Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition)

Titel: Siegel der Nacht: Mercy Thompson 6 - Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
Vom Netzwerk:
gegen den Wind, absolut leise und gehüllt in Dunkelheit und Ruhe. Aus Adams ausdrucksloser Miene konnte ich ablesen, dass er Jim auch nicht gespürt hatte. Ich hob die Finger und zog den imaginären Hut vor ihm. »Sind alle Medizinmänner so begabt im Schleichen wie du?«, fragte ich.
    Durch einen dieser Zufälle, die es ab und zu einfach gibt, kam Calvin genau in diesem Moment den Kiesweg entlanggestampft und machte so viel Lärm, wie ein Mensch nur machen konnte. »Onkel Jim? Bist du hier irgendwo? Ich habe das Auto da abgestellt, wo du es mir gesagt hast  …« Er stolperte über eine unebene Stelle auf dem Weg. »Und warum können wir nicht wieder Taschenlampen benutzen? Weil wir uns alle den Hals brechen wollen?« Den letzten Satz hatte er ziemlich leise gesprochen; ich war mir nicht sicher, ob er wirklich wollte, dass jemand ihn hörte.
    »Nicht alle«, sagte Jim unnötigerweise.
    »Wo bist du?«
    Er konnte uns nicht sehen, obwohl wir nur gut zehn Meter vor ihm standen und der Halbmond die Nacht erhellte. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, halb blind durch die Nacht zu wandern.
    Verletzlich.
    Kein Wunder, dass die Leute im Dunkeln nach Monstern Ausschau hielten.
    »Wir sind hier drüben«, sagte Jim und Calvin änderte seinen Kurs. Als er ungefähr die Hälfte der Wegstrecke zurückgelegt hatte, sah er uns. Ich konnte es an seiner
Körperhaltung erkennen, und sein Onkel anscheinend ebenfalls. »Die Hauptmans sind bereits hier. Hank und Frank warten am Monument.«
    Calvin wurde schneller. »Alle sind zu früh. Müssen wir bis Mitternacht warten?«
    »Wir werden sehen. Die Erde ist heute reich«, sagte Jim. »Sie wartet auf uns.«
    »Die Natur hasst Leere«, sagte ich. »Warum sind hier nicht schon scheußliche Wesen und saugen die Magie in sich auf?«
    »Weil sie uns gehört«, antwortete Calvin.
    »Schamanistisch – nicht verwertbar für Hexe, Zauberer oder Feenvolk?«, fragte Adam fasziniert. »Ich habe von solchen Orten gehört, aber die Informationen waren immer spärlich. Ich bin davon ausgegangen, es wären versteckte Orte.«
    »Für andere Arten von Magienutzern nicht zugänglich ohne eine Menge Arbeit«, sagte Jim. »Und mehr Zeit als sie haben – das ist ein ziemlich öffentlicher Ort. Mein Großvater hat mal einen Hexensabbat vernichtet. Hat die gesamte Stadt abgebrannt, um das zu bewerkstelligen, und Maryhill hat sich nie ganz davon erholt – aber sie haben es auch nicht nochmal versucht. Ich bin mir nicht sicher, ob das Feenvolk die Magie nicht nutzen kann; aber falls sie es doch können, suchen sie sich wahrscheinlich eher einen Ort in der Nähe, der weniger öffentlich ist und fast genauso mächtig. Kraftlinien sind Linien – sie enden nicht einfach an einem Ort. Soweit ich gehört habe, würde ein Zauberer keinen großen Schaden anrichten, aber ich habe hier noch keinen gesehen.«
    »Die Macht war schon vor Stonehenge hier«, sagte Calvin,
»aber das Konstrukt scheint sie zugänglicher zu machen. Es gibt in der Nähe ein paar andere Stellen, die traditionell Orte der Macht sind und wahrscheinlich besser waren, bevor Sam Hill das hier hingestellt hat.«
    »Hat Kojote dir verraten, was du mit der ganzen Magie anstellen sollst?«, fragte ich.
    »Kojote?«, fragte Calvin trocken. »Wer ist Kojote?«
    »Kojote«, antwortete Jim trocken.
    Calvin lächelte unsicher, blinzelte ein paarmal, dann schien er es endlich zu verstehen. »Kojote?«
    Dann sah er mich an. »Sie kennt Koj…« Er brach mitten im Wort ab und starrte mich nur noch an.
    »Verdammt«, sagte er dann voller Ehrfurcht. »Oh, verdammt und zugenäht.«
    »Pass auf, was du sagst, Junge«, erklärte Jim.
    »Verfickte Sch…« Das letzte Wort schluckte Calvin hinunter. »Deswegen. Deswegen bist du ein Walker, obwohl deine Mutter weiß ist. Kojote ist dein verdammter Vater.«
    Ich weiß nicht, warum seine Reaktion mich so beleidigte. »Nein. Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass Kojote nicht mein Vater ist. Mein Vater war ein Blackfeet-Bullenreiter, der noch vor meiner Geburt bei einem Autounfall starb.« Ich war mir nicht vollkommen sicher, dass Kojote nicht mein Vater war – aber ich wusste, dass er nicht so dachte –, und ich würde keinen Anspruch auf ihn geltend machen, wenn er es nicht andersherum auch tat.
    Calvin starrte mich weiterhin an.
    »Ich bin nicht«, verkündete ich nochmal durch zusammengebissene Zähne, »Kojotes Tochter.«
    Jim atmete tief durch. »Schön, dass wir das geklärt haben.
Ja, Kojote

Weitere Kostenlose Bücher