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Silberflügel: Roman (German Edition)

Silberflügel: Roman (German Edition)

Titel: Silberflügel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kenneth Oppel
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und Bathsheba hatte von Anfang an Recht gehabt. Es gab nur Nacht und Tag und das Gesetz, und das ist alles, was es je geben wird.
    „Wir werden meine Kolonie finden“, sagte Schatten entschlossen. „Und wir werden die Wahrheit über die Ringe herausbekommen. Über alles.“
    Goth fiel. Der Pfeil steckte tief in seiner Seite, kraftlose Flügel schlugen gegen gefrorene Blätter. Wie ein lebloser Haufen schlug er auf den Boden auf. Vor den Augen verschwamm ihm alles, es war schon anstrengend, nur den Kopf zu heben. Ein letzter Versuch. Wie betrunken bog er den Hals, packte das Ende des Pfeils mit den Zähnen und zerrte daran. Das Geschoss riss sich los und Blut floss aus der Wunde. Seine Lungen japsten nach Luft. Irgendein Gift in dem Pfeil, wie in den Nadeln, die sie in ihn hineingestochen hatten. Geh dagegen an, geh dagegen an. Er war so müde, so schwer.
    Dann Schwärze …
    Trockene Blätter raschelten, der Boden bebte und ein Paar Hände in Handschuhen hoben ihn hoch. Er hielt die Augen geschlossen, aber er war plötzlich wieder vollkommen wach. Er konzentrierte sich auf die Hände, versuchte die Kraft der Finger abzuschätzen, zu erkennen, wo der Griff am schwächsten war. Ein Auge öffnete er einen Schlitz weit und sah, dass der Mann aus dem künstlichen Dschungel auf ihn herabschaute, das Gesicht hinter einem Plastikschirm geschützt.
    Goth schloss sein Auge, holte langsam tief Luft, dann schlug er zu.
    Er breitete die Flügel aus, schlug dem Mann ins Gesicht und erreichte, dass dieser zurückstolperte, dabei gab er überrascht einen lang gezogenen Klageton von sich. Der Griff des Mannes lockerte sich, Goth rang sich los und erhob sich in die Luft. Dann stürzte er sich auf den Gesichtsschutz, krallte sich in das Gewebe, zerriss es und zog es vom Kopf des Mannes.
    Dieser griff nach etwas an seiner Seite, hob es hoch, versuchte zu zielen. Goth stürzte sich mit den Krallen voran auf den Mann herab und kratzte ihm über das Gesicht. Der ließ den Gegenstand fallen und bedeckte mit den Händen die klaffende Wunde in seiner Wange.
    „Zotz verfluche dich!“, schrie Goth, als er sich durch eine Lücke in den Bäumen hoch in die Luft erhob. In einem nahe gelegenen Feld sah er die Flugmaschine am Boden und zwei weitere Menschen, die in den Wald zu dem Mann liefen.
    „Schatten!“, rief er. „Marina! Throbb!“
    „Hier! Ich bin hier!“
    Throbb kam angeflattert, und Goth war beinahe froh ihn zu sehen.
    „Ich dachte, sie hätten dich umgebracht!“, rief Throbb.
    „Es war wieder ein Schlafmittel. Flieg weiter, hier lang, wir werden ihnen entkommen. Wo sind die anderen beiden?“
    Throbbs Augen blinzelten schuldbewusst.
    „Throbb?“
    „Ich weiß nicht.“
    „Warum hast du Marina nicht getötet, wie ich es dir gesagt habe?“
    „Ich dachte, ich hätte …“ Throbb brach ab. „Es war ein Glanzflügel, ganz allein, und ich habe sie getötet, und dann wurde mir klar, dass es nicht Marina war. Und …“ Er verstummte jämmerlich.
    „Was, und, Throbb?“
    „Und der Knirps hat’s gesehen.“
    „Du Idiot“, sagte Goth mit stillem Abscheu. „Kein Wunder, dass er sich so merkwürdig benommen hat. Ich hatte gleich den Verdacht, dass sie abhauen wollten.“
    „Überall waren Pfeile, ich konnte nicht sehen …“
    „Halt’s Maul.“
    „Aber wir brauchen sie nicht“, sagte Throbb. „Wir können jetzt allein den Weg nach Süden finden. Wir werden schneller zum Dschungel kommen, wenn uns die kleinen Fledermäuse nicht behindern.“
    „Wir bräuchten den Knirps. Für meine Pläne.“
    Goth verstummte. Er war wütend. Er hätte es selber tun sollen. Marina töten und es so aussehen lassen, als hätte eine Eule sie erwischt. Dann hätte er Schatten sicher ganz für sich allein gehabt.
    Jetzt war alles vermasselt. Schatten wusste nun, dass sie Fledermausfresser waren. Wie könnte er nur sein Vertrauen zurückgewinnen? Trotzdem würde er jetzt nicht aufgeben. Er würde sich nicht von diesen kleinen Fledermäusen kleinkriegen lassen. Er hatte Zotz sein Versprechen gegeben. Und, so wahr ihm Zotz helfe, er würde nicht scheitern.
    „Wir werden sie verfolgen“, sagte er zu Throbb. „Wir werden sie finden.“

3. Teil

– 15 –
Der Winter
    Es schneite.
    Zunächst fielen die Flocken weich und langsam, und Schatten wedelte um sie herum, fasziniert von ihren raffinierten Mustern. Er erinnerte sich daran, wie er zum ersten Mal in einen Regen geraten war und versucht hatte, zwischen den Tropfen hindurchzufliegen,

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