Sieben Jahre Sehnsucht
habe meinen ersten Walzer mit Ihnen getanzt«, erinnerte sie sich.
»Ja, meine Füße sind immer noch dabei, sich zu erholen.«
In gespielter Empörung blitzte sie ihn an. »Ich habe mich vollkommen Ihrer Führung überlassen!«
Er grinste.
»Erinnern Sie sich nicht?«, drängte sie. Bei ihrer Einführung in die Gesellschaft hatte sie ihn als ihren ersten Tanzpartner auserkoren, weil sie ihm vertraute und sich bei ihm sicher fühlte. Sie hatte gewusst, dass dieser erste gesellschaftliche Auftritt, der eine Art Bewährungsprobe darstellte, mit ihm ein Riesenspaß werden würde, auch auf die Gefahr hin, dass er sie neckte und aufzog. Er hatte sie so gut geführt und so viele Tänze bei ihr gebucht, dass sie die Tanzfläche innerlich auftrumpfend verlassen hatte. So gut hatte sie sich seit Jahren nicht mehr gefühlt.
»Als könnte ich auch nur einen Moment vergessen, in dem ich Sie in den Armen hatte«, sagte er leise.
Von ihren Gefühlen überwältigt, sprang Hester so rasch auf, dass sie den Stuhl umstieß. Sie packte Michael am Revers und presste den Mund auf seine Lippen. Es war ein schneller und keuscher Kuss, ein Zeichen ihrer Dankbarkeit, weil er sie wieder an das kühne, lebhafte Mädchen erinnerte, das sie einst gewesen war.
Errötend trat sie einen Schritt zurück. »Es tut mir leid.«
Reglos blieb Michael stehen. In seinen dunklen Augen loderte Leidenschaft. »Mir nicht.«
Mit zitternden Fingern ihr Haar zurückstreichend, ging Hes ter zum Tisch mit dem Teeservice. Sie bemühte sich, tief und gleichmäßig zu atmen, um ihr wild schlagendes Herz zu beruhigen. Sie hörte, wie er hinter ihr den Stuhl aufstellte, ehe sie plötzlich Regmont entdeckte, der auf der Türschwelle stand.
Ihr blieb das Herz stehen.
»Mylord«, flüsterte sie tonlos.
Michael erstarrte, hörte die Angst in ihrer Stimme, als hätte Hester vor Panik geschrien. Er wirbelte herum und sah sich Regmont gegenüber, dessen Miene verzerrt vor Zorn und Feindseligkeit war. Mit einem Blick schätzte Michael seinen Gegner ein, registrierte die geballten Fäuste und die angespannte Kieferpartie des Earls. Obwohl er Regmont nicht besonders gut kannte, hatte er den Eindruck, dass er sich im Verlauf der letzten Jahre sehr verändert hatte. Er entsann sich Regmonts als eines großspurigen Burschen, dem er jedoch zugutehielt, dass sein Blick immer von Wärme und Zuneigung erfüllt war, wenn er über seine Gattin sprach oder sie ansah. Jetzt war davon nichts zu sehen. Nur kalte Berechnung und Misstrauen.
»Regmont.« Michael war erstaunt, dass sein Ton so gelassen war, obwohl er sich am liebsten auf diesen Mann, der für Hesters Unglück verantwortlich war, gestürzt und ihn ordentlich verprügelt hätte.
»Tarley. Was führt Sie hierher?«
Betont gleichmütig zuckte Michael die Achseln. Er war sich nicht sicher, was der Earl gesehen hatte, und wusste, dass er sehr viel Umsicht walten lassen musste, um Hester weiteres Leid zu ersparen. »Meine Mutter hat mich geschickt. Mir blieb nur die Wahl, mich hierherzubegeben, um bei den Kuppeleiversuchen ein Wörtchen mitzureden oder mich mit einer Dame verheiraten zu lassen, die mir womöglich nicht gefällt.«
Regmont schaute zu seiner Gattin hinüber. »Ach? Man sagte mir, Lady Pennington komme neuerdings öfter zu Besuch.«
Hester war bleich, ihr Blick gehetzt. Sie schluckte. »Sie hätte sich an Jessica gewandt, wenn meine Schwester da wäre. Also helfe ich nun der Countess, die Debütantinnen dieser Saison kennenzulernen.«
»Das ist sehr freundlich von dir, mein Liebling.«
»Großer Gott«, stöhnte Michael, während er sich wieder auf das Sofa setzte. »Bitte ermutigt die beiden nicht noch!«
Der Earl gesellte sich hinzu, nahm neben Hester Platz. Sie holte tief Luft und begann den Tee zu servieren.
Regmont erhielt als Erster seine Tasse und Untertasse und trank einen Schluck. Stirnrunzelnd stellte er die Tasse dann auf den Tisch. »Der Tee ist nicht einmal lauwarm.«
Hester zuckte zusammen.
»Das ist meine Schuld«, sagte Michael. »Ich habe mir heute früh an meinem Kaffee die Zungenspitze verbrannt, und es tut immer noch weh. Lady Regmont hat freundlicherweise darauf Rücksicht genommen.«
Regmont drehte sich zur Seite, sodass er Hester im Blick hatte. »Und womit hast du dir die Zeit vertrieben, während du auf das Abkühlen des Tees gewartet hast?«
Hester straffte die Schultern und bedachte ihren Gatten mit einem Lächeln, das so kühl wie das Gebräu war, über das er sich
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