Sieben Tage für die Ewigkeit - Roman
Zofia verwirrt.
»Weil du in zwei Minuten wieder aufstehen müsstest«, antwortete Mathilde, ohne den Blick abzuwenden.
»Was ist denn?«
»Ich kann nicht glauben, dass er noch mal damit kommt!«, höhnte Mathilde.
Zofia riss die Augen auf und wich einen Schritt zurück.
»Ist er unten?«
»Er ist wirklich zum Anbeißen! Wenn er nur einen Zwillingsbruder hätte, dann gäbe es auch einen für mich! Er sitzt mit Blumen auf der Kühlerhaube und wartet auf dich. Geh runter!«, sagte Mathilde, doch Zofia hatte schon das Zimmer verlassen und eilte die Treppe hinunter.
Als sie auf den Bürgersteig trat, erhob sich Lukas und streckte ihr mit beiden Händen eine gelbrote Seerose entgegen, die sich stolz in ihrem Tontopf reckte.
»Ich weiß immer noch nicht, welches Ihre Lieblingsblumen sind, aber diese bringen Sie immerhin dazu, mit mir zu sprechen!«
Zofia musterte ihn schweigend. Er kam auf sie zu.
»Ich bitte Sie, mir wenigstens die Möglichkeit zu einer Erklärung zu geben.«
»Was für eine Erklärung?«, fragte sie. »Es gibt nichts mehr zu erklären.«
Sie wandte ihm den Rücken zu und ging ins Haus zurück. Im Eingang blieb sie stehen, machte kehrt, trat erneut auf die Straße, nahm ihm wortlos die Seerose ab und marschierte wieder ins Haus. Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss. Reine versperrte ihr den Weg zur Treppe und nahm ihr die Wasserpflanze ab.
»Darum kümmere ich mich, und ich gebe dir drei Minuten Zeit, um raufzugehen und dich fertig zu machen. Zier dich nur und spiel die Schwierige, das ist sehr feminin, aber vergiss nicht: Das Gegenteil von allem ist nichts! Und nichts ist nicht eben viel … jetzt geh!«
Zofia wollte etwas erwidern, doch Reine stemmte die Fäuste in die Hüften und sagte mit autoritärer Stimme:
»Keine Widerrede!«
In ihrer Wohnung öffnete Zofia den Schrank.
»Ich weiß nicht warum, aber als ich ihn eben gesehen habe, wusste ich sofort, dass ich heute Abend Schinken und Kartoffelbrei im Tête-à-Tête mit Reine essen würde«, sagte Mathilde und schaute weiter durchs Fenster.
»Okay, okay!«, erwiderte Zofia gereizt.
»Für mich schon, und für dich?«
»Reg mich nicht auf, Mathilde – es ist nicht der richtige Augenblick.«
»Ich habe den Eindruck, das besorgst du ganz allein, meine Liebe!«
Zofia nahm ihren Regenmantel vom Bügel und ging, ohne ihrer Freundin zu antworten, zur Tür. Mathilde rief ihr hinterher:
»Liebesgeschichten gehen immer gut aus! … Außer bei mir!«
»Spar dir deine Bemerkungen, du hast keine Ahnung, wovon du redest«, gab Zofia zurück.
»Wenn du meinen Ex gekannt hättest, dann hättest du eine Ahnung davon, was die Hölle ist! Also, schönen Abend.«
Reine hatte die Seerose auf einen kleinen runden Tisch gestellt. Sie begutachtete sie und murmelte: »Warum nicht?«, warf einen Blick in den Spiegel über dem Kaminsims, ordnete ihr silbergraues Haar und trat leise auf den Flur. Sie steckte den Kopf nach draußen, wo Lukas auf dem Bürgersteig auf und ab ging, und rief: »Sie kommt!« Sie hörte Zofias Schritte und zog sich eilig wieder in ihre Wohnung zurück.
Zofia ging auf die graue Limousine zu, an der Lukas lehnte.
»Warum sind Sie hier? Was wollen Sie?
»Eine zweite Chance.«
»Man hat nie eine zweite Chance, einen ersten guten Eindruck zu machen!«
»Ich würde Ihnen heute Abend gerne das Gegenteil beweisen.«
»Warum?«
»Darum.«
»Das ist etwas knapp als Antwort.«
»Weil ich heute Nachmittag noch einmal in Sausalito war.«
Zofia sah ihn an, und zum ersten Mal ahnte sie etwas von seiner Sensibilität.
»Ich wollte nicht, dass es dunkel wird«, fuhr er fort. »Nein, die Sache ist komplizierter. ›Nicht wollen‹ war immer ein Teil meiner selbst. Was vorhin eigenartig war, war, das Gegenteil zu erfahren: Ausnahmsweise wollte ich etwas!«
»Was wollten Sie?«
»Sie sehen, Sie hören, mit Ihnen sprechen.«
»Sonst noch was? Zum Beispiel etwas, das für mich ein Grund wäre, Ihnen zu glauben?«
»Ich möchte Sie ausführen. Lehnen Sie diese Einladung nicht ab.«
»Ich habe keinen Hunger mehr«, sagte sie und senkte den Blick.
»Sie haben noch nie Hunger gehabt! Ich bin nicht der Einzige, der nicht alles gesagt hat …«
Lukas öffnete die Wagentür und lächelte.
»… ich weiß, wer Sie sind.«
Zofia musterte ihn und stieg ein.
Mathilde ließ den Vorhang los, der, im selben Augenblick wie ein anderer im Erdgeschoss, langsam vor die Scheibe glitt.
Der Wagen verschwand am Ende der menschenleeren
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