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Silberlicht

Silberlicht

Titel: Silberlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Whitcomb
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Billy volljährig?«
    »Im Oktober«, antwortete James.
    »In einem Monat schon?«
    »In dreizehn Monaten, leider.« Als er sah, wie sehr mich das bestürzte, fügte er hinzu: »Wir müssen uns anständig verloben.«
    »Machst du mir gerade einen Antrag?«
    Er setzte sich auf mich, seine Knie umspannten meine Beine, und die Bettdecke umhüllte ihn wie ein Zelt. Die plötzliche Kühle ließ mich erschauern. Ich wollte meine Brüste bedecken, doch James ergriff meine Handgelenke und breitete meine Arme aus wie Flügel.
    »Willst du meine Frau werden?«, flüsterte er leise.
    Eine Stimme in meinem Inneren warnte mich: Du bist zu glücklich – bald wirst du aufwachen. Doch ich hörte nicht auf sie. »Ja, ich will«, gab ich ihm zur Antwort.
    Für einen Moment dachte ich, er wolle noch in diesem Augenblick die Verlobung vollziehen, doch sein Blick streifte die kleine Uhr auf dem Schreibtisch. »Wir müssen los.«
     
    In der Küche griff James in seine Hosentasche.
    »Ich habe ein Geschenk für dich.« Er zog eine schmale Scheibe hervor und hielt sie sich wie ein Monokel vors Gesicht. Es war ein Plastikanstecker, auf dem stand: »Du bist mein Zuhause«.
    »Was ist das?«, fragte ich entzückt.
    »Ein Spiel aus dem Englischunterricht«, erklärte James, während er mir den Button ansteckte. »Um den Anstecker zu gewinnen, musste man erraten, von welcher Romanfigur der Satz stammte.«
    Ich erinnerte mich an Mr. Browns Englischunterricht im letzten Jahr. »Smike«, sagte ich.
    »Sehr gut«, antwortete er lachend. »Wir hätten beide gewonnen.«
    Wir nahmen einen Apfel und eine Flasche Wasser aus der Küche und gingen in die Garage. Ich strich über den Anstecker, als wäre er ein magisches Amulett. James griff unter den linken vorderen Kotflügel von Mitchs Auto und holte eine kleine Blechdose hervor, in der ein Schlüssel lag.
    »Was ist Mitch eigentlich von Beruf?«, fragte ich.
    »Er ist Mechaniker.« Gentlemanlike öffnete mir James die Beifahrertür. Ich liebte es, dass das Auto nach Auto roch und nicht so einen sterilen Duft verströmte wie bei Cathy.
    »Sollte man kaum glauben, wenn man sich diesen Blechhaufen anschaut«, sagte James beim Einsteigen. »Es wurde aus diversen Wrackteilen zusammengebaut.«
    »Wie Frankenstein.«
    »Genau.« Er ließ den Motor an und warf mir einen Blick zu. »Du solltest fahren, du brauchst Übung, um die Prüfung zu bestehen.«
    »Ich weiß nicht, wie man fährt.«
    »Du brauchst Jennys Erinnerungen nicht«, sagte James und betätigte den automatischen Garagenöffner. Das Tor hob sich mit einem durchdringenden Quietschen. »Autos haben sich nicht so sehr verändert.« Er deutete nach unten auf die Pedale. »Links ist die Bremse, rechts das Gas.«
    »Das hilft mir auch nicht weiter«, bemerkte ich.
    »Was meinst du damit?« Er schien beinahe verärgert über meine Zurückhaltung. »Durften Frauen zu deiner Zeit nicht fahren?«
    »Das Auto war damals noch gar nicht erfunden«, erklärte ich.
    Fassungslos blickte er mich an, dann krümmte er sich so sehr vor Lachen, dass ich Sorge hatte, er könnte zu atmen aufhören. Sein Gesicht färbte sich rot, Tränen rannen ihm die Wangen hinab.
    »Verzeihung«, sagte ich und versuchte, beleidigt zu klingen. »Machst du dich etwa über mein Alter lustig?«
    Daraufhin lachte er nur noch mehr und bedeutete mir, still zu sein.
    »Tut mir leid«, sagte er japsend und wischte sich die Tränen aus den Augen. Ich reichte ihm ein Stück Apfel, was ihn zu beruhigen schien.
    »War noch nicht erfunden«, murmelte er und biss sich auf die Lippen. Seine Schultern begannen erneut zu zucken.
    James parkte in einer Seitenstraße in der Nähe der Schule.
     
    Als wir zu seinem Schließfach kamen, klingelte es. Scheppernd öffnete er die Metalltür und holte unsere Taschen heraus.
    »Darf ich dir heute Abend einen Besuch abstatten?«, fragte er.
    Beim Gedanken an Jennys Zuhause verdüsterte sich meine Miene. »Ich darf keine Verehrer haben«, antwortete ich. »Ich muss einen Fluchtweg aus den Gefängnismauern finden.«
    »Warum klingt alles, was du sagst, so verlockend?«, flüsterte er.
    »Haben wir morgen nicht nur einen halben Tag Unterricht?«, fragte ich plötzlich.
    Er strahlte. »Das hatte ich ganz vergessen.«
    »Cathy wird mich aber wahrscheinlich früher abholen.«
    »Vielleicht vergisst sie es«, sagte James. »Mitch hat sich beim letzten Mal auch nicht mehr daran erinnert.«
    Ein Mädchen, das etwa neun Meter von uns entfernt stand, erregte meine

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