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Sieben Phantastische Geschichten

Sieben Phantastische Geschichten

Titel: Sieben Phantastische Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. G. Ballard
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war, daran konnte er sich nicht mehr recht erinnern. Das Auto, zum Beispiel, hatte er zum Schmieren in die Werkstatt in der Nähe des Krankenhauses gebracht und hatte dann am selben Abend einen Vertrag für das neue Modell unterschrieben, noch während er hinterm Steuer saß, und hatte es dem Verkäufer abgenommen, daß die Herabsetzung auf einen zweimonatigen Kauf praktisch billiger würde als das Schmieren des alten Getriebes. Zehn Minuten später, als er über die Schnellstraße fuhr, wurde ihm plötzlich erst klar, daß er ein neues Auto gekauft hatte. Auf ähnliche Weise waren die Fernsehgeräte durch völlig identische Modelle ersetzt worden, nachdem sie alle die gleichen irritierenden Bildüberlagerungen aufgewiesen hatten (merkwürdigerweise wiesen die neuen Geräte ganz genau die gleichen Störungen auf, wenn der Verkäufer ihnen auch versichert hatte, daß sie nach zwei Tagen verschwinden würden). Wenn er es recht bedachte, hatte er nicht ein einziges Mal aus eigenem freien Willen heraus den Entschluß gefaßt, irgend etwas haben zu wollen, um dann in einen Laden zu gehen und zu kaufen!
    Er trug die Inventarliste mit sich herum, fügte, wenn nötig, etwas hinzu, analysierte völlig ruhig und ohne Auflehnung die neuen Verkaufstechniken, überlegte, ob die totale Kapitulation die einzige Möglichkeit war, sie zu besiegen. Solange er selbst auch nur das Anzeichen von Widerstand aufrechterhielt, würde die inflationäre Wachstumskurve um ihre kontrollierten jährlichen zehn Prozent steigen. Wenn dieser Widerstand jedoch wegfiel, dann würde sie wie eine Rakete in die Höhe schnellen und außer Kontrolle geraten.
    Als er zwei Monate später vom Krankenhaus nach Hause fuhr, sah er eins der Schilder zum ersten Mal.
    Er fuhr auf der 40-Meilen-Spur, konnte mit der Flut neuer Wagen nicht Schritt halten und hatte gerade die zweite der drei Kleeblatt-Kreuzungen überquert, als sich eine halbe Meile entfernt der Verkehr zu verlangsamen begann. Mehrere hundert Wagen waren auf den erhöhten Grasrand neben der Straße gefahren, und unter einem der Schilder hatte sich eine Menschenmenge versammelt. Über die Metalloberfläche kletterten zwei kleine dunkle Gestalten, und die gitterartigen Lichtmuster, die pausenlos an- und ausgingen, erleuchteten den Abendhimmel. Diese Muster wirkten zufällig und gebrochen, als würde mit dem Schild nur geprobt.
    Franklin war erleichtert, daß sich Hathaways Mißtrauen als völlig grundlos erwiesen hatte, und lenkte den Wagen auf den weichen Randstreifen, dann ging er zwischen den Zuschauern, deren Gesichter von den Lichtern beleuchtet wurden, weiter nach vorn. Unten, bei der Stahlumzäunung, stand eine Gruppe Polizisten und Ingenieure, die sich die Hälse verrenkten und zu den Männern hinaufsahen, die 30 Meter über ihren Köpfen das Schild erklommen.
    Plötzlich blieb Franklin stehen, das Gefühl von Erleichterung war verflogen. Mehrere Polizisten waren mit Gewehren bewaffnet, hatten Maschinenpistolen umgehängt. Sie hatten sich einer dritten Gestalt genähert, die über einem Schaltkasten in der vorletzten Querstrebe hing – ein Mann mit Bart und schmutzigem Hemd, dessen nackte Knie durch die Jeans stachen.
    Hathaway!
    Franklin lief schnell zu der Verkehrsinsel, das Schild spuckte und zischte, die Röhren brannten dutzendweise durch.
    Dann ließ das Flackern nach und das Licht hellte sich auf und strahlte die Menschenmenge an, die zu den leuchtenden Buchstaben hinaufblickte. Die Sätze und jede mögliche Kombination von ihnen waren wohlvertraut, Franklin wußte, daß er sie seit Wochen gelesen hatte, jedesmal, wenn er die Schnellstraße entlang gefahren war.

    KAUFEN SIE JETZT KAUFEN SIE JETZT KAUFEN SIE JETZT
    NEUES AUTO JETZT NEUES AUTO JETZT NEUES AUTO JETZT
    JA JA JA JA JA JA JA JA JA JA JA JA JA JA JA JA JA
    Sirenen heulten auf, zwei Streifenwagen kamen durch die Menschenmenge gefahren, bogen ab, über den Randstreifen und steil hinunter durch das feuchte Gras. Aus ihren Türen quollen Polizisten mit Knüppeln in den Händen und machten sich sofort daran, die Menschen zurückzudrängen. Franklin blieb stehen, als sie näher kamen, und sagte: »Ich kenne den Mann –«, aber der Polizist stieß ihn mit der flachen Hand vor die Brust. Er taumelte zurück, geriet zwischen die Autos und lehnte sich hilflos gegen eine Stoßstange, als die Polizisten die Windschutzscheiben zu zerschlagen begannen, während die unglücklichen Fahrer wütend protestierten und diejenigen, die weiter

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