Silberband 070 - Gehirn in Fesseln
könnt mich nicht anzeigen, denn sonst sage ich gegen euch aus. Ich habe schon längst gemerkt, daß ihr es auf meine Wohnung abgesehen habt. Ihr habt mich seit Wochen beobachtet und nur auf einen günstigen Augenblick gewartet.«
»Genug geredet«, unterbrach ihn Rhodan. »Wir sind nicht die, für die du uns hältst. Wir wollen nicht deine Wohnung. Du kannst sie behalten, wir wollen nur für einige Tage deine Untermieter sein. Und jetzt mach Licht.«
Der Raytaner schaltete die Deckenbeleuchtung ein. Im Schein einer matten Leuchtkugel konnte er nun Einzelheiten an den Männern sehen, die in seine Wohnung eingedrungen waren.
»Duynter!« entfuhr es ihm. »Und ein Yaanztroner!« Er blickte Rhodan genauer an und fragte dann lauernd: »Sind Sie nicht der Wasservergifter, auf den die Polizei Jagd macht? Ja, Sie sind es!«
Die Angst fiel augenblicklich von dem Raytaner ab. »Macht, daß ihr sofort aus meiner Wohnung kommt, ihr Gesindel, sonst …«
Rhodan packte ihn mit einer Hand am Hals und drückte mit beiden Daumen zu. »Jetzt ist es genug«, sagte er. »Wenn noch ein einziges Schimpfwort über Ihre Lippen kommt, dann befördern wir Sie durch die Öffnung, durch die wir gekommen sind.«
»Ihr … ihr kommt aus dem Dschungel?« stammelte der Raytaner.
Statt einer Antwort fragte Rhodan: »Wie heißen Sie?«
»Croyoro.«
Rhodan ließ ihn los. »Hören Sie zu, Croyoro«, sagte er bedächtig. »Wir sind auf der Flucht, das haben Sie richtig erraten. Wir brauchen einen Unterschlupf. Den müssen Sie uns gewähren. Wir wollen nicht lange bleiben, vielleicht sind Sie uns schon in einem Tag wieder los. Wenn Sie aber vorhaben, uns zu verraten, dann werden es alle erfahren, daß Sie ein Loch in die Wand geschlagen haben, um mit Frischluft versorgt zu werden …«
»Das ist kein Verbrechen«, beharrte Croyoro trotzig.
»Was ist mit dem Wasser, das Sie aus der Leitung abzapfen?« fragte Rhodan und stellte zufrieden fest, wie der Raytaner zusammenzuckte. »Und wie viele Ihrer Nachbarn haben denn eine Wohnung mit Frischluftzufuhr? Wenn die von Ihrem Luxus erfahren, dann sind Sie Ihre Wohnung los, bevor Sie wissen, wie Ihnen geschieht. Verstehen wir uns, Croyoro?«
Der Raytaner nickte eingeschüchtert. »Die anderen ahnen bereits etwas von meinem Geheimnis. Eines Tages werden sie mich beseitigen und meine Wohnung beschlagnahmen …«
»Solange wir hier sind, passiert Ihnen nichts«, sagte Rhodan. »Betrachten Sie uns als Ihre Beschützer.«
»Aber zu viert in diesem kleinen Raum …«
»Es wird nur für kurze Zeit sein«, versicherte Rhodan. »Danach verschwinden wir aus Ihrem Leben, und Sie werden nie mehr wieder von uns hören.«
29.
Sie erfuhren von Croyoro, daß er früher eine größere Wohnung in einem vornehmeren Bezirk bewohnt hatte. Aber die Luft und die Wasserversorgung waren dort unter jeder Kritik. Durch Zufall war er auf einen uralten Bauplan gestoßen und hatte entdeckt, daß diese Wohnung, die einem Freund gehörte, an eine Außenwand grenzte und daß durch die Decke ein Wasserleitungsrohr führte.
Es war leicht, seinen Freund zu einem Wohnungstausch zu überreden, denn wem bot sich schon so schnell die Gelegenheit, ein Loch wie dieses gegen einen doppelt so großen Raum in einem vornehmeren Bezirk einzutauschen?
Croyoro hatte gleich nach dem Einzug das Loch in die Mauer gestemmt und die Wasserleitung angezapft. Er mußte dabei vorsichtig vorgehen, denn seine Nachbarn durften nichts davon merken. Er durfte auch nicht zuviel Wasser ableiten, denn sonst hätte man die schadhafte Stelle anpeilen können – und er wäre geliefert gewesen.
Das Loch in der Wand verhalf Croyoro zwar zu unbezahlbarer Frischluft, aber es hatte auch seine Nachteile. Erstens wurde nun die Luft in dem Trakt, in dem er wohnte, ganz allgemein besser, was unzählige Neider auf den Plan rief. Zweitens … Croyoro entblößte seinen Körper und zeigte, daß sein Moospelz überall winzige rote Punkte aufwies.
Rhodan und seine beiden Begleiter erfuhren in dieser Nacht, woher die roten Punkte stammten. Kaum hatten sie das Licht ausgemacht, als handtellergroße und chitingepanzerte Käfer durch das Mauerloch in die Wohnung kamen und sich auf sie stürzten.
Zuerst versuchten sie sich gegen diese Invasion zu erwehren, aber nachdem sie von einigen dieser Biester gestochen worden waren, erlahmte ihr Widerstand.
Rhodan hatte zuvor das Mauerloch provisorisch verstopft und nur einen kleinen Spalt offengelassen. Am nächsten Morgen
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