Sieg einer großen Liebe
mich verraten, und ich hätte niemanden? Ich kam mir in deinem Haus wie eine Bettlerin vor! Weißt du, was ich empfand, als ich einen Mann heiratete, von dem ich glaubte, daß er mich nicht will, nur weil ich keine andere Wahl hatte ...“ Ihre Stimme versagte und ihre Augen standen voll Tränen. Deshalb sah sie auch nicht die schmerzliche Angst in seinen Augen.
„Victoria“, begann Charles rauh, „mach Jason nicht dafür verantwortlich. Er wusste weder, daß ich den Herzanfall vortäuschte, noch von dem Brief.“
„Du lügst!" schrie Victoria mit zitternder Stimme.
„Nein, ich schwöre es! “
Victoria hob den Kopf, und ihre Augen funkelten vor Wut, als er jetzt auch noch ihre Intelligenz anzweifelte. „Wenn du denkst, daß ich auch nur noch ein Wort von dem glaube, was einer von euch beiden sagt." Sie brach ab, als sie die schreckliche Blässe und den gehetzten Ausdruck auf Charles’ Gesicht sah und stürzte aus dem Salon. Blind vor Tränen stolperte sie die Stufen hinauf und lief den Gang entlang in ihre Suite. Dort lehnte sie sich erschöpft gegen die geschlossene Tür und kämpfte mit zusammengebissenen Zähnen gegen ihre Verzweiflung an.
Andrews schmerzverzerrtes Gesicht erschien wieder vor ihren fest verschlossenen Augen, und sie stöhnte vor Reue. ,Ich habe dich seit dem Tag geliebt, als ich dich auf dem indianischen Pony über unsere Felder jagen sah ... Tory, bitte! Komm heim mit mir ...‘
Sie war nur eine Schachfigur in einer von zwei selbstsüchtigen, hartherzigen Männern gespielten Partie. Jason hatte die ganze Zeit gewusst, daß Andrew kommen würde!
Ebenso wie er gewusst hatte, daß Charles in der Nacht seines .Anfalls' Karten spielte.
Victoria stieß sich von der Tür ab, riss sich das Kleid vom Leib und zog ein Reitkostüm an. Wenn sie noch einen Moment länger in diesem Hause blieb, würde sie den Verstand verlieren. Sie durfte Charles nicht anschreien und riskieren, seinen Tod auf dem Gewissen zu haben. Und Jason ... Er sollte heute Abend noch zurückkommen. Bestimmt würde sie ihm ein Messer zwischen die Rippen jagen, wenn sie ihm jetzt begegnete. Sie ergriff ihr großes weißes Cape und rannte die Treppe hinunter.
„Victoria, warte!" rief Charles ihr nach, als sie durch die Halle stürzte.
Sie zitterte am ganzen Körper. „Bleib weg von mir“, schrie sie und wich ihm aus. „Ich will nach Schloss Claremont. Du hast genug Unheil angerichtet! “
„O'Malley!“ rief Charles verzweifelt, während Victoria an ihm vorbeistürmte.
„Ja, Eure Hoheit?“
„Ich bezweifle nicht, daß du gehört hast, was im Salon vor sich gegangen ist.“
O'Malley leugnete gar nicht erst, sondern nickte grimmig.
„Kannst du reiten?“
„Ja, aber ...“
„Reite ihr nach“, befahl Charles. „Folge ihr nach Schloss Claremont und stelle sicher, daß sie dort heil ankommt.“
„Und wenn sie nun nach London will, um mit dem amerikanischen Gentleman fortzugehen?“ wagte O'Malley mutig einzuwenden.
Charles fuhr sich mit der Hand durchs Haar, dann schüttelte er heftig den Kopf. „Das wird sie nicht. Wenn sie mit ihm gehen wollte, hätte sie es getan, als er sie darum bat.“
Victoria galoppierte bereits an O'Malley vorbei, als dieser den Stall erreicht hatte. Wolf rannte neben ihr her. „Sattle das schnellste Pferd, das wir haben, rasch!" befahl O'Malley einem Knecht, wobei er den Blick nicht von Victorias leuchtend weißem Umhang ließ, als sie über die gewundene Auffahrt von Wakefield Park in Richtung auf die Uferstraße davonritt.
Drei Meilen lang stürmte Matador dahin, bevor Victoria ihn um Wolfs willen zügelte. Der tapfere Hund rannte mit gesenktem Kopf neben ihr her, bereit ihr zu folgen, bis er vor Erschöpfung tot zusammenbrechen würde.
Victoria wartete, bis Wolf wieder bei Atem war und wollte eben ihre Flucht fortsetzen, als sie das Klappern von Hufen und das Rufen eines Mannes hinter sich hörte.
Nicht sicher, ob sie nicht von Straßenräubern verfolgt wurde oder gar von Jason, der sie zurückholen wollte, lenkte Victoria Matador in den Wald neben der Straße und ließ ihn im Zickzackkurs unter den Bäumen dahinjagen, um so ihren Verfolger abzuschütteln. Doch der preschte hinter ihr durchs Gebüsch, trotz ihrer Anstrengungen, ihn loszuwerden.
Angst und Wut stieg in ihr auf, als sie unter den schützenden Bäumen hervor kam und wieder auf der Straße ritt. Wenn das Jason war, wollte sie lieber sterben, als sich von ihm wie ein Kaninchen zur Strecke bringen lassen. Er
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