Silbernes Band (German Edition)
Sobald ich mich für längere Zeit in der Sonne aufhalte, kriege ich einen juckenden Ausschlag. Das ist echt die Hölle!“ Heiðar grinste breit. „Dann warst du wohl auch eins von den blassen Kindern, die im Sommer langärmelige T-Shirts, Mützen und Sonnenbrillen tragen mussten. Hast du dich jeweils auch mit einem Buch in den Schatten gesetzt?“ Rúna nickte zustimmend, und sie lachten über die unerwartete Gemeinsamkeit, die ihnen in Zukunft wohl einige Konflikte ersparte.
„Und wie ist das mit dem Schlafen? Du bist in dieser Beziehung ziemlich menschlich.“ – „Ich bin es gewohnt, nachts zu schlafen, allerdings reichen vier bis fünf Stunden, um mich fit zu fühlen.“ – „Deshalb bist du immer schon putzmunter, wenn ich aufwache.“ Er grinste. „Ich mag es, dir beim Schlafen zuzusehen.“ – „Wie macht das dein Vater? Gräber und Särge sind doch bestimmt auch ein Mythos – schliesslich wohnt er im Hotel?“ – „Ich glaube kaum, dass sich ein Unsterblicher freiwillig in einen Sarg legen würde - Fionn schläft jedenfalls im Bett. Er legt sich jeweils morgens für zwei Stunden hin.“
„Du weißt immer, wo ich bin. Kannst du mich so gut hören oder riechen?“ - „Ich kann deinen Herzschlag aus einiger Entfernung hören. Hier in der Wohnung ist es ganz einfach, ich weiss automatisch, in welchem Raum du dich aufhältst. Wenn du in einem grösseren Gebäude mit mehreren Menschen bist und ich draussen dem Verkehrslärm ausgesetzt bin, muss ich mich ziemlich konzentrieren und kann dein Herz nicht in jedem Fall hören. Dann verlasse ich mich zusätzlich auf meinen Geruchssinn, um dich zu finden. Ich kann deiner Fährte auch noch nach einiger Zeit folgen, ausser es regnet in Strömen. An belebten Orten, wo sich viele Duftspuren vermischen, ist es natürlich anspruchsvoller, aber meine Nase ist gewissermassen auf deinen wunderbaren Duft fixiert, was es mir leichter macht“, meinte er schmunzelnd. Rúna knuffte ihn gespielt genervt in die Seite, worauf er sie zärtlich küsste und mit den feinfühligen Händen sanft über ihren Rücken strich.
„Da ist noch etwas, worüber wir reden müssen. Etwas Menschliches.“ Rúna hob bedeutungsvoll die Augenbrauen. „Bevor wir miteinander schlafen, müssen wir uns über Verhütung unterhalten.“ Er nickte ernsthaft. „Ich habe immer Kondome benutzt.“ Sie wirkte erleichtert. „Sehr gut. Das haben meine bisherigen Partner auch so gemacht. Ohne Kondom läuft bei mir nichts.“
Er räusperte sich leise und warf ihr diesen seltsamen Blick zu. „Die Kondome habe ich nicht in erster Linie benutzt, um mich vor Krankheiten zu schützen oder um eine Schwangerschaft zu verhindern. Eher um eine gewisse Distanz zu wahren. Ich wollte niemals diese absolute Nähe.“ – „Du wirst mir jetzt gleich etwas Übermenschliches erklären“, stellte sie nüchtern fest. Er versuchte ein Lächeln. „Ich kann ganz genau riechen, wann eine Frau fruchtbar ist. Wenn du mir vertraust, brauchen wir keine Kondome. Ich möchte dir so nah kommen, wie niemandem sonst.“ – „Du bist immun gegen Krankheiten?“ Er nickte. „Mein Vater hat mir auch ein paar nützliche Dinge vererbt.“ Sie schürzte zweifelnd die Lippen: „Wenn ich zustimme, muss ich mich hundertprozentig auf dich verlassen können. Andernfalls lass ich mir lieber die Pille verschreiben.“ – „Bitte nicht! Es würde deinen Geruch verändern. Du kannst dich auf mich verlassen, Rúna.“
„Okay, beruhige dich. Unsterbliche lehnen also den Gebrauch moderner Verhütungsmittel ab und vertrauen lieber auf ihre Sinne. Dann werde ich so unvernünftig sein und mich auf dich verlassen, was die Verhütung angeht. Gibt es sonst noch Dinge, die ich wissen muss? Ist es anders, mit einem Vampir zu schlafen?“ – „Nein, es läuft ganz normal ab, du brauchst keine Angst zu haben. Und vor allem eilt es nicht. Dass du mein Geheimnis kennst, bedeutet nicht automatisch, dass wir miteinander schlafen müssen. Ich warte selbstverständlich, bis du soweit bist.“ – „Keine Sorge, ich lass mich nicht drängen.“ Sie blickte auf ihre Uhr. „Oh Mann, schon so spät! Ich geh schlafen. Kommst du auch?“ - „Natürlich. Wenn du noch ein bisschen mit mir kuschelst.“ – „Mal sehen.“ Er kriegte einen Kuss auf die Nasenspitze, bevor sie aufstand und im Bad verschwand. Sie putzte sich gründlich die Zähne, schlüpfte in sein T-Shirt und gleich darauf ins Bett. Ob sie die Lampe auf dem Ablagetisch
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