Sigma Force 05 - Das Messias-Gen
paar schnellen Schritten hatte Monk den letzten Wagen erreicht. Dies war kein offener Güter-, sondern ein geschlossener Personenwagen.
Marta hüpfte durch eine offene Tür.
Monk kletterte ihr hinterher. Die alte Schimpansin zog ihn in eine Ecke. Pjotr lag flach auf dem Boden.
Monk tastete ihn ab, machte sich ein Bild von seiner Körperhaltung. »Pjotr?«
Keine Antwort.
Er spürte, dass sich die Brust des Jungen hob und senkte. Er betastete sein Gesicht. War Pjotr verletzt? War er gestürzt? Seine Haut fühlte sich fiebrig an. Dann wanderte Pjotrs kleine Hand wie ein aus dem Nest gefallener Vogel zu Monks Fin - gern - und schloss sich fest darum.
»Pjotr, Gott sei Dank.« Monk hob den Jungen hoch, setzte sich und nahm ihn auf den Schoß. »Endlich hab ich dich gefunden. Du bist in Sicherheit.«
Magere Ärmchen schlangen sich um seinen Hals. Monk spürte die Hitze des Jungen durch die Kleidung hindurch.
» Geh … «, flüsterte Pjotr ihm ins Ohr.
Monk schauderte. Normalerweise sprach der Junge mit zögerlicher Fistelstimme, doch jetzt klang sein Tonfall auf einmal tiefer. Vielleicht lag es an der Dunkelheit oder an Pjotrs panischer Angst. Allerdings nahm Monk bei ihm kein Zittern wahr. Das eine Wort hatte eher wie ein Befehl geklungen als flehentlich.
Vielleicht war die Idee gar nicht so verkehrt.
Er stand auf und hob den Jungen hoch. Pjotr schien schwerer geworden, doch Monk war über eine normale Erschöpfung längst hinaus - er war ausgelaugt bis ins Mark, stand kurz davor zusammenzuklappen. Marta half ihm aus der Tür. Er sprang ab und landete auf dem Boden. Mit dem Jungen auf dem Arm eilte er zurück zur Spitze des Zugs. Ein Gewehr hatte er mitgenommen, das andere aber im Führerhaus liegen gelassen.
Am ersten Wagen angelangt, sagte Monk: »Könntest du vielleicht …?«
Noch ehe er den Satz beendet hatte, löste Pjotr sich aus seinen Armen und stellte sich wieder auf eigene Füße.
»Warte hier.« Monk kletterte in den Wagen, packte das zweite Gewehr und schulterte es.
Er stieg wieder nach draußen. Pjotr ergriff seine Hand.
Monk ließ den Atem entweichen. Welche Richtung sollte er einschlagen? Der Zug hatte etwa in der Mitte des Tunnels gehalten. Entweder sie gingen zu Konstantin und den anderen Kindern zurück, oder sie marschierten weiter. Wenn sie der Wahnsinnigen das Handwerk legen wollten, durften sie jetzt nicht umkehren.
Vielleicht dachte Pjotr ganz ähnlich. Er setzte sich in Bewegung. In Richtung Tscheljabinsk-88.
Mit zwei geschulterten Gewehren und in Begleitung eines Jungen und einer Schimpansin marschierte Monk in den stockdunklen Tunnel hinein. Der Kreis hatte sich geschlossen, sie kehrten zum Ausgangspunkt zurück. Was würde sie dort erwarten?
Der Arzt schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Generalmajorin, aber ich weiß nicht, was mit den Kindern los ist. Diese Art von Katatonie ist bei ihnen bis jetzt noch nicht aufgetreten.«
Sawina ließ den Blick durch den Raum schweifen. Zwei Krankenschwestern und zwei Soldaten hatten ihr geholfen, die Kinder auf den Boden zu legen, aufgereiht wie gefällte Bäume. Aus den angrenzenden Schlafsälen hatten sie Kissen und Decken hergeholt. Dann hatte sie zwei Ärzte gerufen: den Neurologen Dr. Petrow und den Biotechniker Dr. Rastopowitsch.
Der mit einer Jacke mit Schafsfellbesatz bekleidete Petrow hatte die Hände in die Hüfte gestemmt. Das Ärzteteam war gerade mit der Räumung beschäftigt gewesen, als Sawina Unterstützung angefordert hatte. Eine lange Schlange von Lastern und Personenwagen war zur Abfahrt bereit.
»Um mir einen Überblick zu verschaffen, bräuchte ich die Diagnosegeräte«, sagte er. »Aber die haben wir bereits abgebaut.«
»Ja, ich weiß. Dann müssen wir halt warten, bis wir in Moskau sind. Sind die Kinder in diesem Zustand transportfähig?«
»Ich glaube schon.«
Sawina musterte den Arzt durchdringend. Seine Unbestimmtheit missfiel ihr.
Petrow nickte. »Ihr Zustand ist stabil. Ja, sie sind transportfähig.«
»Dann veranlassen Sie alles Nötige.«
»Jawohl, Generalmajorin.«
Sawina überließ alles Weitere dem Ärzteteam und stieg wieder zum Kontrollbunker hinunter. Während sie sich um die Kinder kümmerte, hatte sie auch mit ihren Verbindungsleuten im russischen Geheimdienst und beim Militär gesprochen. Die Informationssperre hinsichtlich der Ereignisse in Tschernobyl wurde anscheinend allmählich gelockert. Es kursierten widersprüchliche Berichte und Gerüchte, angefangen von einer nuklearen
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