Silberband 003 - Der Unsterbliche
Rhodan, der die
Arme vorgestreckt hielt, schien nicht besonders überrascht. Er nickte nur, als habe er nichts
anderes erwartet.
»Dachte ich es mir doch! Eine materiell gewordene Spiegelung. Eine feste Vision.
Großartig – aber unerklärlich.«
Andächtig strich Tako über die glatte Oberfläche des Nichts.
»Aber es ist doch nichts zu sehen. Wie Luft …«
»Sengus Augen durchdrangen es nicht, unsere Augen tun es auch nicht. Wir bilden es uns nur
ein, das ist alles. Von jedem Blickwinkel aus gesehen, verändert sich die Spiegelung, so daß wir
immer den Eindruck haben müssen, die gegenüberliegende Seite zu sehen. Ras, gehen Sie auf die
andere Seite des Saales und sagen Sie mir, ob Sie uns sehen können. Aber machen Sie einen Bogen
um das Gewölbe.«
Der Afrikaner schritt an der Wand entlang und stellte sich dann Rhodan und Tako gegenüber auf.
Zwischen ihnen war das unsichtbare Etwas. Sie konnten sich sehen.
»Und doch«, sagte Rhodan, »ist es undurchsichtig, sogar für Sengu. Eine unwahrscheinliche
Technik. Nur – wenn Sengu es mit seinen Augen nicht durchdringen kann, werden Sie es auch
nicht können, Tako, selbst entmaterialisiert nicht. Versuchen Sie es.«
Tako zögerte keine Sekunde. Die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, war plötzlich
leer. Rhodan hatte noch etwas sagen wollen, aber der Japaner hatte zu schnell gehandelt. In der
Stille des riesigen Raumes hallte der Schmerzensschrei des Teleporters so laut wider, daß die
beiden anderen Männer erschrocken zusammenzuckten. Dann erblickten sie ein seltsames
Schauspiel.
Mitten in der Luft materialisierte Tako und rutschte dann, alle Gliedmaßen weit von sich
gestreckt und verzweifelt nach einem Halt suchend, an der unsichtbaren Mauer zum Boden herab.
Sein Gesicht war entsetzt verzogen. Ratlos und an allen Gliedmaßen zitternd, blieb er stehen.
»Was war das?« stieß er hervor.
»Die Barriere«, erklärte Rhodan. »Sie sind gegen die Barriere gestoßen, materialisierten und
rutschten ab. Sie können den Schirm nicht durchdringen. Vielleicht gibt uns das Robotgehirn der
STARDUST eine Antwort – ich finde sie nicht allein.«
Ras kam vorsichtig wieder auf ihre Seite zurück.
»Das ist unheimlich«, bekannte er freimütig. »Ist es ein Energieschirm?«
»Einen normalen Energieschirm könnte ein Teleporter überwinden, Ras, aber niemals ein
fünfdimensionales Feld. Es existiert nicht in unserem Kontinuum. Ich kann es Ihnen nicht
erklären, weil mir die Worte dazu fehlen. Ich ahne die Zusammenhänge, aber das genügt gerade, dem
Elektronengehirn der STARDUST II die notwendigen Angaben zu machen. Vielleicht hat es eine
Antwort. Gehen wir, wir verschwenden jetzt nur unsere Zeit.«
Schweigend machten die drei Männer sich auf den Rückweg.
Zurück blieb ein leerer Saal, der ein Geheimnis barg.
Man hätte annehmen können, Bullys schönster Tag sei angebrochen. Schon in früher
Morgenstunde versammelte er seine Mutanten um sich und zeigte sich von der besten Seite.
Der Sender der Widerstandsgruppe unterbrach die fröhliche Unterhaltung zwischen Bully und den
Mutanten. Das Kurierschiff der Topsider war in das System eingeflogen und näherte sich Ferrol.
Die Zeit des Einsatzes war gekommen.
Bully wurde mit einem Schlag ernst und sachlich.
»Wuriu Sengu geht zuerst. Dann folgen Anne Sloane, die Telekinetin, und André Noir, der Hypno.
Die anderen halten sich bereit. Sie kommen nach, sobald ich Anweisungen schicke. Alles klar?«
Er wartete die Antwort nicht ab, sondern betrat den kleinen Gitterkäfig, um Sekunden später
verschwunden zu sein. Die Mutanten folgten in der angegebenen Reihenfolge.
Mehr als zweihundert Wulstkreuzer standen in Reih und Glied auf dem riesigen
Raumfeld von Thorta. Davor angetreten die dazugehörigen Mannschaften. Trker-Hon, der das
Oberkommando der Flotte erhalten hatte, kehrte von einer letzten Inspektion in den Roten Palast
zurück. Rok-Gor erwartete ihn bereits.
»Alles zum Empfang des Kommissars bereit«, meldete Trker. »Wann ist mit der Landung zu
rechnen?«
»Jeden Augenblick. Das Schiff hat bereits Kontakt mit der Flugsicherung aufgenommen. Sind
inzwischen wieder …«, Rok zögerte fast unmerklich, »… Vorkommnisse zu verzeichnen?«
»Nein. Alles normal. Vielleicht haben die Ferronen es aufgegeben.«
»Es sind die Arkoniden«, erwiderte Rok-Gor gereizt. »Wenn alles ruhig bleibt, werden wir
diesen neunten Planeten zerstören. Wir müssen den hochnäsigen
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