Sieg der Leidenschaft
sich so leidenschaftlich für seine >große Sache<, dass er nichts anderes sieht. Und deshalb ist er wohl kaum der Richtige für dich. Ganz egal, ob er dich immer noch liebt oder nicht.«
»Für dich gibt's wahrscheinlich gar keinen Richtigen, kleine Schwester.« Verwirrt wandten sich Tia und ihre Mutter zur Tür, wo die tiefe Stimme erklungen war. Auf der Schwelle stand ein Unionssoldat - hoch willkommen in seinem Südstaatenheim. Groß und dunkelhaarig, mit blauen Augen.
»Ian!«, schrien Tara und Tia wie aus einem Mund.
Freudestrahlend sprang Tia aus dem Bett und überließ es ihrer Mutter den ältesten Sohn als Erste zu umarmen.
Die Augen voller Tränen musterte Tara den jungen Offizier, während ihm seine Schwester um den Hals fiel, und hielt nach Verletzungen Ausschau. »O Ian, wie um alles auf der Welt ...«
»Ich fuhr auf einem Schiff hierher. Am Golf halten wir einen kleinen Teil von Florida besetzt. Ich hoffte, St. Augustine zu erreichen, Alaina und die Kinder ... Aber ...«
»Oh, mein Gott, Ian - natürlich wünsche ich mir, dass du die Festtage mit deiner Familie verbringst. Aber sag bloß nicht, du wärst nur hergekommen, um sofort wieder abzureisen!«
Lächelnd schüttelte er den Kopf und seine blauen Augen strahlten. »Wenn Alaina meine letzte Depesche erhalten hat, müsste sie heute Abend noch vor dem Dinner auf Cimarron eintreffen.«
»Welch ein Weihnachtsgeschenk!«, jubelte Tara. »Zwei meiner Kinder daheim! Und meine Enkel auf dem Weg hierher!«
»Und Julian?« Besorgt wandte sich Ian zu seiner Schwester. »Seit Gettysburg habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
»Es geht ihm gut«, versicherte Tia. »Vor etwa einer Woche habe ich mich von ihm verabschiedet. Rhiannons Niederkunft steht unmittelbar bevor ...« Zögernd unterbrach sie sich. Da ihr Bruder Ian zu den Feinden zählte, durfte sie nicht zu viel verraten. »Er musste -den Standort des Lazaretts wechseln und so kurz vor der Geburt wollte er nicht mehr mit ihr verreisen ...«
»Also wird er zu Weihnachten nicht heimkommen«, murmelte Ian.
»Mein neues Enkelkind wird bald geboren und ich kenne noch nicht einmal Julians Frau«, klagte Tara.
»Keine Bange, sie ist wundervoll«, erklärte Tia. »Für eine Yankee.« Diesen Kommentar konnte sie sich nicht verkneifen.
»Eine Florida-Yankee«, betonte ihr Bruder.
»O Ian!« Sie schnitt eine Grimasse, dann umarmte sie ihn noch einmal und er drückte sie fest an sich. Die drei
Geschwister hatten sich immer nahe gestanden - ganz besonders während des Krieges, der ihnen vor Augen führte, wie kostbar die gemeinsame Zeit trotz aller Differenzen war.
»Sicher wirst du Rhiannon lieb gewinnen, Mutter«, meinte Ian, als er Tia losließ. »Sie ist sehr klug und vertritt einen vernünftigen Standpunkt, den meine kleine Schwester noch nicht begreift. Aber du und Vater werdet Rhiannons Ansichten zu schätzen wissen ...«
»Sogar deine Frau teilt unseren Glauben an einen losen Staatenbund«, fiel Tia ihm ins Wort, »in dem Entscheidungen auf regionaler Ebene getroffen werden und die Bedürfnisse der Menschen wirksamer berücksichtigt ...«
»Kinder!«, mahnte Tara. »Zu Weihnachten wünsche ich keine politischen Diskussionen.«
»Heute ist erst Heiliger Abend«, wandte Tia ein. »Und beim Dinner werden wir unweigerlich über den Krieg reden. Wir erwarten Gäste, Ian - einen Yankee und einen Rebellen, die über einen Gefangenenaustausch verhandeln wollen.«
Ian nickte. »Das war einer der Gründe, warum ich nach Süden geschickt wurde.«
»Und der andere?«
Eine Zeit lang starrte er sie nachdenklich an, dann antwortete er: »Das Unionsheer hält General Lee in Trab, obwohl er angeblich hoffte, Weihnachten daheim zu feiern. Auch ich habe seit dem Gettysburg-Feldzug nur wenige Nächte in einem Bett verbracht. Aber da andere Offiziere in den Kriegsgebieten stationiert sind, bekam ich endlich Urlaub. Dafür bin ich dankbar, vor allem, weil ich meine Familie wiedersehe.«
So sehr sie ihren eigenen Argwohn auch verabscheute - sie wusste, dass noch ein anderer Grund hinter Ians Ankunft auf Cimarron steckte. War er hierher beordert worden, weil die Union erneut beschlossen hatte, Florida in die Knie zwingen? »Ian ...«
»Ich bin hier, weil ich zu Weihnachten daheim sein möchte«, unterbrach er sie energisch und wandte sich zu seiner Mutter. »Wer wird die Verhandlungen führen? Jemand, den ich kenne?
»Raymond Weir und Taylor Douglas.«
»Natürlich wird Weir mich herausfordern. Aber ich werde
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