Sieg der Leidenschaft
ich habe beschlossen, keine Kinder in die Welt zu setzen.«
»Was?«
»Wie viel Abby dir bedeutet hat, weiß ich sehr gut. Deshalb hast du mich geheiratet - weil unsere Ehe keine Rolle für dich spielt, weil du sie immer noch liebst. Aber ich glaube, jeder Mann wünscht sich Kinder ...« Beklommen wich sie seinem Blick aus. »Und ich will nicht ...«
»Was willst du nicht?«
»Jetzt muss ich mich verabschieden, Taylor.«
»Nein.«
»Doch. So viele Kinder mussten sterben ...«
»Also darum geht es? Du bist nach Richmond gefahren, um Varina zu besuchen. Trotzdem hat sie ihren kleinen Sohn verloren.«
»Bitte, Taylor, ich möchte einfach nicht ...«
»Gewiss, in diesem Krieg haben schon viele Kinder den Tod gefunden. Solche Tragödien gehören nun einmal zum Leben, Tia. Doch es hält auch viele Freuden für uns bereit. Und die wirst du niemals genießen, wenn du dich hinter deiner Angst vor dem Leid verschanzt.«
»Taylor, ich muss zurückfahren ...«
Statt zu antworten, presste er sie wieder an sich. Auch diesmal konnte sie sich nur ein paar Sekunden lang gegen seine Glut wehren, gegen die Leidenschaft in ihrem eigenen Herzen. Selbstvergessen schlang sie die Finger in sein Haar, küsste ihn voller Sehnsucht, voller Hingabe - bis sie sich erneut aus seinen Armen befreite. »Lass mich gehen, Taylor. Ich werde Mittel und Wege finden, um die Scheidung ...«
»Verdammt, Tia ...«
»Sei still!«, schrie sie. Jetzt erregte sie die Aufmerksamkeit der Wachtposten, die sich zum Teich wandten. Mit aller Kraft schlug sie in Taylors Gesicht, wandte sich ab und stürmte den Hang hinauf.
Natürlich folgte er ihr. Sie rannte schnell und leichtfüßig davon. Trotzdem hätte er sie eingeholt, wenn sich nicht plötzlich zwei Rebellen auf ihn geworfen hätten. Ineinander verkeilt, fielen die drei Männer zu Boden. Taylor schüttelte sie mühelos ab. Doch dann spürte er eine Pistolenmündung an der Schläfe.
»Bitte, Colonel, um Himmels willen!« Der Wachtposten, der ihn mit der Waffe bedrohte, brach fast in Tränen aus. »Bitte, Sir, ich flehe Sie an - zwingen Sie mich nicht zu schießen!«
Taylor holte tief Atem. »Schon gut, das will ich Ihnen nicht zumuten, Sir.«
Sichtlich erleichtert sprangen die beiden Soldaten auf und einer reichte dem Gefangenen eine hilfreiche Hand. Taylor griff danach und ließ sich auf die Beine ziehen. Als er sah, wie Tia vor dem Farmhaus in einen Wagen stieg, wandte er sich rasch ab, schloss die Augen und verwünschte sie. Heißer Zorn erfüllte seine Seele.
22
Trotz ihrer Erschöpfung arbeitete Tia so hart wie nur möglich. Nur wenn sie sich keine Zeit nahm, über die Tragödie dieses Krieges nachzudenken, konnte sie den Anblick all der blutenden Wunden in Brents Lazarett ertragen.
Vom 3. bis zum 12. Juni tobte die Schlacht bei Cold Harbor, Virginia. Bis auf acht Meilen hatte Grant sein Heer an Richmond herangeführt. Aber Lees Truppen harrten unerschütterlich zwischen dem Unionsgeneral und seinem ersehnten Ziel aus.
Zu Tias Erleichterung wurde Taylor von der Front fern gehalten. Wenn ein Verletzter in blauer Uniform ins Lazarett gebracht wurde, musste sie wenigstens nur hoffen, es wäre nicht ihr Bruder. Wie sie wusste, hielt auch Brent angstvoll nach Ian Ausschau, seit die beiden Heere einander unerbittlich gegenüberstanden, und er sorgte sich auch um Jesse Halston, Sydneys Ehemann. Aber entweder hatten Ian und Jesse das Gemetzel bisher überlebt - oder ihre Leichen lagen auf einem Schlachtfeld - oder die Militärärzte der Union kümmerten sich ebenso schnell und effizient um ihre Verwundeten wie die Rebellen.
Unermüdlich arbeitete Tia - nicht nur, um das Grauen des Krieges zu verkraften, sondern auch, um ihre Gedanken von Taylor abzulenken. Sie wollte sich nicht an seine Liebkosungen und Küsse erinnern, an die Art, wie er sie bei ihrer Eröffnung angesehen hatte, sie würde die Scheidung anstreben. Danach hatte sie ihn geschlagen und dann waren die Rebellen über ihn hergefallen. Bevor sie in den Wagen gestiegen war, hatte sie sekundenlang den Blick seiner goldbraunen Augen erwidert... Nur wenn sie arbeitete, ließen sich jene Bilder aus ihrer Fantasie verbannen.
Und es gab genug zu tun. Nach der Schlacht bei Cold Harbor hofften die Konföderierten, Grant würde entscheiden, nun wäre genug Blut geflossen, und den Rückzug antreten. Doch er dachte gar nicht daran.
Lee nahm an, der Feind würde geradewegs auf Richmond zumarschieren. Stattdessen führte Grant seine Truppen nach
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