Silberband 079 - Spur des Molkex
Der Felsklotz, den die Terraner Wabe 1000 nannten, existiert nicht mehr. Was wir damit ausgerichtet haben, bleibt fraglich. Wahrscheinlich befanden sich die Mutantengeister längst nicht mehr dort, als unsere Einheiten angriffen.«
Hotrenor-Taak machte ein nachdenkliches Gesicht. Aber sein Stellvertreter erwies sich als hartnäckig.
»Was wird«, wiederholte er, »wenn sich herausstellt, dass der Mutant nichts Wichtiges weiß?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete der Verkünder der Hetosonen gedankenabwesend. »Ich glaube nicht an diese Möglichkeit, und wenn sie doch zur Wirklichkeit wird, dann muss man sehen …«
Er beendete den Satz nicht, sondern ließ die Worte einfach in der Luft hängen. In diesem Augenblick fasste Laafnetor-Breck seinen Entschluss.
10.
Ich war wieder ich!
Ich existierte in dem Körper eines Laren, in Hotrenor-Taaks Körper, und war sicher, dass ich es hier bis an mein Lebensende aushalten konnte. Mein Bewusstsein besaß zu dem parastrukturellen Gefüge des Larenkörpers eine Affinität, die der Affinität zum PEW-Metall glich, wenn es sie nicht überstieg. Ich war hier gut aufgehoben.
So weit zu meinem ›körperlichen‹ Befinden. In jeder anderen Hinsicht ging es mir ausgesprochen schlecht. Ich war zum Sklaven degradiert. Der Lare erlaubte mir nicht die geringste Bewegungsfreiheit, und mit seinem dominierenden Geist verursachte es ihm keinerlei Mühe, die Schranken rings um mich herum so eng zu setzen, dass ich mich nicht zu rühren vermochte. Ich hatte keinerlei Einblick in sein Bewusstsein. Ich hatte keine Ahnung, was draußen in der Welt vor sich ging, wo der Lare – und damit ich – sich befand. Wenn ich überhaupt etwas erfuhr, dann erfuhr ich es durch einen Gnadenakt: Er, der Verkünder der Hetosonen, war so gnädig, mir eine Hand voll Informationen zukommen zu lassen.
Es war im Grunde dieselbe Lage wie damals, als ich in Leticrons Körper gefangen war. Nur war Hotrenor-Taak ein noch mächtigerer Gefangenenwärter, und meine Hoffnungen, ihm bald wieder zu entkommen, waren entsprechend gering.
Immerhin hatte ich inzwischen die wichtigsten Einzelheiten jener Ereignisse erfahren, die sich abgespielt hatten, während ich – nun, nicht ich selbst war. Der Begriff ›Hyptons‹ war mir nahe gebracht worden. Ich verstand, dass die Hyptons eine Gemeinschaftsintelligenz waren und dass mein Bewusstsein, als es sich mit der Menge der bleichen, von der Decke hängenden Körper vereinigte, in Hunderte von kleinen Bruchstücken aufgespalten worden war. Rückwärts blickend schauderte ich vor der Größe der Gefahr, in die ich mich da ahnungslos begeben hatte. Aber eines konnte ich nicht vergessen: die Wärme, die Güte des Fluidums, das von den Hyptons ausging. Es verbarg sich hinter ihnen etwas, wovon weder ich noch Hotrenor-Taak eine Ahnung hatten. Sie mussten ein uraltes Volk sein, älter vielleicht noch als die Welt selbst, von der sie kamen. In ihnen ruhte die Weisheit der Jahrmilliarden, und ich zweifelte daran, dass ihre Funktion sich darauf beschränkte, Mitglieder des Hetos der Sieben und Ratgeber der Laren zu sein.
Hotrenor-Taak hatte auch keinen Hehl daraus gemacht, wie er schließlich in den Besitz meines Gesamtbewusstseins gelangt war. Ich schauderte abermals. Er hatte bedenkenlos fast eintausend Pariczaner massakrieren lassen, nur um das Bewusstsein eines terranischen Mutanten gefangen zu setzen! Und dennoch, spürte ich, empfand er sein Vorgehen nicht als verwerflich. Es war für ihn einfach etwas, das er hatte tun müssen.
Diese Informationen kamen zu mir nicht etwa im Ganzen. Hotrenor-Taak öffnete sein Visier jeweils nur für wenige Sekunden. Die Kenntnisse dessen, was sich rings um mich abgespielt hatte, wurden mir Stück für Stück vermittelt, bis sich das Bild zu runden begann und ich verstand, was wirklich geschehen war. Ich bemerkte, dass der Lare sich mir von Mal zu Mal länger offenbarte – beim ersten, zaghaften Versuch nur für die Dauer von zwei oder drei Sekunden, dann zehn oder 15 und schließlich fast eine Minute. Ich hatte den Eindruck, er wolle mir Zeit lassen, mich an den Zustand des Gefangenseins zu gewöhnen. Er hatte einen Plan, den er vorläufig noch sorgfältig geheim hielt. Er hatte diese Treibjagd nicht nur veranstaltet, um sich anderen gegenüber brüsten zu können, er trage das Bewusstsein eines terranischen Mutanten in sich, er war auch auf meine Gabe der Teleportation nicht angewiesen.
Er wollte etwas. Und beizeiten würde er
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