Silberband 079 - Spur des Molkex
Transfer unbewusst geschehen?
Meine Lage war noch immer alles andere als rosig. Ich spürte deutlich, dass der Überschwere, in dessen sterblicher Hülle ich Zuflucht gefunden hatte, über keine besondere geistige Kapazität verfügte. Aber es war eben nur ein Spüren, kein Sehen. Ich konnte nicht in sein Bewusstsein blicken, und noch viel weniger hatte ich die Hoffnung, seinen Verstand überwältigen zu können. Es fehlte noch immer etwas. Ich war nicht mein altes Selbst.
Aber es ging aufwärts. Ich würde bald wissen, woran ich mit mir war!
Nur Laafnetor-Breck wusste, dass der Verkünder der Hetosonen das Flaggschiff verlassen hatte. Er war gegangen, um sich die Beute zu holen, um die er so hart hatte kämpfen müssen. Er hatte seinem Stellvertreter nicht mitgeteilt, wie er die Jagd nach dem Bewusstsein des terranischen Mutanten zu Ende führen würde. Aber Laafnetor-Breck wusste genug von der Taktik, die er bisher angewandt hatte, um daraus folgern zu können, wie der Rest sich abwickeln würde.
Hotrenor-Taak materialisierte mit dem Scheibenboot auf einer Dschungellichtung. Ein unhörbares Signal rief einen Roboter herbei. Er hatte die Form eines ein Meter langen Eies und war mit diversen Greifwerkzeugen ausgerüstet. Er schwebte auf einem künstlichen Schwerefeld.
»Führe mich!«, befahl Hotrenor-Taak.
Der Roboter schwebte davon. Er bewegte sich gerade so schnell, dass der Lare ihm bequem folgen konnte. Den Befehl hatte er aufgrund seiner Programmierung verstanden: Hotrenor-Taak verlangte, die Überlebenden des Massakers zu sehen.
Der Weg führte durch das Unterholz des Dschungels. Hier und dort hatten die Energiewaffen der larischen Roboter schwarze Gassen in das Gestrüpp gerissen. Manchmal musste Hotrenor-Taak über die Leiche eines ermordeten Überschweren steigen.
»Hier!«, sagte der Roboter und sandte einen grellen Lichtstrahl voraus in eine kleine, trichterförmige Senke. Sie war am oberen Rand mit Gebüsch, auf dem sanft geneigten Hang jedoch nur mit Gras bewachsen. Auf dem Grund lag ein Pariczaner und starrte den Laren aus schreckgeweiteten Augen an. Er war nicht bewusstlos, nur gelähmt. Ein Paralyseschuss, den die Roboter ihm verpasst hatten, nachdem er aus seiner Gruppe ausgesondert worden war, hatte seine Muskeln erstarren lassen. Er konnte sich nicht rühren. Nur seine Stimmwerkzeuge waren noch halbwegs intakt. Vor Furcht stieß er ein röchelndes Stöhnen aus.
Hotrenor-Taak sprach nicht zu ihm. Er zog die Waffe und drückte ab. Der Körper des Pariczaners verging in einem Glutball. Der Lare stand stumm, die Augen halb geschlossen, und horchte in sich hinein. Nach wenigen Augenblicken erschien der Ausdruck der Befriedigung auf seinem Gesicht. Er spürte die Anwesenheit eines fremden Bewusstseins in seinem Innern. Es war ein schwaches Bewusstsein, das er mühelos in Ketten zu legen verstand, so dass es kein Eigenleben zu entwickeln vermochte. Das war im Augenblick noch nicht notwendig. Aber die Ketten waren so gearbeitet, dass sie auch andere Bruchstücke des fremden Bewusstseins umfangen würden, sobald er sie in sich aufnahm. Und der Mutantengeist in seiner Gesamtheit, das wusste der Lare aus eigener Erfahrung, war ein nicht zu unterschätzender Gegner.
Die Nacht war längst hereingebrochen, als Hotrenor-Taak zu seinem Flaggschiff zurückkehrte. Laafnetor-Breck hatte auf ihn gewartet.
»Ich erkenne an der Heiterkeit deiner Miene«, sagte er, »dass du Erfolg gehabt hast.«
»Ja, mein Freund, ich bin erfolgreich gewesen!«, bestätigte Hotrenor-Taak mit einem Überschwang, den er noch nie zuvor an den Tag gelegt hatte.
»Du besitzt den Terraner?«
»Ich besitze ihn.«
»Was wirst du nun mit ihm anfangen?«
»Ich werde ihn verhören. Aber das hat noch Zeit. Er muss sich erst daran gewöhnen, dass er mein Gefangener ist.«
»Und wenn er nichts weiß?«
Diese Frage hatte Hotrenor-Taak nicht erwartet. »Warum sollte er nichts wissen? Er war eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Solaren Imperiums, wie wir erfahren haben.«
»Das war vor langer Zeit. Jahrhundertelang irrte er als Geist durch das Nichts, und als er endlich wieder zum Vorschein kam, sperrten ihn seine Freunde in einen Felsklotz, der von Adern eines seltenen Metalls durchzogen wurde. Denselben Klotz, den unsere Schiffe auf deinen Befehl hin vernichtet haben.«
Hotrenor-Taak war froh, auf ein anderes Thema überwechseln zu können. »Wir haben Meldung erhalten?«
»Ja, die Meldung kam, als du dort draußen warst.
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