Silberband 056 - Kampf der Immunen
unter Druck stehen. Er muß die ganze Zeit über allein und ohne Aufsicht gewesen sein, denn die Tliagotin ist gleichzeitig mit mir gekommen. Und außer diesen beiden hält sich hier niemand auf.«
»Es ist ganz ausgeschlossen, daß Dr. Tantritz freiwillig mit den Paradiessuchern zusammenarbeitet«, erklärte der CheF. »Sei also vorsichtig, Mortom.«
Dieser Warnung hätte es nicht bedurft – Mortom Kalcora hatte bereits seinen kaum zwei Zentimeter langen Paralysator gezogen. Er konnte selbst nicht glauben, daß es hier keine Wachtposten geben sollte. Wenn es aber welche gab und man sah sie nicht, dann mußten sie …
Als ihm das Außenmikrophon ein kaum hörbares Geräusch übertrug, das links von ihm kam, drehte er sich mit schußbereitem Paralysator in diese Richtung.
Kaum einen Meter von ihm entfernt standen zwei seiner Artgenossen.
Es waren Siganesen wie er – und doch bestanden einige Unterschiede. Sie trugen Strahlwaffen mit tödlicher Wirkung. Außerdem machten sie nicht den Eindruck von Verdummten.
»Welche Überraschung«, sagte der eine Siganese spöttisch. »Ein Landsmann, der uns Gesellschaft leisten möchte. Es hat sich also doch gelohnt, daß wir uns nicht mit den anderen zurückzogen, sondern hier ausharrten.«
Aus dieser Bemerkung glaubte Kalcora herauszuhören, daß außer diesen beiden keine anderen Wachtposten in der Hauptsteuerpositronik existierten. Er beschloß, einstweilen zu schweigen und erst zu reden, wenn er gefragt wurde.
»Wie bist du denn hergekommen?« fragte der andere. »Durch Zufall – oder in Oberst Tieschs Auftrag?«
Der erste Siganese machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Sieh ihn dir doch an, sein stupider Blick sagt alles«, meinte er abfällig. »Der ist einer von den Verdummten.«
Kalcora fühlte sich durch diese Bemerkung nicht beleidigt. Denn sie zeigte ihm auf, worin seine Chance bestand – er mußte sich dumm stellen.
»Ihr – ihr redet so seltsam«, sagte er stockend. »Es hört sich an, als wäret ihr schon immer hiergewesen. Seid ihr denn nicht vor dem Teufel und den Wölfen geflüchtet?«
»Wir fürchten den bösen, großen Wolf nicht.«
»Es war schrecklich«, murmelte Kalcora, als säße ihm das Grauen immer noch in den Gliedern. »Sie fielen über uns her und trieben uns bis hinaus in die Randzonen von Quinto-Center.«
»Und warum bist du zurückgekehrt?«
Kalcora wollte gerade eine rasch erfundene Lügengeschichte auftischen, da wurde er durch einen Zwischenfall tief unter sich abgelenkt.
Die Tliagotin und der Lancourer hatten sich bisher in normaler Lautstärke unterhalten. Kalcora hatte nur herausgehört, daß es um Programmierungen ging, mit denen Dr. Tantritz nicht einverstanden war. Die Tliagotin hatte für seine Einwände nur ein schrilles Gelächter übrig gehabt und ihm immer wieder erklärt, daß er, nachdem er ihr die Handhabung der wichtigsten Schaltungen erklärt hatte, nun vollkommen machtlos war.
»Ich sehe diesem Wahnsinn nicht mehr länger zu!« rief Dr. Tantritz plötzlich erregt. »Sie haben die Roboter aktiviert, die darauf programmiert sind, zu töten. Haben Sie die Folgen, die sich daraus ergeben können, denn überhaupt bedacht?«
»Natürlich«, erklärte die Tliagotin mit ihrer schrillen Stimme. »Ich habe alles bedacht. Wir alle tragen ein winziges Funkgerät bei uns, das ständig Impulse ausstrahlt. Diese Impulse können von den Robotern empfangen werden und lösen bei ihnen einen Nicht-Angriffs-Effekt aus. Wer einen solchen Sender bei sich trägt, hat von den Robotern nichts zu befürchten.«
»Ich glaube Ihnen kein Wort«, erklärte Dr. Tantritz. »Das sagen Sie nur, um mich zu beschwichtigen. Wenn alle einen solchen Sender tragen, wozu ist denn der Aufmarsch der Roboter erforderlich? Und warum habe ich keinen Sender erhalten?«
»Ich meinte natürlich, daß wir Paradiessucher solche Sender tragen«, sagte die Tliagotin kalt. »Sie gehören doch zu der Besatzung von Quinto-Center.«
»Heißt das …?«
»Ja, das heißt es.«
»Was hat das da unten zu bedeuten?« erkundigte sich Kalcora bei den Siganesen. Er mußte sich bemühen, seiner Stimme einen gleichgültigen Klang zu geben.
»Das ist zu hoch für dich«, sagte der eine Siganese. »Es wäre überhaupt besser, wenn du von hier verschwinden würdest.«
Kalcora war zufrieden, sein Täuschungsmanöver hatte gewirkt. Er mußte sich nur noch überlegen, wie er die beiden Wachtposten überwältigen konnte. Bisher hatte sich dazu noch keine
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