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Silberfischchen

Titel: Silberfischchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger-Maria Mahlke
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dem Mülleimer, hoben ihn drohend über ihren Kopf. Er sah das rote Dreieck,
     das der Mülleimer in seine Stirn riss, sah sich nach hinten kippen, die Augen verdreht. Er wäre nicht in der Lage, sie festzuhalten,
     niederzudrücken, unten zu halten, bis sie still genug lag. Mit dem Lastwagen gefahren. Er schüttelte den Kopf.

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    |73| 7.
    Er war wach, als sie klopfte, er hatte sie erwartet. Saß aufrecht im Bett, die Haare mit den Fingern zurückgestrichen, hatte
     getrockneten Speichel aus seinen Mundwinkeln gerieben, die gelben Klümpchen aus den Wimpern. Sie drückte die Klinke nicht
     herunter, wartete im Flur auf eine Antwort.
    »Bitte«, sagte er, und als sie sich nicht rührte, »es ist offen.«
    Sie stand im Türrahmen, ohne Tablett, ihre Hände hingen rechts und links herab.
    »Guten Morgen«, er bemühte sich zu lächeln.
    »Frühstück ist fertig«, sagte sie.
    »Stellen Sie es auf den Nachtschrank.«
    Er schob die Lampe nach hinten, die Taschentücher fielen in den Spalt zwischen Schrank und Wand, er würde sie später bitten,
     sie wieder herauszuholen.
    »In der Küche«, sagte sie, »wir frühstücken in der Küche.«
    »Warum?« Sie ging langsam zum Fenster, als hätte sie ihn nicht gehört, zog die Vorhänge auf, der Himmel war grau, kein Regen,
     kein Schnee.
    »So kann ich die Bettwäsche früher abziehen.« Sie sah hinaus, starrte in den verhangenen Himmel, ihre Hände reglos auf der
     Fensterbank.
    |74| »Die Zeitung«, fragte er schließlich.
    Sie wandte sich um, ging zur Tür. »Sie haben auch kein richtiges Tablett«, sagte sie.
     
    Warmes Wasser lief seinen Rücken hinab, er stieß gegen den Duschschlauch, ganz leicht nur, meinte, kurz eine Hand zu fühlen,
     eine Hand auf seinem Rücken. Er senkte den Kopf, Wasser floss rechts und links seine Wangen hinab, floss in seine Ohren, näherte
     sich seinen Augen, er schloss sie nicht. Steckte beide Zeigefinger in die Ohren, lauschte dem gleichmäßigen Rauschen des Blutes,
     bis ihm war, als würde das Wasser durch ihn durchfließen, warm und gleichmäßig.
    Den Rasierpinsel stellte er ins Regal, als er fertig war, Rasierseife, mit Bartstoppeln durchsetzt, lief den Griff hinab,
     bildete eine Lache. Er zögerte, ob er sie wegwischen sollte, er ließ es bleiben.
    Im Regal lag ein Kulturbeutel, türkise und rosa Blüten auf schwarzem Grund. Lag dort, wo vorgestern noch seiner gelegen hatte,
     er wog ihn in der Hand, er war leicht, der Reißverschluss offen. Wimperntusche, Deodorant, ein rosa Cremetiegel, die Etiketten
     mit polnischer Aufschrift. Keine Zahnpasta, eine Pinzette mit Rostflecken, Nagelknipser, ein hellblauer Lippenstift, farblos
     und aus Fett, wie er feststellte. Er überlegte, ob er ihr den Beutel bringen, Sie haben was vergessen, sagen sollte. Er legte
     ihn ins Regal zurück, nahm seine eigene Tasche wieder mit, stellte sie nicht neben ihre. Öffnete das Fenster und lüftete lange,
     ehe er das Bad verließ.
    Jana Potulski war im Flur, stand vor dem Konsolenspiegel, |75| hatte den Kopf gesenkt, ihr Kinn berührte fast ihr Brustbein, und betrachtete ihren Scheitel. Hob den Kopf, als sie ihn aus
     dem Bad kommen hörte.
    »Ich muss wieder färben«, sie nahm das Staubtuch von der Konsole, »die Chefin würde schimpfen«, ging in Richtung Küche, ihre
     Mundwinkel zu einem winzigen Lächeln verzogen.
    »Ihre Chefin schimpft, wenn Sie sich nicht die Haare färben?«, er war erstaunt.
    Sie hielt mitten in der Bewegung inne, ihre Hand schon auf halbem Weg zur Küchentür, wandte den Kopf ein wenig in seine Richtung,
     nicht weit genug, als dass er ihr Gesicht sehen konnte, wandte den Kopf, als würde sie wittern. Stand mitten im Flur und rührte
     sich nicht. Er machte einen Schritt auf sie zu, sie hörte ihn kommen, sie zuckte mit den Achseln, stieß die Tür auf.
    »Sie schimpft, wenn Sie sich die Haare nicht färben?«, wiederholte er.
    Sie öffnete den Schrank unter der Spüle, faltete das Staubtuch mittig und legte es auf die Putzmittel.
    »Menschen sind manchmal seltsam«, sagte sie, als sie sich aufrichtete, und sah ihn nicht an.
    Der Tisch war fertig gedeckt, Marmelade, ein Teller mit Aufschnittröllchen, einer mit Käse, Buttervierecke, Tee.
    »Das Ei ist kalt«, sie stellte den Brotkorb in die Mitte.
    »Meine Zeitung?«
    Die Zeitung lag auf der Fensterbank, er hatte sie beim Hereinkommen gesehen, zog einen Stuhl heran und setzte sich. Frau Potulski
     ging zum Fenster, ließ die |76| Zeitung vor ihn auf den Tisch

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