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Silberfischchen

Titel: Silberfischchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger-Maria Mahlke
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Schlagsalve in den Händen wog, ihre Finger lockerte, sie
     vor dem Zuschlagen wieder fester um das Holz schloss. Der Hammerkopf war mit einer geriffelten Metallplatte verstärkt. Es
     wäre ein Leichtes für sie, ihn mit dem Fleischhammer zu erschlagen.
    Sie drehte sich um, zuckte ein wenig zurück, hatte ihn nicht kommen hören.
    »Tisch decken«, mit dem Kinn deutete sie auf zwei Teller und Besteck, gestapelt auf dem Küchentisch. »Drüben«, sagte sie und
     holte wieder aus. Der Lärm tat weh, er wollte seine Ohren mit den Händen bedecken, stattdessen nahm er den Geschirrstapel
     und trug ihn ins Wohnzimmer.
     
    Seine Oberlippe kribbelte. Es war nicht unangenehm, kitzelte eher, er fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen, das Kribbeln
     blieb. Das Schnitzel schmeckte gut, er träufelte etwas Zitrone über den nächsten Bissen, schob ihn in den Mund. Nicht zäh,
     er kaute, seine Oberlippe kribbelte. Kleine kalte Stiche, winzig kleine Schläge, es fühlte sich an, als hätte er falsch gelegen
     oder falsch gesessen, und ein Bein, ein Arm wäre eingeschlafen, würde nicht ausreichend durchblutet. Nur dass es seine Oberlippe
     war, die kribbelte, er versuchte, eine Grimasse zu machen, seine Lippe fühlte sich kalt an, schwerfällig, als wäre sie fast
     erfroren, als hätte er zu lange im Wind gestanden. Frau Potulski hatte mitten im Fleischschneiden innegehalten und sah ihn
     an. Es war nicht unangenehm, kitzelte vielmehr, er kaute den Bissen zu Ende, schluckte.
    |168| Das Kribbeln breitete sich aus, überzog seine Unterlippe, seine Mundwinkel, bildete bald einen Ring, hinab bis zum Kinn. Sprang
     über auf seine Schulter, wie Flammen übersprangen, nur dass es kalt war. Kleine, kalte Stiche, seinen Oberarm hinab, machten
     nicht am Ellbogen halt, wanderten den Unterarm entlang, bis zu seiner Hand. »Schmeckt es?«
    Er sah auf, Jana Potulski beobachtete ihn.
    »Sie sind bleich«, sagte sie.
    Er schüttelte stumm den Kopf, seine Hand hielt noch immer die Gabel, kühles Metall zwischen seinen kribbelnden Fingern. Er
     umfasste den Griff fester, stach die Gabel erneut in das Schnitzel, als wollte er ihr beweisen, dass alles in Ordnung war,
     hörte die Panade knirschen, die Zinken bohrten sich ins Fleisch. Sah zu, wie die andere Hand mit dem Messer ein Stück abschnitt,
     das Kribbeln schien ihre Funktionstüchtigkeit nicht einzuschränken. Er hob die Gabel, ließ das aufgespießte Fleisch nicht
     aus den Augen, führte die Gabel zum Mund, öffnete die kribbelnden Lippen, öffnete sie ohne Probleme. Er konnte die Panade
     rau auf der Zunge spüren. Sie hatte etwas reingetan. Ins Fleisch gemacht. Der Gedanke kam so plötzlich, dass seine Hand zurückzuckte,
     die Zinken gegen seine Zähne stießen, als er die Gabel aus dem Mund zog. Er beugte sich vor, öffnete den Mund und ließ den
     angekauten Bissen auf seinen Teller fallen.
    »Verbrannt?«
    Sie strich mit dem Messer Püree auf eine aufgespießte Möhre, aß ruhig weiter. Er ließ den Griff der Gabel los, sie fiel laut
     auf den Tisch.
    |169| »Was haben Sie mit dem Fleisch gemacht?«
    Er hob den Arm, wollte seine Oberlippe betasten, der Arm bewegte sich nicht. Er sah hinab, sein Unterarm lag auf dem Tisch,
     die Handfläche seltsam nach oben verdreht, er spannte die Muskeln, meinte zu fühlen, wie sie hart wurden. Der Arm blieb reglos
     liegen. Er konnte ihn sehen, sein Unterarm, seine Hand lagen vor ihm auf dem Tisch, er konnte ihn sehen, bewegen konnte er
     ihn nicht. Nicht einmal ein Zucken, nicht einmal in den Fingerspitzen, ein winziges Zucken, nein, die Hand lag still da, als
     wäre es nicht seine.
    »Salz, Pfeffer, in Mehl gewendet«, sie bewegte ihre Hände, als würden sie etwas umdrehen, »in Ei, in Panade und dann gebraten.«
    Hand
, wollte er sagen, »Utuk«, es hörte sich an wie utuk, stellte er erstaunt fest. Ich kann meine Hand nicht bewegen, »Hesnnnnennenn«,
     etwas stimmte mit seinen Ohren nicht.
    »Was?«
    Frau Potulski sah ihn an, nein, seine Ohren waren in Ordnung. Sie hatte die Augenbrauen hochgezogen, Frau Potulski hatte ihn
     vergiftet. Er konnte keinen Schmerz fühlen, nur das Kribbeln, konzentrierte sich auf seinen Magen, keine Schmerzen, keine
     Krämpfe. Musste herausfinden, was sie genommen hatte. Ein Krankenwagen, er brauchte einen Krankenwagen, öffnete den Mund,
     sog Luft ein, es klang wie ein Stöhnen. Seine Zunge war ein lederner Lappen geworden, taumelte hilflos durch seinen Mund.
    »Sie rutschen«, sagte sie, »Sie

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