Sieg einer großen Liebe
locker saß.
Früher war Lord Fielding ein anspruchsvoller, aber einsichtiger Arbeitgeber gewesen. Jetzt schien ihn nichts mehr zufriedenzustellen, und jeder Diener, der seinen Weg kreuzte, musste seine Launen über sich ergehen lassen. Leider wurden die Angestellten, je unverträglicher er wurde, und je schneller und hektischer sie arbeiteten, desto nervöser und ungeschickter. Eine unbezahlbare chinesische Vase wurde zerbrochen, der Inhalt eines Putzeimers über den Aubusson-Teppich im Speisesaal geschüttelt ...im ganzen Haus herrschte Chaos.
Victoria spürte die Spannung unter den Bediensteten, doch wenn sie bei Jason vorsichtig die Sprache darauf brachte, warf er ihr vor, einen „Aufstand entfachen zu wollen.“ Anschließend erging er sich ausführlich über den Lärm, den ihre Besucher machten, während er zu arbeiten versuchte und den ekelhaften, Übelkeit erregenden Geruch der Blumen, die sie ihr ständig brachten.
Mehrmals wollte Charles die zweite Liste der Freier besprechen, doch Jason beschied ihn grob, er möge sein Arbeitszimmer verlassen und draußen bleiben.
Als Jason schließlich sogar Northrup tadelte, verfiel der gesamte Haushalt in Furcht und Schrecken. Doch das endete plötzlich eines nachmittags, vier Wochen nach Victorias Debüt...
Jason arbeitete in seinem Büro und klingelte nach Northrup, der eben ein frisch eingetroffenes Bukett für Victoria in eine Vase stellen wollte.
Um seinen übellaunigen Herrn nicht warten zu lassen, stürzte er mit dem Strauß in der Hand ins Arbeitszimmer. „Sie wünschen, Mylord?“ fragte er ängstlich.
„Wie nett“, spottete Jason. „Noch mehr Blumen. Für mich?“ Doch er fuhr fort, bevor Northrup etwas erwidern konnte. „Das ganze Haus stinkt danach! Sieh zu, daß du den Strauß los wirst, dann sage Lady Victoria, daß ich sie sprechen möchte und bringe mir diese dumme Einladung zu dem Fest bei den Frigleys. Ich habe vergessen, um welche Zeit es beginnt. Mein Kammerdiener soll rechtzeitig formelle Kleidung bereithalten. Nun?“ meinte er barsch. „Worauf wartest du noch? Beweg dich! “
„Ja, Mylord. Sofort.“ Northrup eilte in die Vorhalle und prallte mit O'Malley zusammen, den Jason vorhin gemaßregelt hatte, weil seine Stiefel nicht genug glänzten.
„Ich habe ihn noch nie so erlebt“, sagte O'Malley keuchend zu Northrup, der noch schnell das Bukett in eine Vase steckte. „Seine Lordschaft verlangte nach Tee und schimpfte dann, ich hätte ihm Kaffee bringen sollen.“
„Seine Lordschaft“, bemerkte Northrup von oben herab, „trinkt keinen Tee.“
„Das sagte ich ihm auch“, entgegnete O'Malley bitter, „und er warf mir vor, ich sei unverschämt.“
„Sind Sie auch“, erwiderte Northrup und bekräftigte damit die Feindseligkeit, die seit zwanzig Jahren zwischen ihm und dem irischen Lakai schwelte.
Im kleinen Salon starrte Victoria gerade auf den Brief, den sie eben von Mrs. Brainbridge erhalten hatte. Die Zeilen verschwammen ihr vor den Augen.
... Ich finde keine Worte, Ihnen schonend beizubringen, daß Andrew seine Kusine in der Schweiz geheiratet hat. Schon bevor Sie nach England reisten, versuchte ich Sie vor dieser Möglichkeit zu warnen, doch Sie wollten mir nicht glauben. Nun, da Sie es hinnehmen müssen, schlage ich vor, Sie sehen sich nach einem geeigneteren Ehemann für ein Mädchen in Ihrer Lage u... .
„Nein! Bitte nicht!“ flüstere Victoria, als ihre Hoffnungen und Träume zusammen mit dem Glauben an die Männer zusammenbrachen. Im Geist sah sie den lachenden gutaussehenden Andrew, wie er neben ihr herritt. „Niemand kann reiten wie du, Tory ...“ Sie erinnerte sich an den ersten Kuß an ihrem sechzehnten Geburtstag. „Wenn du älter wärst“, hatte er geflüstert, „würde ich dir einen Ring statt eines Armbandes schenken Lügner!“ hauchte Victoria gebrochen. „Lügner!“ Tränen stiegen ihr in die Augen, rannen ihr über die Wangen und tropften langsam auf das Papier.
Northrup betrat den Salon. „Lord Fielding wünscht Sie in seinem Arbeitszimmer zu sehen, Mylady“, verkündete er, „und Lord Crowley ist soeben eingetroffen. Er läßt fragen, ob Sie ein paar Erschrocken brach Northrup ab, als Victoria ihn mit gequälter Miene anschaute. Dann sprang sie auf, verdeckte ihr Gesicht mit den Händen und eilte schluchzend an ihm vorbei, über den Gang und die Treppe hinauf.
Der Butler sah ihr nach, dann bückte er sich und hob den Brief auf, der ihr vom Schoß gerutscht war. Entgegen der anderen
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