Sieg des Herzens
dazu beigetragen hatten, eine ganze Kompanie vor dem Dahinsiechen zu bewahren, weil es ihm gelungen war, einen Fall von Fieber rechtzeitig unter Quarantäne zu stellen, bevor sich die Krankheit wie ein Lauffeuer ausbreitete. Dann hatte er das Gefühl, daß er helfen konnte, und das lohnte die Mühen und die eigene Angst.
Im allgemeinen war er froh, in der Armee von Nordvirginia dienen zu dürfen, um so wenigstens einigen Männern das Leben zu retten. Natürlich vermißte er sein Zuhause, seine Familie und, wenn der Winter in den nördlichen Breiten hereinbrach, die Wärme seines Heimatstaates.
Erst jetzt erinnerte er sich wieder daran, daß Wager immer noch da war. Es war ein langer Tag gewesen, und da konnte es schon mal Vorkommen, daß man mit den Gedanken abschweifte.
»Sie haben etwas von mir gelesen?« fragte er Wager und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, wobei er das Gefühl hatte, auf der Hut sein zu müssen: »Was für einen Aufsatz denn?«
»Nun ja, es war eigentlich kein Aufsatz. Es war eher ein Brief - ein exzellenter Brief übrigens -, den Sie an General Lee geschickt haben.«
»Ah«, sagte Brent, hin- und hergerissen, ob er nun froh darüber sein sollte, daß sein Brief überhaupt gelesen worden war, oder ungehalten, daß ihn jemand gelesen hatte, an den er gar nicht adressiert gewesen war.
»Ja, ich habe eine ganze Abhandlung von Ihnen darüber gelesen, wie man diese Krankheit vermeiden kann ... und auch eine Passage von Ihrem Verwandten, dem anderen Dr. McKenzie, der bei der Miliz in Florida ist.«
»Meinen Sie Julians Theorie über die Eindämmung von Infektionen, indem man während der Operation bei jedem Verletzten einen neuen Schwamm zum Blutaufsaugen verwendet?« fragte Brent.
»Ja, genau. Soviel ich weiß, ist er darauf gekommen, weil er - sofern möglich - sämtliche Einzelheiten einer Operation festhält. Sie führen beide ausgezeichnet Buch.«
»Wie ich Ihnen schon sagte, ich mache das so gut ich kann, da der Oberstabsarzt es von mir erwartet.«
Samuel Wager lehnte sich plötzlich in seinem Stuhl nach vom und sagte: »Sie sind ein sehr beeindruckender junger Mann, Captain McKenzie, so wie Ihr Vetter auch - jeder auf seine Weise und mit ganz speziellen Fähigkeiten.«
Fragend zog Brent eine Augenbraue hoch. Was meinte Wager wohl mit speziellen Fähigkeiten?
Wager musterte ihn und sagte dann: »Irgendeiner ihrer Vorfahren war doch Indianer, oder nicht, McKenzie?«
Ja, er hatte indianisches Blut in den Adern, und Wager wußte das. Brent hatte zwar die grünen Augen seiner Mutter geerbt, aber daß sein Vater ein halber Indianer war, sah man an Brents blauschwarzen, extrem glatten Haaren. Auch seine hohen breiten Wangenknochen und sein goldener Teint ließen darauf schließen.
»Meines Vaters Familie mütterlicherseits, Sir«, sagte er schließlich zu Wager.
»Seminolen, nicht wahr?«
Brent nickte und fragte sich, worauf Wager wohl hinauswollte.
Der lehnte sich nun wieder in seinem Stuhl zurück, hob eine Hand und sagte: »Das erklärt einiges.«
Nun legte Brent endgültig seinen Federhalter zur Seite, da es brenzlig zu werden schien. Er kannte Wager schon ziemlich lange. Er hatte sich noch nie über Brents indianische Ursprünge ausgelassen oder ihn deswegen anders behandelt oder darauf angespielt, daß seine Herkunft irgend etwas erklären könnte.
Deshalb fragte Brent ihn nun erstaunt: »Erklärt was, Sir?«
»Daß Sie ein Experte in Sachen Infektionskrankheiten sind.«
»Bitte?« entfuhr es Brent, wobei er die Augenbrauen zusammenzog.
»Mit diesen Sachen, die Männer und Frauen sich zuziehen ... und dann weiterverbreiten.«
»Sie meinen, ich weiß das, weil ich indianisches Blut in mir habe?« Brent war verärgert.
Wager lächelte beschwichtigend. »Jetzt seien Sie mal nicht gleich beleidigt. Ich meine doch nur, daß Sie sich deshalb bewußter darüber sind, wie sich in unserer Gesellschaft Krankheiten ausbreiten. Das heißt doch nur, daß Sie wahrscheinlich einige Zeit lang mit Leuten zusammen waren, die wußten, wie man die Natur dazu verwendet, Menschen zu heilen. Mehr als wir - nun ja, äh - Weißen das normalerweise wissen. Ich meine, Sie waren mit sehr intelligenten Leuten zusammen. Nehmen Sie doch nur einmal die Tatsache, daß so viele Indianer, natürlich auch die Seminolen, immer halbnackt gekämpft haben, weil sie wußten, daß Kleidungsfetzen - und seien es auch nur Fusseln -, die in die Wunde geraten, die Verletzung nur noch schlimmer machen und das Risiko
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