Silberband 019 - Das Zweite Imperium
riet ihm, damit zu warten, bis das
Dröhnen wieder verstummte.
Er begann die Sekunden zu zählen.
»Helft mir!« keuchte Paddie. »Ich muß hinauf!«
Sie befanden sich in einem kurzen Gang, der unvermittelt zu Ende war. Wenige Meter hinter
ihnen lag der Energiekessel. Paddie war davon überzeugt, die Wand auf dieselbe Art öffnen zu
können, wie oben in der 14. Etage.
Sie hoben ihn auf die Schulter. Paddie kniete und stützte sich mit der linken Hand gegen die
Wand, während er mit der rechten das glatte Gestein abtastete.
»Ich hab's«, japste Paddie. »Vorsicht!«
Der Fels öffnete sich. Ein zwei Meter breiter Spalt erschien. Paddie sprang zu Boden. Aus dem
Spalt drang Licht. John sah in einen Raum, an dessen Wänden fremdartige Geräte aufgebaut waren.
Er konnte nicht sehen, ob sich Fremde darin aufhielten, aber das hätte seinen Entschluß ohnehin
nicht mehr geändert.
»Los, hinein!« zischte er.
Sie traten durch die Öffnung.
Sie gingen bis in die Mitte des Raumes. Die Tür schloß sich hinter ihnen. Mit einem
schmatzenden Laut schien sie sich im Felsen förmlich festzusaugen.
Kaum hatte sich die Felstür hinter ihnen geschlossen, als der Boden zu vibrieren anfing.
Fauchend und donnernd strich draußen etwas die Kesselwand entlang. Das Dröhnen steigerte sich zu
einem infernalischen Geheul. Blaß vor Schreck sahen sich die drei Menschen an. Irgend etwas war
da draußen geschehen, dachte John und preßte die Hände an die Ohren.
»Wenn wir jetzt noch draußen wären«, flüsterte er.
Aber niemand konnte ihn hören. Er begann mit der systematischen Untersuchung des Raumes. Die
Instrumente und Geräte ringsum ließ er unbeachtet. Er wußte, daß seine Zeit nicht ausreichte,
allein ihre Funktion zu erkennen. Aber er suchte die Zwischenräume ab und die glatte Steinwand
hinter ihnen. Er fand keinen Fremden, aber einen Ausgang entdeckte er rasch. Er winkte Karen und
Paddie zu sich heran. Er gab ihnen Zeichen, daß sie den Raum durch diese Tür verlassen sollten,
denn akustisch konnte er sich nicht verständlich machen. Karen machte eine abwehrende Geste, aber
John drückte ihr behutsam die Hände nach unten und schüttelte beruhigend den Kopf.
Dann öffnete er eine Tür. Das Labyrinth hatte hier unten ein völlig anderes Aussehen als oben.
Die Räume waren hell erleuchtet. Es schien keine Gänge mehr zu geben, sondern eine Halle reihte
sich an die andere. Die, in die John jetzt hineinspähte, war in zwei Etagen angelegt. Die Hälfte
zur Linken lag auf gleicher Höhe mit dem Raum, aus dem sie kamen. Nach rechts hin schloß sie mit
einem Geländer ab, das nur da unterbrochen war, wo aus der Fußbodenkante ein metallischer Ring
von etwa drei Metern Durchmesser herausragte, der Kollektor eines künstlichen Schwerefelds.
Rechts des Geländers fiel die Wand senkrecht nach unten ab, und fünf Meter tiefer lag die zweite
Hälfte der Halle. John konnte nur einen kleinen Teil von ihr einsehen. Die Kante und das Geländer
versperrten ihm den Ausblick. Ringsum standen ähnliche Geräte, wie er sie schon vor ein paar
Minuten begutachtet hatte – in einer merkwürdigen Unordnung, die Ausfluß der
nichtmenschlichen Denkweise zu sein schien.
Mit einer Armbewegung erklärte John die Luft für rein. Dann trat er hinaus. Er winkte Karen
und Paddie zu, sich links zu halten. Er selbst trat vorsichtig an das Geländer heran.
Er wollte, der Gewohnheit gemäß, die Hand auf das Geländer legen, um sich einen Halt zu
verschaffen. Aber er brachte den Arm nur halb in die Höhe, dann erstarrte er mitten in der
Bewegung. Karen und Paddie sahen, wie er vorsichtig, Millimeter um Millimeter, zurückzuweichen
begann. Er bog den Oberkörper nach hinten, als hätte er Angst, daß von unten ihn jemand sehen
könnte. Dann tat er einen weiten, entschlossenen Schritt rückwärts, wandte sich um und kam auf
die beiden Wartenden zu.
Er konnte sich nicht verständlich machen. Das Dröhnen war hier zwar längst nicht so laut wie
draußen in dem ersten Raum. Aber John legte den Finger auf die Lippen und deutete an, daß er
trotzdem nichts sagen könne. Statt dessen packte er Paddie am Arm, winkte Karen zu, daß sie ihnen
folgen solle, und ging auf die übermannshohen Geräte zu, die dicht am Geländer standen. Er selbst
kroch als erster in einen der schmalen Zwischenräume zwischen den Geräten hinein. Er schob sich
so weit nach vorne, wie die Basisplatten der Maschinen reichten, dann legte er sich flach
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