Sigma Force 06 - Das Flammenzeichen
Wummern, das im Bauch spürbar war. Gray hob in dem Moment den Blick, als zwei Helikopter über der bewaldeten Hügelkette auftauchten. Sie schwangen sich empor, dann senkten sie die Nase und hielten direkt auf das Gefängnis zu.
Aufgrund des Sirenengeheuls konnte Gray sich denken, dass die beiden Maschinen hier nicht hergehörten.
Die Strafanstalt wurde angegriffen.
15:22
KRISTA SASS NEBEN dem Piloten, der auf den Gefängniskomplex hinabstieß. Trotz der Kopfhörer und des Wummerns der Rotoren hörte sie das Gellen der Sirenen. Die Wachleute hatten ihren Anflug bemerkt und sie angefunkt, doch da sie nicht die erforderliche Funkkennung ausgesendet hatten, war Alarm ausgelöst worden.
Der vorausfliegende Eurocopter hatte das Gefängnisgelände erreicht. Fässer fielen aus dessen Bauch in die Tiefe. Beim Aufprall am Boden schossen Flammen empor. Die Detonationen dröhnten wie Donnerschläge und übertönten den Lärm.
Krista wollte möglichst großes Chaos anrichten. Man hatte sie über die Sicherheitsvorkehrungen der Strafanstalt von Clairvaux informiert. Im Notfall wurden die Abtei-Ruinen abgeriegelt, einerseits, um den Nationalschatz zu schützen, andererseits, um die dort befindlichen Touristen nicht zu gefährden.
So wie jetzt.
Der Pilot des ersten Helikopters funkte sie an. »Die Bodenziele wurden identifiziert. Ich übermittele die Koordinaten.«
Der Pilot nickte. Er hatte die Koordinaten bekommen und schwenkte die Maschine scharf nach rechts. Zehn Mann waren an Bord jedes Helikopters. An der Luke lagen die Seile zum Abseilen bereit. Wenn sie über den Ruinen angelangt waren, würden die Männer aussteigen, an den Seilen in die Tiefe gleiten und die Zielpersonen stellen.
Krista würde das erste Eingreifteam begleiten.
Um diese Angelegenheit wollte sie sich persönlich kümmern.
Wenn das Gefängnis zerbombt war und in Flammen stand, würde der zweite Helikopter die nächste Angriffswelle auslösen. Anschließend würden die beiden Maschinen in der Luft patrouillieren und auf den Evakuierungsbefehl warten.
Krista beugte sich vor und blickte in die Tiefe. Die Koordinaten bezogen sich auf ein weitläufiges Quadrat von Ruinen, die einen großen Garten umstanden. Die Fläche reichte notfalls aus, um einen Helikopter landen zu lassen.
Der Pilot meldete sich per Funk. »Ich warte auf Ihren Einsatzbefehl. «
Krista hob die Hand und zeigte mit dem Daumen nach unten.
Es war an der Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen.
15:24
GRAY HATTE ZUSAMMEN mit den anderen im Kreuzgang Deckung gesucht. Das Sirenengeheul gellte ihm in den Ohren. Von den Detonationen dröhnte ihm der Schädel. Ringsumher
schlugen Flammen empor, Rauchsäulen stiegen in den Himmel.
Gray ahnte, weshalb die Angreifer Brandbomben einsetzten.
Da will uns jemand den Fluchtweg abschneiden.
Er konnte sich denken, wer dahintersteckte.
Seichans Bosse wollten sie an der kurzen Leine halten. Hatte sie ihnen mitgeteilt, wie nahe Grays Team dem Schlüssel gekommen war? Leiteten sie jetzt das Finale ein?
Seichan wirkte jedoch vor allem aufgebracht. Offenbar hatte man sie nicht über die neuen Pläne informiert.
»Was sollen wir tun?«, fragte Rachel.
Gray wusste darauf keine Antwort, denn diese einfache Frage war vielschichtig. Wie sollten sie wieder nach draußen gelangen? Was war mit dem in Aussicht gestellten Gegenmittel gegen das Gift? Ohne den Doomsday-Schlüssel hätten sie nichts in der Hand.
Sie mussten den Schlüssel finden.
Unmittelbar vor dem Angriff war Gray etwas durch den Kopf gegangen. Eine leise Ahnung, noch unfertig und kaum greifbar. Die Sirenen und Detonationen hatten ihn dann abgelenkt.
Es hatte mit dem fehlenden zwölften Weihekreuz zu tun.
Ein Helikopter tauchte aus dem Qualm hervor. Sein Schatten wanderte über den Hof und verharrte dann. Der Rotorschwall drückte die Blumen platt und schüttelte die Büsche.
Gray und dessen Begleiter wussten nicht, wohin sie sich wenden sollten.
Wie er so in den Garten hinaussah, kam Gray auf einmal die rettende Idee. Er stellte keine Überlegungen an, fummelte sich nichts zurecht. Plötzlich sah er die Lösung vor sich.
Er dachte an die Übersichtskarte der Abtei, die er in der Bibliothek von Troyes studiert hatte. Jetzt wusste er, was ihn in dem Moment irritiert hatte. Auf der Seite war ein Keltenkreuz
abgebildet gewesen. In der Bibliothek war er darüber hinweggegangen, hatte es in diesem Kontext nicht wiedererkannt. Jetzt sah er es vor seinem geistigen Auge deutlich vor
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