Sieg der Liebe
sie waren frei zu gehen, wohin sie wollten. Warum wollte er dann noch Cider oder Rum mit einem Schafzüchter trinken?
„Nur ganz kurz, Mr. Faulk“, fuhr Michel fort. „Denn wir müssen uns so bald wie möglich wieder auf den Weg machen.“
Jerusa sah, wie Faulk Michel anstrahlte, und sie kochte vor Zorn. Sie hatte noch nie zuvor einen Mann getroffen, der so viel Talent für Schmeicheleien und Lügengeschichten hatte. Und wie charmant er war. Kein Wunder, daß sie ihm im Garten ihrer Mutter vertraut hatte.
Als hätte er ihre Gedanken gelesen, drehte er sich um und lächelte. Sein Blick war so offen, als hätte er ein reines Gewissen. Großmütig reichte er ihr die Hand. „Komm, Liebste, wir werden Mr. Faulks Gastfreundschaft annehmen, ehe wir unseren Weg fortsetzen.“
Liebste ! Jerusa überlegte kurz, ob sie ihn anspeien oder wenigstens übel beschimpfen sollte.
„Nun, wir wollen Mrs. Faulk doch nicht deinetwegen warten lassen, nicht wahr?“ Michel lächelte zwar, doch in seinen Augen las sie eine Warnung, die nur für Jerusa allein bestimmt war. Im stillen bedachte sie ihn mit all jenen schlimmen Bezeichnungen, die sie kannte.
Aber es war der Gedanke an Mrs. Faulk und nicht Michels drohender Blick, der Jerusa veranlaßte, Michels Hand zu ergreifen. Bestimmt würde die andere Frau ihre Lage verstehen. Bald, sehr bald würde sie, Jerusa, auf dem Weg nach Hause sein.
Während Michel und Isaac die Pferde auf den Hof führten, folgte Jerusa Mr. Faulk neugierig durch die offene Eingangstür seines Hauses. Auf der Türschwelle verharrte sie einen Moment, damit ihre Augen sich an das trübe Licht gewöhnen konnten, denn obwohl es draußen noch Nachmittag war, drang durch die winzigen Fenster kaum Sonnenlicht von draußen herein. Das ganze Erdgeschoß schien nur aus diesem einen Zimmer zu bestehen: Küche, Wohn- und Schlafraum in einem, wobei die vorhanglose Bettstatt in der hinteren Ecke stand.
„Beeil dich, Bess, wir haben Gäste“, befahl Faulk scharf. „Dies ist Mistress Geary, und sie und ihr Mann sind unterwegs nach - was sagten Sie, woh Sie hinwollten, Mistress?“
„Nach Süden“, antwortete Jerusa mit schwacher Stimme. „Nach Süden“, wiederholte Faulk so genüßlich, als hätte Jerusa London gesagt. „Jetzt biete der Lady etwas von deinem Cider an, und mach schnell.“
„Hör auf, mir Befehle zu erteilen, Abraham, vor allem nicht vor einer Fremden. “ Die Frau hatte sich über einen Topf auf der Feuerstelle gebeugt, kam jetzt nach vom und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Sie war klein und rundlich, und zwischen ihren Zähnen klemmte eine weiße Tonpfeife. „Ich wünsche Ihnen einen guten Tag, Mistress Geary. Es ist mir eine Freude, Sie in unserem Haus begrüßen zu dürfen.“
„Ich danke Ihnen, Mrs. Faulk“, sagte Jerusa schnell. „Aber ehe Mr. Geary kommt, möchte ich Ihnen gern etwas sagen - allein ...“
„Ach, ist Ihr Mann auch so von seiner eigenen Wichtigkeit überzeugt wie meiner?“ Mrs. Faulk lachte herzlich, und die Funken in ihrer Pfeife stoben. „Hat er Ihnen auch befohlen, nur dann zu sprechen, wenn es ihm gefällt?“
Faulk schnaubte. „Wie es sich gehört, Bess.“
„Und wie es niemals sein wird“, entgegnete Bess nachdrücklich. „Jedenfalls nicht in diesem Haus, Abraham!“
„Bitte, Mrs. Faulk, auf ein Wort
„Bitte, Mistress, setzen Sie sich erst einmal, und ich hole Ihnen einen Becher Cider. Man sagt, es ist der beste hier in der Gegend.“
Geschwind hockte Jerusa sich auf eine Ecke der Bank vor dem Tisch. „Bitte, Mrs. Faulk, es gibt etwas, das ich Ihnen anvertrauen möchte, ohne daß Mr. Geary es hört. Wissen Sie, ich bin nicht ... “
„Nicht was, meine Liebe?“ fragte Michel von der Tür her. „Du weißt, wir haben keine Geheimnisse voreinander. Was willst du diesen guten Leuten also erzählen?“
Jerusa blickte Michel nur zornig an. Sie wollte den Faulks immer noch sagen, wer sie war, aber jetzt mußte sie es eben in seiner Anwesenheit tun.
Michel wirkte nicht im geringsten verärgert und fuhr fort, als wäre alles in Ordnung: „Es ist mir eine Ehre, Mrs. Faulk, daß Sie mich in Ihrem Haus willkommen heißen.“ Galant beugte er sich über ihre Hand, während sie mit der anderen Jerusas Cider hielt. „Welch glücklicher Umstand, daß wir Ihrem Mann begegnet sind!“
Mrs. Faulk kicherte einfältig, und Jerusa schaute mißbilligend drein.
„Oh, Abraham durchstreift unser Land wie ein Wolf“, sagte Mrs. Faulk, nachdem Michel
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