Silberband 065 - Die Altmutanten
»Er konnte mir nur das Kodewort für höchste Alarmstufe geben, weil Corello ihn überwachte.«
Sie sprangen in den Antigravlift. Die Tiefschlafhalle befand sich in der dritten Etage der insgesamt achtgeschossigen Station. Während sie zur obersten Etage hinaufschwebten, in der die Hauptschaltzentrale lag, erkundigte sich Gorlan: »Warum tut Onacro so geheimnisvoll? Kann er nicht offen mit uns in Verbindung treten?«
»Nur über das Bildsprechsystem, und da würde Corello mithören«, antwortete Phantroc.
Gorlan folgte seinem Vorgesetzten, als der in der achten Etage aus dem Liftschacht sprang. Der Antigravlift war in der Mittelsäule eines kreisrunden Raumes untergebracht, von dem aus die Korridore sternförmig auseinanderliefen.
»Wir können nicht weiter«, stellte Gorlan enttäuscht fest, nachdem er sich umgeblickt hatte. »Sämtliche Korridore, die in die Hauptschaltzentrale und die angrenzenden Räume führen, sind durch Schotte versperrt.«
Tatsächlich endeten sechs der acht Korridore schon nach wenigen Metern vor verschlossenen Metallschotten.
In einem der offenen Korridore tauchte ein Schatten auf. Gorlan erkannte an der schlanken, hochgewachsenen Gestalt und an dem schulterlangen Rothaar, das von unzähligen silbergrauen Fäden durchzogen war, daß es sich um Vauw Onacro handelte.
»Hierher!« rief der Biogenetiker verhalten.
Dann verschwand er wieder im Korridor. Als Gorlan und Phantroc ihm in den Gang folgten, sahen sie gerade noch, wie er in zehn Metern Entfernung eine Tür öffnete und in den dahinter liegenden Raum eindrang.
»Schnell!« drängte Onacro, während er hinter Gorlan und Phantroc die Tür schloß. »Ich muß zurück sein, bevor Corello mein Verschwinden bemerkt.«
Gorlan erkannte auf den ersten Blick, daß es sich bei dem Raum um Onacros Privatlaboratorium handelte.
»Wir haben gesehen, daß alle Zugänge zur Hauptschaltzentrale versperrt sind«, sagte Phantroc. »Wie gelang es Ihnen, sie dennoch unbemerkt zu verlassen?«
Onacro winkte ab. »Das ist jetzt unwichtig. Ich habe mir einige Möglichkeiten offengehalten, von denen Corello nichts ahnt. Aber wer weiß, wie lange die Geheimanlagen dem Mutanten noch verborgen bleiben. Er hat unglaublich rasch gelernt, die Hauptschaltanlage zu beherrschen. Ich habe keine Ahnung, woher er sein Wissen hat und wie es ihm gelingt, sich immer wieder neue Informationen zu beschaffen. Es ist sogar möglich, daß er meine Gedanken lesen kann.«
»Wenn das so ist«, sagte Phantroc, »dann wird ihm auch nicht verborgen bleiben, daß Sie sich hier mit uns getroffen haben.«
»Das werde ich zu verhindern wissen«, versicherte Onacro. »Ich kann meine Gedanken abschirmen, ohne daß Corello es merkt. Außerdem wirkt er trotz seiner Wachsamkeit oft unkonzentriert. Es scheint, als kämpfe er ständig gegen eine unsichtbare Macht an. Das läßt mich vermuten, daß er beherrscht wird.«
»Warum versuchen wir denn nicht einfach, ihn zu überwältigen?« fragte Phantroc.
»Abgesehen davon, daß das nicht so einfach ist, wie Sie sich das vorstellen, möchte ich damit noch warten«, antwortete Onacro. »Wir müssen vorher herausfinden, welche Fähigkeiten er besitzt und welches Ziel er oder die Macht, die ihn beherrscht, verfolgt.«
»Was ist mit Corellos Begleiter?« erkundigte sich Gorlan. »Vielleicht ist er die Schlüsselfigur?«
»Alaska Saedelaere wird aller Wahrscheinlichkeit nach von Corello geistig versklavt«, sagte Onacro. »Ich weiß nicht, welche Rolle er spielt, aber ich hoffe, daß er mir weiterhelfen kann. Ich warte nur auf den Augenblick, daß Corellos Aufmerksamkeit einmal nachläßt, dann werde ich mich mit Saedelaere beschäftigen.«
»Entschuldigen Sie, daß ich mich noch einmal einmische, Onacro«, fiel Gorlan dem Biogenetiker ins Wort. »Aber für mich ergibt das alles keinen Sinn. Von wem sollte Corello beeinflußt werden?«
Onacro warf ihm einen erstaunten Blick zu.
»Von den Halutern selbstverständlich«, sagte er. »Alles deutet darauf hin, daß Corello von den Halutern ausgeschickt wurde, das Überlebensprogramm zu sabotieren. Warum sonst sollte er nicht zulassen, daß wir Normalsynthos in großer Zahl erschaffen? Nur die Haluter können nicht daran interessiert sein, ein großes Menschenheer zu züchten. Unsere Regierung und die Militärs dagegen müssen sich darüber klar sein, daß die Erschaffung von acht Personen in den Schnellbrütern des Extremen Notprogramms völlig nutzlos für Testzwecke ist. Denn die
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