Signum - Die verratenen Adler
Zuverlässigkeit zu überzeugen. Eines Abends gab es mal wieder ein gröÃeres Gelage bei Herodes, als eine Gruppe von Parthern gemeldet wurde. Das war zunächst nichts Besonderes, es kamen ja ständig irgendwelche Gesandtschaften an. Diese drei aber waren merkwürdig, und als sie den Saal betraten, war mir sofort klar, dass sie nicht in offiziellem Auftrag unterwegs waren. Ich hatte als Statthalter selbst oft genug parthische Diplomaten empfangen, weil deren damaliger König Phraates mit fast schon aufdringlicher Hartnäckigkeit versuchte die Auslieferung von Tiridates zu erwirken, einem seiner politischen Gegner, dem wir in Syrien seit zwanzig Jahren Asyl gewährten, nachdem er einen letztlich erfolglosen Putschversuch unternommen hatte. Tiridates aber war kurz zuvor verschwunden, und keiner wusste, ob er überhaupt noch in Syrien war oder nicht. Ich hätte ihn Phraates ja liebend gern ausgeliefert, um endlich Ruhe zu haben. Aber der Princeps war strikt dagegen, weil er Tiridates als Druckmittel gegen Phraates im Land behalten wollte. NachdemPhraates uns die bei Carrhae abhandengekommenen Legionsadler zurückgegeben hatte, hatte er ohnehin ziemlich wenig in der Hand, was er uns anbieten konnte.« Bei diesen Worten umspielte ein spöttisches Lächeln die Lippen des Statthalters. Dann nahm er den letzten Schluck aus seinem Becher und erzählte weiter: »Nun, die drei Männer traten also ein und stellten sich mit umständlichen und salbungsvollen Worten vor, wie das bei diesen Orientalen so üblich ist. Wie ich schon vermutet hatte, kamen sie nicht von Phraates. Sie trugen eine nebulöse Geschichte von einer Prophezeiung vor, von einem Stern, dem sie gefolgt seien, um dem Thronfolger zu huldigen. Herodes hatte an dem Abend ziemlich viel getrunken, und während die meisten Leute unter dem Einfluss von Wein vertrauensseliger werden, wurde der Gesichtsausdruck des Königs immer misstrauischer. Sein Verfolgungswahn hatte zu dieser Zeit einen neuen Höhepunkt erreicht, und er hatte gerade drei seiner Söhne auf Verdacht hinrichten lassen. Sein Misstrauen kannte keine Grenzen.«
»Seine eigenen Söhne?«, fragte Caius ungläubig.
Varus nickte. »Aus erster Ehe. Die Mutter der Jungen hatte er schon zwanzig Jahre zuvor ermordet. Das ist bei denen so üblich. Phraates selbst hat seinen Vater und neunundzwanzig Brüder abgeschlachtet. Er musste es tun, um an die Macht zu kommen. Herodes dagegen witterte selbst da Verschwörungen, wo gar keine waren.«
»Da kamen die Parther mit ihrer Thronfolgergeschichte ja gerade recht«, sagte Lucius.
»Allerdings. AuÃerdem kursierten in jenen Tagen in Judäa die tollsten Geschichten von einem Erlöser, der angeblich der weltlichen Königsherrschaft demnächst ein Ende bereiten sollte. Herodes war aufs Höchste alarmiert. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Aber ich kannte ihn gut genug, um zu sehen, wie es in ihm arbeitete. Er entlieà die Parther mit freundlichen Worten und war für den Rest des Abends kaum noch ansprechbar. Ich hatte von Anfang an den Verdacht, dass diese Parther etwas im Schilde führten. Und ich sollte recht behalten. Noch in der gleichen Nacht standen sie bei mir im Gästehaus vor der Tür. Sie hatten einen Kasten im Gepäck. Er war von Tiridates.«
»Ein vergiftetes Geschenk«, murmelte Lucius, woraufhin er sich einen ärgerlichen Blick von Caius einfing.
»So könnte man es formulieren«, sagte Varus, als erinnerte er sich gar nicht daran, dass die Wendung von ihm selbst stammte. »Ich bat sie herein. Und dann packten sie ihr Mitbringsel aus. Ich hatte mit allem gerechnet. Aber nicht damit.«
Caius krallte sich an der Kante der Kline fest. Die Spannung hatte ein fast unerträgliches Maà erreicht, doch in diesem Augenblick näherten sich Schritte auf dem Flur. Varus blickte auf. Die Schritte verstummten vor der Tür und im nächsten Moment wurde angeklopft.
»Was gibtâs?«, fragte der Statthalter barsch.
Die Schiebetür öffnete sich ein Stück und das Gesicht des Sklaven erschien, der Caius und Lucius herbegleitethatte. Varus tauchte aus den Erinnerungen auf, in denen er sich offenbar verloren hatte. Sein Blick veränderte sich. Er schien sich auf etwas zu besinnen und legte die Stirn in Falten.
»Appius Aemilius Rullianus ist da«, sagte der Sklave in unterwürfigem Ton.
Es darf nicht wahr
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