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Sieg der Liebe

Titel: Sieg der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mirinda Jarrett
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cherie“, wiederholte Michel, während er Jerusa behutsam vor dem Versammlungshaus absetzte. Er hatte sie von der Gasse hinter der Schenke weggetragen, so schnell er nur konnte. Wachsam hatte Michel nach allen Seiten gespäht. Nein, es hatte sie niemand gesehen. Zu dieser nächtli-chen Stunde war der Marktplatz leer, abgesehen von ein paar streunenden Katzen, dennoch hielt er sich vorsichtshalber immer noch im Schatten auf.
    Besorgt lächelte er sie an. Sie sah mitgenommen aus. Ihr Blick war starr, ihr Gesicht bleich im Schein des Mondes, und ihre Hände und Unterarme waren an den Stellen, wo sie gegen die Mauer gedrängt worden war, abgeschürft. Zwar keuchte sie nicht mehr, doch ihr Atem ging noch immer zu schnell, und Michel befürchtete, sie könne doch noch in Ohnmacht fallen. Rasch tauchte er sein Taschentuch in das kalte Wasser und wischte ihr damit über Stirn und Wangen.
    Sie schloß die Augen und erschauerte, doch das kalte Wasser schien sie zu beruhigen. Noch einmal berührte er mit dem Tuch zärtlich ihre Wangen.
    Dann wusch er ihre Hand, rieb das Blut des toten Seemanns ab, bis ihre Finger wieder weiß und makellos waren. Sie sollte doch nur verstehen, was er jeden Tag seines Lebens durchlitt. Doch was hatte ihn dazu getrieben, ihr dies auf so schockierende Weise zu zeigen? Nicht zum erstenmal stellte er sich verzweifelt die Frage, ob auch er mit dem Wahnsinn seiner Mutter geschlagen war.
    Jerusa seufzte. Ihr Körper erbebte, und langsam öffnete sie die Augen. „Es tut mir leid“, sagte sie leise. „Ich hätte das Gasthaus niemals verlassen dürfen.“
    „Keine Entschuldigungen, Jerusa“, bat er.
    „Ich bin kein Kind mehr. Deshalb hätte ich es besser wissen müssen.“
    „Du hast es mir nicht gerade leichtgemacht, das stimmt allerdings.“
    Ungünstige Winde hatten ihn und Jerusa früher in Seabrook eintreffen lassen als Gilles Rochets Schaluppe. Michel war bereit gewesen, ein oder zwei Tage hier auf ihn zu warten - soweit vertraute er Gilles -, aber nun mußten sie Seabrook sofort verlassen, am besten noch in dieser Nacht. Mit etwas Glück würde man die Leiche des Seemanns nicht vor Tagesanbruch finden, und bis dahin wollte Michel mit Jerusa längst auf und davon sein.
    Er nahm den Saum von Jerusas Kleid und zog ihn durchs Wasser, um die Blutspuren abzuwaschen.
    „Du mußt das jetzt nicht tun, Michel“, sagte sie. „Ich gehe am besten zurück ins Gasthaus, und Mrs. Cartwright kann sich um diese ... diese Flecken hier kümmern. “
    „Nicht, wenn ich es verhindern kann. Im Augenblick bist du in größerer Gefahr, Bekanntschaft mit dem Strick zu machen.“ Unsicher sah Jerusa Michel an und dachte an das, was er ihr in der Gasse gesagt hatte. „Sei kein Narr, Michel. Was habe ich denn getan?“
    „Nichts, ma petite, aber der Konstabler wird seinen Augen und Ohren eher vertrauen als deinem Wort“, erklärte Michel. „Ich hatte keine Wahl, Jerusa, ich mußte den Mann töten. Ich konnte dich keinem Risiko aussetzen, nicht mit seinem Messer an deiner Kehle. Es mußte schnell gehen.“
    Sie schloß noch einmal einen Moment lang die Augen, als die Erinnerung an das schreckliche Ereignis sie zu überwältigen drohte. Michel beschuldigte ihren Vater, ein Mörder zu sein, aber hatte er etwas anderes getan? Sie wollte nicht darüber nachdenken, wie geschickt Michel sein Messer in den Körper des anderen Mannes gestoßen haben mußte. Doch wenn er es nicht getan hätte, wäre sie statt dessen gestorben. Lieber Himmel, warum war nur alles so schwierig?
    „Ich hatte keine Wahl“, wiederholte Michel. Er wollte, daß sie ihn verstand. Er hatte einen Mann getötet, um sie zu retten. Und er würde es wieder tun, wenn es sein müßte. In seiner Welt konnte ein kurzes Zögern zwischen Leben und Tod entscheiden, und in dieser Nacht wäre er beinahe zu spät gekommen. „Du mußt mir glauben, Jerusa.“
    Sie war besorgt und verwirrt, doch sie nickte. „Mr. Lovell ist also tot?“ fragte sie überflüssigerweise.
    Michel seufzte. „Ja. Wußte er auch deinen Namen?“
    „Ich mußte ihn nennen“, sagte sie leise und senkte den Blick. „Ich wollte, daß sein Kapitän mich nach Newport bringt.“ „Wenigstens kann Lovell es niemandem mehr erzählen.“ Michel hockte sich nieder und stieß einen leisen Pfiff aus. „Wir müssen nur noch damit fertig werden, daß die halbe Stadt dein Gesicht kennt.“
    „Und weil ich die letzte bin, die mit Lovell zusammen gesehen wurde und Blutspuren auf meinem Kleid

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