Sieg der Leidenschaft
berühmter Kavallerieoffizier!«
»O ja«, stimmte sie zu.
Als sie spürte, dass jemand in der Tür stand, dachte sie, Alaina wäre bereits zurückgekehrt. Doch dann fürchtete sie, es könnte Taylor Douglas sein. Zögernd drehte sie sich um. Aber es war Raymond Weir - hoch gewachsen und attraktiv, mit blonden Locken, die bis zum Kragen seiner grauen Uniform reichten. »Ray!«, begrüßte sie ihn erleichtert.
»Tia!« Höflich nahm er seinen Hut ab und verneigte sich, jeder Zoll ein Gentleman.
»Sir!«, piepste Sean und salutierte zackig.
Ernsthaft musterte Raymond den kleinen Jungen, bevor er ebenfalls seine Schläfe berührte. »Ians Sohn?«
Lächelnd nickte Tia und flüsterte: »Aber viel zu jung, um als Feind zu gelten.«
Rays Lächeln wirkte etwas gezwungen. Offenbar fehlte ihm jeglicher Humor, wenn es um den Krieg ging. Den Hut in der Hand starrte er Tia an. »In diesem Haus erwarte ich auch, keine Feinde anzutreffen. Freut mich, dass wir uns endlich Wiedersehen, Tia. Du warst in meiner Nähe - und doch viel zu lange weit entfernt. Beinahe wünschte ich mir, ich wäre verwundet worden. Dann hätte man mich in Julians Lazarett gebracht, zu dir.«
»Um Himmels willen, mal den Teufel nicht an die Wand, Ray! Wenn du mir einen Gefallen tun willst, solltest du diesen verdammten Krieg überleben.«
»Für dich würde ich alles tun.«
Sie hörte den leidenschaftlichen Unterton in seiner Stimme und senkte den Blick. Wäre der Krieg später ausgebrochen - hätte sie ihn geheiratet? Oder musste sie ihrer Mutter Recht geben? War sie eine kokette junge Frau, die sich nicht entscheiden konnte? Oder scheute sie sich, ihr Schicksal in die Hände eines Mannes zu legen? Gewiss, Raymond war charmant und liebenswert.
Und was würde er von ihr halten, wenn er über ihre neuesten Eskapaden informiert wäre?
»Ich bin so froh, dass du wieder hier bist, Ray. Fast wie in alten Zeiten, vor ...«
»Vor dem Krieg«, ergänzte er und sie nickte. »Ich bewundere die Bemühungen deines Vaters. Und ich hoffe, er wird die einzig wahre Zukunft seines Staates bald erkennen.«
Niemals würde der Vater seinen Standpunkt ändern
- das wusste Tia. »Vielleicht können wir am Heiligen Abend unsere politischen Ansichten vergessen.«
Darauf gab Ray keine Antwort. In diesem Augenblick kam Alaina herein, um ihren Sohn zu holen. »Das Baby schläft schon. Jetzt musst du auch ins Bett gehen, Sean ... Oh, Ray! Welch eine Freude, dich wohlbehalten wiederzusehen. Wie gut du aussiehst!«
»Das Vergnügen ist ganz auf meiner Seite, Alaina.«
»Wolltest du dich in deinem Gästezimmer ausruhen, doch stattdessen ins Kinderzimmer gestolpert?«
»Nein, ich hörte, Tia sei mit deinen Kindern hier oben. Und da wollte ich sie begrüßen.«
»Natürlich, ihr habt euch lange nicht gesehen.« Alaina nahm Sean an der Hand und führte ihn zur Tür. »Tia, deine Mutter wartete schon ungeduldig auf dich.«
»Ja, ich gehe sofort zu ihr«, versprach Tia.
Sie wollte ihrer Schwägerin aus dem Zimmer folgen, aber Raymonds Stimme hielt sie zurück.
»Im Lauf der Jahre bist du immer schöner geworden
- obwohl ich dachte, das wäre unmöglich. Jetzt wirkst du viel reifer. Schon seit Jahren hältst du mein Herz gefangen und verfolgst mich in meinen Träumen.«
»Was für ein nettes Kompliment, Ray ...« Er ergriff ihre Hände und küsste die Fingerspitzen. Geschmeichelt schaute sie in seine Augen. Welch ein imposanter Mann - ein typischer aufrechter Südstaatenoffizier ... Vielleicht wäre er doch der Richtige, dachte sie. Gerade an diesem Abend war es erfreulich, einen Freund im Haus zu wissen.
»Raymond, meine Mutter wartet...«
»Natürlich.« Sofort ließ er ihre Hände los und trat zurück, der perfekte Gentleman. Selbstverständlich würde er sich eine perfekte Südstaatenbraut wünschen
- ehrbar, züchtig und diskret. Zu ihrer Bestürzung spürte sie, wie ihr das Blut brennend in die Wangen stieg.
»Entschuldige mich ...« Sie floh aus dem Kinderzimmer, den Flur entlang, die Treppe hinab.
Auf leisen Sohlen eilte sie zur offenen Bibliothekstür und sah ihren Vater am Schreibtisch sitzen - die Schultern gestrafft, attraktiv und eindrucksvoll wie eh und je. Ihr Bruder, sein Ebenbild, stand vor einem Regal und zeigte dem Gast einige Bücher seines Vaters.
Als Tia eintrat, wandten sich die beiden jungen Männer zu ihr. Im Lampenlicht sah sie Taylor Douglas' rabenschwarzes Haar schimmern, die klaren goldbraunen Augen, die ausgeprägten
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