Sieben Jahre Sehnsucht
ist.«
Alistair nickte und wandte seine Aufmerksamkeit dem Hauptbuch zu.
Ein eisiger Schauer durchlief Jessica. Das Ende ihrer Beziehung war unvermeidlich, wenn er Kinder haben wollte, was für die meisten Männer galt. Und er verdiente dieses Glück.
»Ich habe dich mit dem Jungen beobachtet«, sagte sie, auf das Kind anspielend, das sie vor einer Woche vor den Misshandlungen des brutalen Seemanns zu retten versucht hatte. Alistair hatte sich des jungen Matrosen angenommen, ihm das Knüpfen von Seemannsknoten und andere nützliche Dinge beigebracht, und Jessica hatte es genossen, die beiden zu beobachten. »Du wirst einmal ein wunderbarer Vater sein.«
Er blickte zu ihr auf, lehnte sich dann zurück und verschränkte die Arme. Sein Haar war etwas länger geworden, und Jessica gefiel es, wie die dunklen Strähnen sein Gesicht umrahmten. Unwillkürlich hob sie die Hand an die Kehle und massierte sie, als könnte sie ihre Anspannung dadurch lösen.
»Jessica« – er atmete hörbar aus –, »ich habe mich für das Thema Kinder bisher kaum interessiert. Und nun werde ich keinen Gedanken mehr daran verschwenden.«
»Sprich nicht so. Du kannst dir die Freude nicht willkürlich versagen.«
»Fortpflanzung erfordert, wie du weißt, einen Partner. Wenn du mir wirklich keine Nachkommen schenken kannst, ist das Gottes Wille. Aber du bist die einzige Frau für mich, und ich will mich nicht einmal ansatzweise damit befassen, nur um eigener Kinder willen mit jemand anderem zusammen zu sein.«
Vor Jessicas Augen begann alles zu verschwimmen. Erfolglos blinzelte sie gegen die beschämenden Tränen an, sprang dann hastig vom Tisch auf und eilte zu der in der Ecke gelagerten Weinkiste hinüber.
»Jess …«
Sie hörte hinter sich das schabende Geräusch von Stuhlbeinen, die über den Boden schleiften. Dann hielten kräftige Hände sie an den Schultern fest, ehe sie sich hinunterbeugen konnte, um eine Flasche aus der Kiste zu holen.
»Erschreckt es dich so, wenn du hörst, was ich für dich empfinde, dass du sofort zur Flasche greifen musst?«, flüsterte er, die Lippen dicht an ihrem Ohr.
»Ich wollte nicht vor Schreck, sondern vor Freude etwas trinken. Ich bin nämlich selbstsüchtig genug, um mich darüber zu freuen.«
»Ich möchte, dass du in Bezug auf mich selbstsüchtig bist.«
Heftig schüttelte Jess den Kopf. »Liebe ist selbstlos. Oder sollte es sein.«
»Für manche vielleicht. Doch wir beide haben so viel voneinander profitiert. Es kommt mir vor, als sollten wir voneinander zehren.«
Sie schloss die Augen und lehnte den Kopf gegen seine Schulter. Sie spürte, wie seine Arme ihre Mitte umschlangen, und legte die Hände auf seine. »Du hast viele Geschwister. Wünschst du dir nicht auch eine große Familie?«
»Wenn wir uns über meine Familie unterhalten wollen, werden wir in der Tat eine Flasche Bordeaux benötigen.«
Sogleich bückte sich Jess und ergriff eine Flasche. Währenddessen holte Alistair zwei Weinkelche aus dem Schränkchen neben der Kabinentür.
Schwungvoll stellte sie die Flasche auf den Tisch und nahm wieder Platz. Alistair setzte die Gläser ab und entkorkte den Wein. Während er dem Wein Zeit ließ zu atmen, lehnte er sich zurück und musterte Jess prüfend und nachdenklich zugleich.
Geduldig wartete sie ab.
»Hast du dich nie gefragt, warum Mastersons Züge sich bei meinen Brüdern so stark durchgesetzt haben, wohingegen ich meiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten bin?«
»So ein Geschenk Gottes stellt man nicht infrage.«
Das Kompliment wurde mit einem kleinen Lächeln belohnt.
»Nun denn«, fuhr sie fort. »Ich vermute, Masterson ist gar nicht dein Vater.«
»Und das macht dir nichts aus«, bemerkte er weich.
»Warum sollte es?«
»Jess …« Er lachte ungläubig auf. »Ich hatte Angst, es dir zu erzählen. Du bist so berühmt für deine Wahrung der Etikette. Ich dachte, ich würde in deiner Achtung sinken.«
»Unmöglich. Bist du etwa in der Achtung deiner Brüder gesunken? Fühlst du dich Albert nicht nach wie vor eng verbunden?«
»Zwischen meinen Brüdern und mir war das nie ein Problem. Aber Masterson … Ich kann ihm nichts recht machen.« Sein völlig ausdrucksloser Ton ließ tiefere Emotionen vermuten. »Ich persönlich schere mich nicht mehr darum, doch meine Mutter leidet sehr unter unserem schlechten Verhältnis. Könnte ich ihren Kummer lindern, würde ich es tun, aber ich kann nun mal nichts an den Gegebenheiten ändern.«
»Wie bedauerlich für
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