden sich trennen. Sie könnte nicht für immer auf den Westindischen Inseln bleiben, und er würde die Londoner Gesellschaft nicht lange ertragen, was immer er auch an Gegenteiligem behaupten mochte. Er war nicht nur in seinem Verlangen nach ihr hemmungslos. Er war ein mutiger und unkonventioneller Mann, dynamisch und kraftvoll. Die feine Gesellschaft – deren moralische Vorstellungen Jess gelernt hatte zu repräsentieren – würde ihn ersticken und langweilen.
    Nein, sie verfügte nicht über Beths Lebensklugheit, Alistair hingegen sehr wohl. Auch er hatte von einer Liaison gesprochen, die auf eine kurze Zeitspanne begrenzt wäre. Wie gewonnen, so zerronnen. Gerade noch Raum genug für Zuneigung und Dankbarkeit. Aber es half nichts: Jess musste auf Beths und Alistairs größere Erfahrung vertrauen.
    »Ich bewundere dich«, sagte sie.
    Obwohl er keine Regung erkennen ließ, spürte Jess seine Ergriffenheit. »Nach allem, was du über mich weißt?«
    »Ja.«
    Eine spannungsgeladene Stille trat ein, ehe er sagte: »Du bist wahrscheinlich die einzige Person, die so etwas trotz meiner vergangenen Sünden sagen würde.«
    »Du hattest keine Bedenken, dich mir anzuvertrauen. Offenbar traust du mir ein großes Maß an Toleranz zu.«
    »Oh, ich hatte durchaus Sorge, wie du es aufnehmen wirst«, gestand er finster ein. »Aber richtig, ich glaubte, du würdest für meine Sünden eher Verständnis haben, als sie mir vorzuwerfen.«
    Die kalte Leere in ihrer Brust, die sie vor Kurzem noch gefühlt hatte, füllte sich nun mit etwas Warmem und Weichem. »Ich hätte es von mir nicht geglaubt.«
    Ihr fehlten die Worte, um auszudrücken, was sie fühlte. Es war, als hätte sie einen Sieg errungen, und diese Empfindung stand so sehr im Gegensatz zu dem Gefühl, eine Niederlage hinnehmen zu müssen, das sie

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