Silberband 110 - Armada der Orbiter
gebrannt.«
Homer Gershwin Adams wartete ab, bis Tifflor Luft holen musste, dann sagte er beschwichtigend: »Ich habe nie daran gezweifelt, Tiff. Ich wollte dir auch nur klarmachen, dass inzwischen von jedem dieser Verbrecher drei und mehr Ausgaben verhaftet wurden. Vor drei Tagen konnten wir noch mit Fug und Recht an ein zufälliges Auftreten zweier Doppelgänger glauben. Heute sieht das allerdings ganz anders aus.«
Tifflor nickte. Nervös schritt er in seinem Kommandoraum in Imperium-Alpha auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt und einen bitteren Zug um den Mund. Nach einer Weile blieb er vor Adams stehen.
»Jemand hat also organisch verkleidete Roboter oder Androiden nach dem Muster der sieben letzten Flibustier hergestellt und uns in die Hände gespielt. Aber wer tut etwas so Unsinniges, Homer? Und warum?«
»Noch können wir nicht beurteilen, ob es unsinnig ist oder nicht«, erwiderte Adams. »Wir kennen den Plan nicht, der sich dahinter verbirgt. Wer das Kapital, die wissenschaftlichen und technischen Mitarbeiter und das Produktionspotenzial hat, solche Doppelgänger herzustellen, der wird das nicht aus reinem Spieltrieb tun.«
»Margor?«, überlegte Tifflor laut.
Adams wiegte nachdenklich den Kopf. »Boyt Margor könnte theoretisch dahinterstecken. Seine krankhaft-geniale kriminelle Begabung würde ihn dazu befähigen, ein neues Spiel gegen uns mit einem solchen Schachzug zu eröffnen. Aber das ist eine reine Spekulation. Wir brauchen handfeste Beweise – und da können uns nur die Vernehmungen der Doppelgänger helfen.«
»Wann treffen die ersten beiden ein?«
Adams blickte auf die Zeitanzeige seines Kombiarmbands.
»Das Inspektionsschiff, das Kayna Schatten und Markon Treffner von der DINO IX bringt, müsste inzwischen gelandet sein. Das Schiff von Eispanzer wird ein paar Stunden später eintreffen. Auf die Kayna Schatten und den Axe von Crish werden wir noch einen Tag länger warten müssen.«
Tifflor ging zum Waffenschrank, nahm den Gürtel mit Impulsstrahler und Paralysator heraus und schnallte ihn um.
»Gehen wir zum Empfang der Piraten!«, sagte er.
»Sie können die Gefangenen beobachten, bevor Sie mit ihnen reden«, sagte Rodnay Jigger, der Leiter des Labortrakts in Imperium-Alpha und von Beruf Psycho-Kybernetiker.
Als Tifflor und Adams nickten, schaltete er die Übertragung ein. Der Trivideo-Scheinkubus zeigte den Blick in einen Verwahrraum mit der üblichen dürftigen Einrichtung: zwei Spinde, ein Tisch, zwei Stühle und zwei gepolsterte Liegen.
Auf einer der Liegen hatte sich eine knabenhaft wirkende Frau ausgestreckt. Ihre Haut schimmerte in einem hellen Rotbraun, das im Nacken zu einem Knoten geschlungene Haar war tiefschwarz. Die großen dunklen Augen und die vollen Lippen verliehen dem ovalen Gesicht einen beinahe engelhaften Ausdruck.
»Das also ist Kayna Schatten – vielleicht«, kommentierte Tifflor nachdenklich. »Wenn ich sie so ansehe, kann ich mir kaum vorstellen, dass sie zur Führungsspitze einer Mörderbande gehört.«
Auf der zweiten Liege kauerte ein hochgewachsener dürrer Mann in mittlerem Alter. Der eiförmig schmale Kopf mit der hohen Stirn und der kahlen Schädeldecke verriet den Ara. Die Galaktischen Mediziner betrieben seit Jahrtausenden medizinische Forschung, hatten unzählige hochwirksame Medikamente entwickelt – aber auch Drogen und mehr der unangenehmen Dinge – und genossen bei den galaktischen Zivilisationen einen legendären Ruf.
»Kein Zweifel, er gleicht Markon Treffner wie ein Ei dem anderen«, sagte Tifflor.
Er wandte sich an Rodnay Jigger: »Haben Sie schon mit den beiden gesprochen, Professor?«
»Sie haben nicht darauf reagiert.« Jigger lächelte freudlos.
»Bitte lassen Sie die Häftlinge in den Verhörraum führen!«
Jigger erteilte eine entsprechende Anweisung.
Als zwei Roboter die Gefangenen in den Verhörraum führten, warteten Tifflor und Adams bereits dort. Eindringlich musterte der Erste Terraner die Flibustier. Das ungleiche Paar ließ seine und Adams' Blicke mit ausdrucksloser Miene über sich ergehen.
»Sie sind also Kayna Schatten«, wandte sich Tifflor an die Frau.
Sie ließ nicht erkennen, ob sie seine Frage überhaupt wahrgenommen hatte.
»Was versprechen Sie sich von Ihrem Schweigen?«, fragte Tifflor. »Wir wissen, wer Sie sind, und wir kennen Ihre Verbrechen. Die meisten davon werden auch ohne Ihre Mitarbeit zu beweisen sein, sodass Ihnen die Höchststrafe sicher ist.«
Als Kayna Schatten
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