Sieg der Leidenschaft
Schreibtisch auf. »Er war er an der Front vor Petersburg. Dann beförderte er Depeschen zwischen Grant, Sheridan und Sherman.«
»Kommt er hierher zurück?«
»Ja.«
»Ist er in Gefahr?«
»Während eines Krieges ist jeder gefährdet, Tia. Gerade du als Krankenschwester müsstest das wissen. Jeden Tag siehst du Blut fließen.«
»Das stimmt«, gab sie zu.
»Trotzdem arbeitest du weiterhin für Dr. Flowers.«
»Bis ich heimkehren kann.«
»Ins Konföderationsgebiet? In Julians Lazarett?«
»Da gehöre ich hin.«
»Hast du dir noch nie überlegt, dass du eigentlich zu deinem Mann gehörst?«
»Aber er ist nicht hier, oder?«
»Bald wird er wieder bei dir sein. Tia, ich will stets nur dein Bestes, weil ich dich sehr liebe.«
»Und ich liebe dich, Ian«, erwiderte sie lächelnd, »obwohl du auf der falschen Seite stehst ... Jetzt musst du mich entschuldigen. Molly hat mir für heute Abend ein warmes Bad versprochen. Eine Wohltat nach dem langen Arbeitstag ...«
Fast eine Stunde lang saß sie in der Wanne. Trotz ihrer Erschöpfung fand sie danach keinen Schlaf. Gegen Mitternacht hörte sie, wie ihre Tür geöffnet wurde.
Im Mondlicht, das durch die dünnen Gardinen ins Zimmer schien, sah sie eine große Gestalt, die lautlos die Tür schloss. Taylor. Sofort pochte ihr Herz schneller
und sie senkte rasch die Lider. Er kleidete sich aus, dann trat er ans Fenster und blickte eine Zeit lang in die Nacht.
Schließlich kroch er wortlos zu Tia ins Bett. Sie zwang sich, die Augen geschlossen zu halten. Aber er merkte genau, wenn sie sich schlafend stellte. »Was hast du gesagt, Mrs. Douglas? Ja, vielen Dank, ich lebe noch und es geht mir gut. Zumindest steckt nirgends eine Kugel in meinem Körper. Das müsste dich doch interessieren - nachdem du mich nicht gerade hasst.«
»Taylor, ich ...«
»Schon gut.«
Verwirrt von den Tränen, die ihr seine sarkastischen Worte in die Augen trieben, wandte sie sich ab.
Doch er drehte sie sofort wieder zu sich herum. »Tut mir Leid, Tia.«
In dieser Nacht liebte er sie, als wäre seine Seele von einem Dämon besessen.
Wie üblich stand er am nächsten Morgen vor ihr auf. Doch sie traf ihn noch am Küchentisch an, wo er Kaffee trank. Über den Rand seiner Tasse hinweg starrte er sie an und sie glaubte, tiefe Abneigung in seinen Goldaugen zu lesen. Die Wimpern gesenkt, ging sie an ihm vorbei, nahm von Molly eine Tasse Kaffee entgegen und dankte ihr.
Obwohl ihr der Kaffee fast den Magen umdrehte, nippte sie mehrmals daran.
»Hast du im Lazarett schon ein paar heroische Rebellen gerettet?«, fragte Taylor.
»Nein.«
»Vielleicht wird's dir heute gelingen. Leb wohl, meine Liebe. Vielen Dank für das Frühstück, Molly!«, rief er der Dienerin zu, bevor er das Haus verließ.
»Taylor!« Zu ihrer eigenen Überraschung rannte Tia ihm nach. Er blieb auf dem Rasen stehen, drehte sich zu ihr um und hob fragend die Brauen. Vor der Gartenpforte wartete Friar. Guter alter Friar ... Also hatte er
seinen Wallach zurückbekommen. Zumindest das musste ihn freuen - wenn er schon in seiner Ehe so unglücklich war ...
An einem Verandapfosten lehnte Private Shelby und wartete auf Tia, um sie ins Lazarett zu begleiten. Sie wünschte ihm einen guten Morgen und zwang sich zu einem Lächeln. In diesem Moment konnte sie kein Publikum gebrauchen. »Bleibst du - lange weg, Taylor? Oder kommst du bald zurück?«
»Willst du denn, dass ich bald zurückkomme?«, fragte er höflich.
Als sie Shelbys neugierigen Blick spürte, stieg ihr das Blut ins Gesicht. »Natürlich.«
Taylor ging zu ihr und küsste ihre Wange. »Lügnerin!«, flüsterte er ihr ins Ohr. Ohne ihre Frage zu beantworten, ging er zu Friar, stieg auf und ritt davon.
Im Lazarett erfuhr sie, was ihn bedrückte. Soldaten, Ärzte, Patienten, Ehefrauen, Krankenschwestern - alle sprachen über die schrecklichen Ereignisse an der Front. Um die Konföderationslinien unbemerkt zu erreichen, hatten Unionsingenieure einen Tunnel gegraben. Schwarze Soldaten sollten hindurchgehen, wurden aber in letzter Minute zurückgepfiffen, weil die Generäle nicht den Eindruck erwecken wollten, sie würde ihre farbigen Soldaten opfern. Offenbar zündete der Sprengstoff nicht richtig. Die Ersatztruppe, nicht so gut für diese Aufgabe ausgebildet wie die Schwarzen, konnten dem Gegenangriff der Rebellen nicht standhalten. Und so war es zu einer Katastrophe gekommen. Einer der Verletzten erfuhr, dass Tia Colonel Douglas' Frau war, und erzählte ihr, was
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