Silberband 095 - Mensch aus dem Nichts
natürlich komplett. Sie wissen, was ich meine?«
»Natürlich, Roctin-Par. Sie müssen aber warten. Es gibt zu tun für mich. Haben Sie so viel Zeit?«
»Ich werde auf Sie warten, Kaiser. Melden Sie sich, sobald Sie Ihre Aufgabe erledigt haben!«
Der Vario schaltete ab. Während des Tankvorgangs hatte ihn ein Signal seines Alarmsystems erreicht. Endlich hatte er den Fremden gefangen, der sich im Labyrinth herumtrieb. Erst wollte der Vario diesen Mann überprüfen, danach würde er Olymp verlassen. Denn es war nur eine Frage der Zeit, bis das erste Larenkommando erschien.
Hotrenor-Taak ging unruhig auf und ab. Die Nachrichtenlage war nicht besser geworden. Die Mastibekks streikten weiterhin, und das Problem der eigenen Energieversorgung für die SVE-Raumer war weiterhin nicht gelöst. Eine Welle von Schwierigkeiten zeichnete sich ab, die sich immer höher auftürmte.
»Was gibt es Neues von Olymp?«, fragte er einen Untergebenen. »Wurde endlich versucht, mit den Mastibekks Kontakt aufzunehmen?«
»Von Olymp ist keine Meldung eingetroffen, Verkünder!« Der Mann redete zögernd, denn Hotrenor-Taak war der Ärger deutlich anzusehen, und es war nicht ratsam, ihn in diesem Zustand mit schlechten Nachrichten zu behelligen.
»Was glauben diese Burschen eigentlich? – Wer ist Kommandant auf Olymp?«
»Nitrylar-Huth, Verkünder. Bisher keine auffälligen Einträge in seiner Personaldatei.«
»Es wird bald einen geben«, drohte Hotrenor-Taak. »Ist ein Schiff startklar?«
»Wir haben noch einen Raumer mit vollen Reserven. Soll ich ihn abrufen?«
Hotrenor-Taak vollführte eine zustimmende Geste. »Ich werde mir die Angelegenheit selbst ansehen.« Seine Wut war kaum verhohlen. »Olymp hat uns immer schon Ärger gemacht, ich werde dafür sorgen, dass es keine Störungen mehr geben kann. Vor allem muss dieser Kaiser Argyris endlich gefangen werden. Er ist einer unserer hartnäckigsten Opponenten.«
Hotrenor-Taak lächelte boshaft.
»Ich werde ihm das Opponieren austreiben!«
Kershyll Vanne blieb nichts anderes übrig, als sich mit seiner Gefangenschaft abzufinden. Der enge Energiekäfig war nicht zu überwinden. Deshalb spielte es keine Rolle, ob er selbst den Körper lenkte oder Jost Seidels Drängen nachgab.
Der Junge – in dem Moment war seine hohe wissenschaftliche Qualifikation schwer zu glauben – hatte in einer Tasche ein Messer gefunden und kratzte mit der Klinge mehrere Quadrate auf den Steinboden. Ihm war langweilig. Gleich darauf hüpfte er auf einem Bein von Quadrat zu Quadrat.
»Das habe ich aus einer historischen Aufzeichnung über Spiele und Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen«, sagte er, als müsse er sich dafür entschuldigen.
Jost Seidel war so vertieft, dass er heftig zusammenzuckte, als ihn jäh eine heisere Stimme anredete: »Na endlich, jetzt habe ich dich. Was willst du hier, Bursche?«
11.
Zum zweiten Mal in einer verhältnismäßig kurzen Zeitspanne hatte der Vario Schwierigkeiten, die einlaufenden Informationen sachgerecht zu interpretieren. Er hatte den Eindringling gefangen, aber was tat dieser? Der Gefangene hüpfte nach den Regeln eines jahrtausendealten Kinderspiels durch die Gegend und sang dazu. Als der Vario den Gefangenen anredete, erschrak der heftig und sagte völlig verblüfft: »Entschuldigen Sie bitte, war ich zu laut?«
»Sind Sie von Sinnen?«, fragte Hathor Manstyr schrill.
Die Gesichtszüge des Fremden veränderten sich leicht. Während das Gesicht immer noch von harter Entschlossenheit gezeichnet war, trat in die Augen ein milder Schimmer. »Ich heiße Kershyll Vanne, und Sie?«
»Hathor Manstyr«, antwortete der Robotkaiser programmgemäß. »Was suchen Sie hier?«
Der Gefangene besaß die Unverschämtheit zu lächeln. »Das weiß ich nicht«, log er. »Es ist mir ein Rätsel, wie ich hierher gekommen bin.«
»Sie werden mir trotzdem verraten müssen, wie Sie den Zugang in mein Reich gefunden haben. Ich kann Schnüffler nicht leiden …« Ein Hustenanfall schüttelte den Alten.
Kershyll Vanne machte einige Schritte auf ihn zu. »Kann ich helfen?«
Manstyr richtete sich auf und zog mit zitternder Hand seine Waffe. »Bleiben Sie mir vom Leib, Vanne! Ich möchte wissen, was mich daran hindern sollte, Sie einfach niederzuschießen. Dies ist mein Reich, hier hat außer mir niemand etwas zu suchen.«
»Sie würden Schwierigkeiten mit den Behörden bekommen«, sagte Vanne sanft. Abrupt änderte er seine Stimmung, und schon erklang es rau:
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