Sieg der Leidenschaft
Taylor sie in Decken wickelte und fest an sich drückte.
Kalt, kalt, kalt ... So kalt.
Dann träumte sie. Sie stand am Ufer des Teichs von Cimarron. Im Sonnenlicht. Aber sie bebte vor Kälte. Jemand rief nach ihr - die Stimme drang vom Haus herab. Am anderen Ufer des Teichs entdeckte sie Taylor. So weit entfernt. Sie wollte zu ihm gehen. Doch sie fror so schrecklich und da war jemand im Haus, der nach ihr rief. Wenn sie hineinlief, könnte sie sich wärmen. Sie würde das Spiegelbild der Sonnenstrahlen auf dem Fluss sehen, den grünen Rasen, weiße Wölkchen am Himmel ... »Wäre ich bloß zu Hause ...«
»Pst, alles ist in Ordnung.« Plötzlich stand er neben ihr und umarmte sie. Darüber freute sie sich. Jetzt war sie dort, wo sie sein wollte. Sie versuchte sich an ihn zu klammern - und es gelang ihr nicht. Sie fiel hinab - in schwarze Finsternis.
Irgendwann flößte er ihr etwas ein - sie schmeckte bitteres Chinin. Verwundert öffnete sie die Augen. Was mochte geschehen sein? Sie trug ein Nachthemd und sie war nicht mehr allein mit Taylor. Neben dem Bett standen Ian und Dr. Flowers, der ihre Stirn berührte. »Hören Sie mich, Ma'am?«, fragte er in ernstem Ton.
»Ja«, würgte sie hervor. Ihre Kehle schmerzte und das Sprechen fiel ihr schwer.
»Trinken Sie noch etwas.«
Sie gehorchte, dann schloss sie wieder die Augen. Jetzt fror sie nicht mehr, aber sie fühlte sich todmüde.
»Sie haben sich im Lazarett angesteckt, Tia«, erklärte der Arzt. »Eine Fieberkrankheit. Aber ich glaube, das Schlimmste haben Sie überstanden. Jetzt brauchen Sie viel Ruhe und Schlaf. Verstehen Sie?«
Sie nickte. Wie aus weiter Ferne hörte sie die Männer sprechen. In Taylors Blick hatte sie einen seltsamen Ausdruck gesehen. »Taylor ...«, flüsterte sie und er griff nach ihrer Hand.
Dann wurde sie wieder von tiefer Schwärze eingehüllt.
Als sie das nächste Mal erwachte, saß nur Ian neben ihrem Bett, und sie lächelte schwach. »Hallo.«
»Hallo, kleine Schwester. Wie geht's dir?«
»Etwas besser.«
Er neigte sich vor, berührte ihre Stirn und war offenbar zufrieden. Dann stand er auf und brachte ihr ein Glas Wasser.
Erst jetzt merkte sie, wie durstig sie war. »Danke.«
»Ich werde Molly sagen, dass du wach bist. Am besten fangen wir mit einer Tasse Tee an, dann bekommst du eine Suppe und eine Scheibe Toast.«
»Klingt verlockend. Ich bin halb verhungert.« Als er zur Tür ging, rief sie ihm nach: »Ian? Wo ist Taylor? Ich will nichts von irgendwelchen geheimen Aktivitäten der Union Army wissen - nur, wo er steckt.«
»Jesse wurde nach Washington zurückbeordert -und Taylor nach Georgia.«
»Georgia! Wann kommt er zurück?«
»Das weiß ich nicht. Aber er hat deine Heimreise arrangiert.«
»Was?«, flüsterte sie.
»Er hat mir erklärt, du wärst lieber in Florida. Sobald es dir besser geht, wird dir General Magee eine Eskorte zum nächsten sicheren Hafen zur Verfügung stellen. Dort kannst du an Bord eines Schiffs gehen und nach St. Augustine fahren. Ich will versuchen, dir zu folgen. Im September erwartet Alaina ihr Baby. Da wäre ich gern bei ihr.«
»Kommt er nicht zurück? Und ich soll einfach abreisen?«
»Willst du das nicht?«
»Doch«, erwiderte sie und wich dem prüfenden Blick ihres Bruders aus.
»Taylor blieb hier, bis er wusste, dass du außer Gefahr warst. Er sagte, sogar im Fieber hättest du unentwegt verkündet, du würdest am liebsten heimfahren.« Zögernd fügte er hinzu: »Er musste Sherman Depeschen überbringen. Und als du auf dem Weg der Besserung warst, konnte er nicht länger warten.«
»Natürlich, das verstehe ich. Aber - ich möchte hier bleiben, bis er zurückkommt.«
»Das kann sehr lange dauern. Sherman versuchte Atlanta einzunehmen. Ich dachte, du würdest gern nach Florida fahren.«
»Ja, sicher ...« Bestürzt erkannte sie, wie schwer es ihr fiel, Taylor zu verlassen.
Nein, ich verlasse ihn nicht, dachte sie, er ist längst abgereist ...
»In der Schreibtischschublade liegt ein Brief für dich.«
»Gibt's du ihn mir?«
Ian erfüllte ihr den Wunsch und reichte ihr ein zusammengefaltetes Blatt Papier. Dann ließ er sie allein, damit sie Taylors Nachricht ungestört lesen konnte. Es waren nicht die Worte, die sie erhofft hatte.
Tia, du hast mir erklärt, du wärst lieber in Florida. Unter den jetzigen Umständen halte ich das ebenfalls für die beste
Lösung. Ein Unionsschiff wird dich nach St. Augustine bringen. Sicher bist du bei deiner Familie gut aufgehoben.
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