Silberband 106 - Laire
loowerischen Zivilisation angehörte, der sich nur zu dem Zweck entwickelt hatte, regelmäßig den Impuls des Auges zu empfangen. Das verlieh seinem Leben den Anschein von Sinnlosigkeit.
Der Planet, auf dem die Loower das Auge versteckt hatten, gehörte zu einem Sonnensystem, das 226.000 dieser Planetenjahre benötigte, um innerhalb der Galaxie eine volle Rotation auszuführen. Nachdem ein solcher Zeitraum verstrichen war, strahlte das Auge einen auf Alkyra-II gerichteten Impuls ab, dann wussten die Loower, dass es sich unbeschädigt in seinem Versteck befand.
Der letzte Impuls war zeitgemäß lange vor Muden-Sprengans Geburt erfolgt, und der nächste würde erst lange nach seinem Tod ankommen. Auch dieser Umstand war ein Teil der Leere, die der junge Loower empfand. Er wusste, wofür er lebte, aber er konnte diesen Sinn gefühlsmäßig nicht begreifen. Das änderte sich auch nicht, wenn er daran dachte, dass unzählige Loower unter der Führung von Quellmeistern unterwegs waren, um die zu dem Auge passende Materiequelle zu finden. Diese Geschehnisse, von denen er nur vom Hörensagen wusste, waren unendlich weit entfernt, sie ereigneten sich in räumlichen und zeitlichen Abständen, die kaum übersehbar waren.
Muden-Sprengan fühlte sich als bedeutungsloser Bestandteil einer unüberschaubaren Maschinerie, und er wusste, dass es vielen Artgenossen genauso erging.
Er steuerte seinen neunrädrigen Sumpfwagen auf die Schleuse eines der neun Türme zu. Die Zahl Neun spielte im Leben der Loower eine immer größere Rolle, seit einer der Quellmeister herausgefunden hatte, dass die gesuchte Materiequelle neun Auslässe besaß. Die Loower wussten außerdem, dass einer dieser neun Auslässe in rhythmischen Abständen strahlte, und hatten die Intervalle ihrer kosmischen Leuchtfeuer entsprechend eingestellt. (In terranischen Zeitbegriff umgerechnet, betrug der Abstand zwischen zwei Impulsen dreiundzwanzig Stunden und achtzehn Minuten.)
Vor der Schleuse hielt Muden-Sprengan an und identifizierte sich bei den Wächtern. Diese Vorsicht war geboten, weil vermutet wurde, dass es auf Alkyra-II Wesen mit paranormalen Fähigkeiten gab.
Muden-Sprengan arbeitete als Gehilfe eines Waffenschmieds, eine interessante und abwechslungsreiche Arbeit, die ebenfalls dem großen Ziel untergeordnet war. Die Waffenschmiede betrieben die Herstellung eines Großroboters, den die Loower in Krisensituationen einzusetzen gedachten.
Der junge Loower durfte passieren und fuhr mit dem Sumpfwagen an den überall liegenden Trümmern vorbei ins Zentrum der Neunturmanlage. Die besondere Art, ihre Unterkünfte einzurichten, sollte die Loower im Fall einer Entdeckung durch die Mächte von jenseits der Materiequellen schützen und den Gegner glauben lassen, dass die Loower ausgestorben waren. Muden-Sprengan bezweifelte, ob der gewünschte Effekt im Ernstfall erzielt werden konnte. Das Ganze schien ihm mehr ein psychologischer Trick zu sein.
Manchmal fragte sich der Schmiedgehilfe, ob die befürchtete Gefahr wirklich bestand. Seit dunkler Vergangenheit fühlten die Loower sich bedroht, aber es war nie zu einem Angriff gekommen.
Muden-Sprengan hielt den Sumpfwagen an und nahm den Beutel mit Grolsand vom Rücksitz, den er im Auftrag des Schmieds im Allartal geholt hatte. Um ihn herum herrschte rege Geschäftigkeit. Er watschelte quer durch eine Schneise und legte den Beutel an einer umgestürzten Säule ab. Dann hockte er sich auf das brüchige Metall und wartete, dass Kemen-Ortep, der Schmied, kommen würde. Sie hatten sich hier verabredet, weil Kemen-Ortep den Grolsand für private Experimente brauchte und nicht wollte, dass er in die Werkstatt geliefert wurde.
Während Muden-Sprengan auf den Schmied wartete, überlegte er, wie er den scheinbar vorgegebenen Verlauf seines Lebens beeinflussen könnte. Diese Frage beschäftigte ihn in letzter Zeit häufiger, obwohl er wusste, dass er niemals eine Antwort darauf finden würde. Seine einzige Hoffnung war, dass ein Quellmeister die richtige Materiequelle rechtzeitig finden würde. Dann würden die Loower das Auge aus seinem Versteck im Boden des dritten Planeten einer namenlosen Sonne holen und den Flug durch die Materiequelle wagen. Es war leider unsinnig, anzunehmen, dass dieses Ereignis ausgerechnet zu Lebzeiten Muden-Sprengans stattfinden würde. Zu viel Zeit war seit dem Beginn der Suche schon verstrichen.
Er war so in Gedanken versunken, dass er den Schmied nicht herankommen hörte. Erst als Kemen-Ortep
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