Silberband 116 - Der Auserwählte
beibehalten wurde, war die Dauer der Linearphase auf knapp zwanzig Minuten angesetzt.
Während dieser Zeit waren Nymans Messgeräte ohne Funktion. Lyn benützte die Gelegenheit, um einige Fragen loszuwerden.
»Wenn rings um uns das Raum-Zeit-Gefüge und die Materie wirklich mehrfach degeneriert sind, warum kommt uns das Ganze dann so verflixt normal vor?«
»Weil wir uns ebenfalls im Zustand dieser Degeneration befinden«, antwortete Nyman. »Immerhin gibt es zu denken, dass uns die Umwelt hier wesentlich normaler vorkommt als auf der anderen Seite der Nyman-Grenze, wo die Verhältnisse nach unserer Vorstellung weniger verzerrt sein sollten als hier. Sie erinnern sich an die merkwürdigen Ereignisse, als Sie von Ihrem Außenposten zur BASIS zurückkehrten?«
Lyn erinnerte sich lebhaft. »Wir flogen im Kreis. Einmal lief die Zeit sogar rückwärts; ich sprach aus meinem eigenen Hyperempfänger zu mir selbst.«
Hamillers Assistent lächelte. »Ich glaube nicht, dass wir es mit einer Umkehr des Zeitablaufs zu tun hatten. Eher scheint es so gewesen zu sein, dass die beiden Serien von Hyperfunkimpulsen sich teilten. Ein Teil erreichte direkt das Ziel, der andere lief im Kreis herum und landete nach einer gewissen Zeit wieder in Ihrem Empfänger.«
Lyn verzog den Mund. »Sie verderben mir aber auch jeden Spaß«, sagte sie ärgerlich. »Was wäre das für ein Bericht gewesen: Beibootkommandantin erlebt Zeitumkehr!«
»Geben Sie die Hoffnung nicht auf!«, riet Nyman. »Nach meiner Schätzung kommt das Ungewöhnlichste noch auf uns zu.«
Wenige Minuten später verließ die MEMPHIS den Linearraum. Die Barys-Objekte, die vor Beginn der Linearphase in eintönigem Mittelgelb geleuchtet hatten, schillerten jetzt in allen Farben des Spektrums.
Als die neue Expedition aufbrach, inspizierte Perry Rhodan die Installation eines Großversuchs. Es ging darum, zu ermitteln, ob mit den Methoden der konventionellen Physik das Zentrum der Barys, also der vermutete Standort der Materiequelle, angemessen werden könne.
Als er das mehrere hundert Quadratmeter große Versuchsgelände verließ, stolperte Rhodan und wäre zu Boden gestürzt, wenn ihn nicht
einer seiner Begleiter geistesgegenwärtig aufgefangen hätte. Der Aktivatorträger hing mehrere Sekunden lang schlaff in den Armen seines Helfers. Dann straffte er sich und löste sich aus dem stützenden Griff.
»Was war das?« Verwunderung lag in Rhodans Blick.
»Ich glaube, Sie waren einen Moment lang bewusstlos«, sagte der Mann, der ihn aufgefangen hatte.
»Muss am Kantinenessen liegen.« Rhodan versuchte, den Zwischenfall humorvoll abzutun.
Ein anderer seiner Begleiter hatte allerdings schon den Vorschriften gehorchend Meldung gemacht. Es dauerte keine Minute, da erschienen mehrere Mediker. Rhodans Protest blieb wirkungslos. Er musste sich einem Transportroboter anvertrauen, der ihn in die nächste Krankenstation brachte.
Die Untersuchung nahm einige Zeit in Anspruch. Rhodans persönlicher Arzt, Pol Ekland, war hinzugezogen worden. Perry Rhodan ruhte bequem in einem Möbelstück, das halb Liege und halb Sessel war, als Ekland eintrat.
»Ich will hier raus!«, knurrte der Terraner.
»Du bist viel gescheiter, als du dich anstellst, Perry«, sagte Ekland. »Du weißt, dass einem Aktivatorträger solche Dinge normalerweise nicht zustoßen. Also solltest du die Sache ernst nehmen.«
»Dann sage mir gefälligst, was mir fehlt.«
»Es gibt Symptome der physischen Erschöpfung, aber sie sind nicht deutlich genug, als dass ich mir damit den Vorfall erklären könnte. Immerhin wirst du dementsprechend behandelt. Du wirst dir in der nahen Zukunft mehr Ruhe gönnen müssen als die läppischen zwei bis drei Stunden pro Tag.«
Rhodan sah den Mediziner nachdenklich an. »Sag mir, was dir durch den Kopf geht, Pol.«
»Weiter nichts als eine Vermutung. Der Zellaktivator ersetzt alles, was der Körper durch Überanstrengung verliert. In deinem Fall sieht es tatsächlich so aus, als hätte das Gerät für den Bruchteil einer Sekunde ausgesetzt. Deshalb schlugen die Erschöpfungssymptome mit aller Gewalt durch, und du bist zusammengebrochen.«
»Wenn das so wäre, dann müssten aber auch die anderen ...«
»Nur einer!«, fiel ihm Pol Ekland ins Wort.
»Atlan?«
Der Arzt nickte. »Ihm erging es genau wie dir. Er sitzt in einer Krankenstation des Kommandozentrums.«
Payne Hamiller hätte nicht sagen können, wie oft er während seiner Arbeiten zu den Holos aufgesehen und während
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