Silberband 065 - Die Altmutanten
keuchend. »Corello konzentriert sich auf die technischen Anlagen und hat mich vernachlässigt. Ich wollte diese Gelegenheit ausnützen, um Sie zu warnen. Sie sollen die Wahrheit erfahren. Ich …«
Saedelaere bäumte sich plötzlich auf und fiel dann der Länge nach zu Boden. Über seine Lippen kam ein Schwall fast unverständlicher Worte. Onacro mußte sich ihm nähern. Aber selbst dann verstand er nicht alles – es hörte sich so an, als vermische Saedelaere Lemurisch mit Fragmenten einer fremden Sprache.
»Ich bin jetzt frei … Aber Corello sucht bereits nach mir … Terraner! Hören Sie, Onacro: Wir sind keine Lemurer, Corello und ich, wir sind Terraner! Sagen Sie nichts, lassen Sie mich zu Ende sprechen. Corello kann mich jeden Augenblick wieder beherrschen …«
Onacro sah, wie winzige Flammen hinter Saedelaeres Gesichtsmaske hervorzüngelten. Der Mutant schrie unterdrückt auf und preßte die Hände gegen seinen Schädel. Dann wimmerte er leise vor sich hin, und wieder schien es, als ob über seine Lippen Worte einer fremden Sprache kämen.
Der lemurische Biogenetiker konnte nicht mehr länger an sich halten. Er mußte einfach jene Frage stellen, die ihn schon von Anfang an beschäftigte. »Ist Corello ein Agent der Haluter?« fragte er aufgeregt.
Alaska Saedelaere kicherte. Es klang irr.
»Nein … Eine fremde, unbekannte Macht beherrscht ihn. Die Haluter führen schon lange keine Kriege mehr. Sie sind ein friedliches Volk …«
Vauw Onacro starrte verständnislos auf den Maskenträger hinunter. Saedelaere mußte verrückt geworden sein. Was er sagte, klang – nun, eben verrückt! Die Haluter, diese kriegerischen Bestien, konnten sich unmöglich innerhalb eines Dritteljahrhunderts derart gewandelt haben.
Saedelaere schien seine Ungläubigkeit zu merken. Er bäumte sich verzweifelt auf.
»Begreifen Sie doch endlich, Onacro!« Saedelaere schrie es fast. »Seit dem Untergang von Lemuria sind nicht zweiunddreißig Jahre vergangen, sondern fünfzig …«
Saedelaere brach mitten im Satz ab, als sei ihm die Luft ausgegangen. Onacro vermutete, daß es ihm immer schwerer fiel, sich gegen den fremden Zwang aufzulehnen, der von Corello aus nach ihm griff.
Onacro sagte kopfschüttelnd: »Ich möchte Ihnen gerne glauben, Saedelaere. Aber selbst wenn fünfzig Jahre vergangen sind, kann aus den kriegerischen Halutern kein friedfertiges Volk geworden sein.«
Saedelaere machte eine Geste der Verzweiflung. »Nicht fünfzig Jahre, Onacro – sondern fünfzigtausend!«
Onacro zuckte zurück, als hätte er einen furchtbaren Schlag bekommen. »Das … das …«, stammelte er; ihm versagte die Stimme.
Saedelaere kam schwankend auf die Beine.
»Ich schaffe es nicht mehr«, sagte er stöhnend. Er griff unsicher in Onacros Richtung, aber seine Hand fuhr ins Leere. »Corello ist unschuldig, er handelt gegen seinen Willen … Es kann nicht mehr lange dauern, bis er mich erneut bezwungen hat. Gibt es eine Möglichkeit, wie ich Ihnen weitere Informationen übermitteln könnte? Vielleicht bietet sich mir die Chance dafür. Ich muß Ihnen die Zusammenhänge erklären … Verständigen Sie Perry Rhodan! Haben Sie verstanden?«
Onacro begriff nur, daß Saedelaere ihm angeboten hatte, weitere Informationen zu beschaffen. Im Augenblick war ihm dies jedoch nicht möglich, weil die fremde Macht nach seinem Geist griff.
Onacro merkte es daran, daß unter seiner Maske flammende Energieentladungen hervorzuckten.
Der Biogenetiker deutete auf einen Kleincomputer und aktivierte ihn. »Sie können alle Ihre Angaben in dieser Positronik speichern. Dieses Gerät ist nicht an die Großspeicher angeschlossen, so daß Corello die hier eingegebenen Daten nicht in der Hauptschaltzentrale abrufen kann. Wenn Sie mir etwas mitzuteilen haben, dann bedienen Sie sich dieser Positronik.«
Der Maskenträger nickte zum Zeichen, daß er verstanden hatte, dann stelzte er steif aus dem Rechenzentrum.
Onacro blieb noch eine Weile, dann folgte er in die Hauptschaltzentrale. Er war wie benommen.
Fünfzigtausend Jahre!
Das bedeutete, daß es schon längst kein lemurisches Reich mehr gab. Aber es gab noch Menschen, und obwohl fünfzigtausend Jahre zwischen ihm und ihnen lagen, fühlte er sich auf eine gewisse Weise ihnen zugehörig.
Fünfzigtausend Jahre – das war eine unvorstellbar lange Zeitspanne. Vauw Onacro konnte es nicht so einfach glauben, daß er so lange im Tiefschlaf gelegen hatte. Vielleicht hatte Saedelaere nicht die
Weitere Kostenlose Bücher