Silber
er vielleicht sogar damit durchgekommen. Noah holte tief Luft und setzte ihm nach.
Wie die Frau von Lot blickte der Volltrottel einmal zu oft nach hinten, er sah Noah auf sich zurennen und sprintete los. Noah fielen ihm immer noch jede Menge Kraftausdrücke ein, und er fand immer neue Kombinationen. Der kurze Spaziergang hatte dem Schwanzlutscher ausgereicht, um sich ausreichend für die zweite Runde zu erholen. Noah sprintete – seine Arme und Beine waren fast nur als Schlieren zu sehen – am Flussufer entlang, vorbei an den ersten beiden Brücken, dann flankte er über das eiserne Geländer und lief die Stufen zum Monumento Vittorio hinauf, wobei er immer zwei oder drei Stufen auf einmal nahm.
Wenn er den Kerl nicht hätte lebendig erwischen wollen, hätte er seine Pistole gezogen und ihm ein Dutzend Kugeln in den Rücken gejagt, aus reiner Gehässigkeit. Er hatte absolut keine Lust auf dieses Lauftraining. Was er brauchte, waren Informationen.
Doch Noah blieb nichts anderes übrig, als sich dem Lauf der Dinge anzupassen.
Es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass das Arschgesicht eine Kehrtwendung machte, als er auf dem breiten Gehweg der Via della Conciliazione weiterlief. Diese öffnete sich ein paar hundert Meter weiter auf den Petersplatz, wo der Selbstmordbomber noch immer auf dem Pflaster lag. Der große Obelisk schien ihn verhöhnen zu wollen, als er mit brennenden Muskeln auf ihn zulief. Hinter dem Stillen Zeugen sah er einen Krankenwagen und eine Menschenmenge, die sich dort gebildet hatte. Er biss die Zähne zusammen und versuchte, ein Stück aufzuholen, er zwang seine Beine zu einem Hochleistungsschub. Jeder Atemzug glühte in seinen Lungen, bevor er ihn wieder ausspie.
Die Absperrung, mit der die Schweizergarde den Platz abgeriegelt hatte, begann langsam zu bröckeln. Die Touristenmasse davor war schon vierzig oder fünfzig Reihen stark, und die Leute verloren langsam die Geduld. Unwilliges Gemurmel erklang in einem Dutzend verschiedener Sprachen. Die Gardisten taten alles, was sie konnten, um die Menge zurückzuhalten.
„Ich würde dich wirklich gern erschießen!“, schrie Noah dem Rücken des Kackstiefels zu, als seine Beine langsam steif wurden. Er blieb stehen und ließ den Oberkörper hängen, die Hände auf die Knie gestützt. Er murmelte auf die Pflastersteine hinab: „Und ich hätte nicht übel Lust, dir deine dämliche Mütze in den Arsch zu schieben“, aber es war eine kraftlose Drohung. Er bezweifelte, dass der Klotzkopf ihn überhaupt hörte.
Die Arschkanaille wurde wieder langsamer, er hüpfte jetzt fast, wenn er sich bewegte, dann drehte er sich noch einmal um und salutierte Noah spöttisch, bevor er in der Masse verschwand, ein Tourist im T-Shirt unter lauter anderen Touristen, die Jeans und T-Shirt trugen.
Einen kurzen Moment lang teilte sich die Menge, und Noah sah, wie die Leute dem blöden Wichser Platz machten. Er konnte nicht hören, was er zu ihnen sagte, aber was es auch war, es schien eindeutig zu funktionieren. Niemand blieb länger als eine Sekunde in seinem Weg stehen.
Noah folgte ihm in die Menge und rief „
Io sono con lui!
“ in gebrochenem Italienisch, als er versuchte, sich zwischen den dichtgedrängten Menschen hindurchzuschieben.
Plötzlich teilte sich die Menge wieder, und Noah sah sich einem Schweizergardisten gegenüber, der ihn grimmig anblickte und die Spitze seiner Hellebarde genau auf seine Brust richtete. Er schien nicht sehr erpicht darauf zu sein, Noah vorbeizulassen. Hinter dem Soldaten sah Noah den Affenarsch auf den Stillen Zeugen zujoggen. Was immer er auch gesagt hatte, es hatte ihn durch die Sicherheitsabsperrung gebracht, und dafür konnten bloße Worte nicht ausgereicht haben. Er musste seinen Worten mit einer Dienstmarke Nachdruck verliehen haben. Der Flachschädel hatte seinen Rang ausgespielt. Damit war er entweder ein ziemlich guter Betrüger, oder er hatte das Gesetz auf seiner Seite.
Noah starrte den Gardisten an und sagte nur: „Ich werde da jetzt durchgehen, also müssen Sie mich entweder sofort erstechen oder mir aus dem Weg gehen.“ Dann bewegte er sich nach vorn und ließ dabei die Schulter sinken, als ob er nach rechts gehen wollte, um den Gardisten zu täuschen. Es war kein besonders raffiniertes Manöver, aber er führte es schnell und effizient aus. Als der Wächter sich nach links wandte, um Noah aufzuhalten, stieß Noah sich mit dem linken Bein ab und schoss an ihm vorbei. Er rannte mit den Jubelrufen der Menge
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