Silberband 019 - Das Zweite Imperium
wissen.
»Tut mir leid. Ich habe keine Ahnung.«
»Und Sie glauben immer noch, daß das da unten ein magnetohydrodynamischer Generator ist?«
»Ja.«
»Wo ist der Plasmastrom?«
»Was Sie sehen, ist der Plasmagenerator, frei aufgehängt in einer Feldkombination.
Strahlungsheizung durch den Fusionsgenerator, vermutlich von unten, Reflektorfeld oben. Das ist
die billigste Methode. Die Plasmakugel liegt von uns aus gesehen rechts vom Mittelpunkt des
Kesselbodens. Sehr wahrscheinlich strömt das Plasma von dort aus, also nach links in die
magnetohydrodynamische Anlage. Der Plasmastrom ist natürlich wesentlich lichtschwächer als die
Plasmakugel. Der optische Schirm läßt die Strahlung nicht durch. Annehmbar?«
»Ja, sehr.«
John kratzte sich am Kopf. »Sie müssen die Vorräte an Fusionssubstanz und Plasmastütze
natürlich von Zeit zu Zeit erneuern. Die Plasmastütze ist wahrscheinlich Cäsium – kommt
darauf an, wie weit ihre Technologie fortgeschritten ist. Vermutlich gibt es da unten
automatische Zuführmechanismen. Hier wurden wahrscheinlich jene gewaltigen Energien erzeugt, die
am vierten August vergangenen Jahres die gravitationsenergetische Schockwellenfront
auslösten.«
Sie setzten ihren Weg fort.
Jeder Antigravschacht war gegen den über ihm liegenden etwa fünf Meter versetzt. Wenn der
Abstieg noch lange weiterging, schätzte John, würden sie auf diese Weise den ganzen Kessel
umrunden. Zwei Rundgänge tiefer bemerkte er jedoch zum erstenmal, daß er dem roten Glutball des
Plasmas nun wirklich näher gekommen war, und schätzte, daß sie nun nicht mehr weiter als fünfzig
Meter vom Grund des Kessels entfernt seien.
Der ganze gewaltige Raum lag immer noch in beängstigender Stille. Außer dem schwachen Geräusch
ihrer Schritte und dem Klang der paar Worte, die sie sprachen, war kein Laut zu hören.
Auf dem Weg in die Tiefe dachte Gil über die Huldvollen nach. Er war erstaunt
darüber, daß die Antigravschächte nicht desaktiviert waren. Möglicherweise rechneten die
Huldvollen nicht damit, daß es jemand wagen würde, in die Tiefe der Anlage einzudringen. Sie
mußten davon überzeugt sein, daß die Terraner ihre drei Artgenossen, die sich irgendwo da unten
in Gefahr befanden, abgeschrieben hatten.
Sie sollten sich täuschen, dachte Gil grimmig. Er würde den drei Freunden zu Hilfe kommen. Der
Teufel mochte wissen, wie es den Huldvollen gelungen war, unbemerkt in die Anlage einzudringen.
Die Raumüberwachung der Flotte war lückenlos, und kein Schiff hätte sich unbemerkt Eysal nähern
können. Und dennoch waren sie da. Gil dachte an die Möglichkeit, daß sich irgendwo in der Tiefe
der Anlage eine Transmitterstation befand. Vielleicht waren sie auf diesem Weg in das Labyrinth
eingedrungen, und die Energieemissionen des Transmitters wurden von den Ortungsgeräten nicht
registriert?
Gil schob diese Gedanken beiseite und widmete sich seiner Umgebung. Er stand am Rand jenes
Verteilers, in dem sich John, Paddie und Karen von ihrer Gruppe getrennt hatten.
Der Gang, den John, Karen und Paddie genommen hatten, war ihm genau beschrieben worden. Er
betrat ihn, nachdem er sich überzeugt hatte, daß nirgendwo in der Nähe Gefahr lauerte. Er
umrundete die Biegung und kam vor der Stirnwand ebenso wie John zu dem Schluß, daß es hier
irgendwo eine gut verborgene Tür geben müsse. Man schlug nicht einfach einen Gang in den Fels und
ließ ihn nach achtzig Metern tot enden.
Er fing an, die Wand abzusuchen. Einen deutlich erkennbaren Mechanismus gab es nicht. Also
mußte man den Fels wahrscheinlich an einer ganz bestimmten Stelle berühren, wenn man die Tür
öffnen wollte. Gil überlegte sich, welches die bequemste Griffhöhe der Huldvollen sein könne, und
eingedenk ihrer langen Arme konzentrierte er seine Suche auf die höhergelegenen Teile der
Wand.
Mit den Fingerspitzen untersuchte er eine kleine Unebenheit im Fels, als er vor sich, aus dem
Gestein heraus, plötzlich ein Geräusch hörte. Zuerst war es nur ein sanftes Summen. Dann jedoch
schwoll es an und wuchs zum brummenden Dröhnen, unter dem der Gang zu beben begann.
Gil wich zurück, jeden Augenblick darauf gefaßt, daß die Stirnwand nachgeben oder der ganze
Gang einstürzen würde. Das Geräusch pegelte sich schließlich auf einer gewissen Lautstärke ein
und blieb von da an konstant. Gil rückte wieder vor. Er war jetzt fest entschlossen zu
untersuchen, was hinter der Wand geschah. Aber der Instinkt
Weitere Kostenlose Bücher