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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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Es liegt auf dem Tisch im Wohnzimmer.“ – „Ich weiss, ich habe vorhin schon mal reingeschmökert.“ Rúna fuhr fort zu erzählen: „Am nächsten Tag wollte er mich zum Kaffee einladen, aber ich hab ihm eine Abfuhr erteilt, obwohl ich ihn eigentlich ganz süss fand. Ein paar Tage später hat er es mir heimgezahlt, als ich mich im Sólon zu ihm setzen wollte. Er fand es keine gute Idee. Damals war ich echt sauer auf ihn und dachte, er ist schrecklich launisch.“

    Ulrike guckte perplex, sie hatte nicht erwartet, dass man ihre hübsche Tochter zurückweisen würde. „Ich war bloss deshalb so abweisend, weil ich glaubte, Rúna hat schon einen Freund. Ich habe sie nämlich mit ihrem Mitbewohner gesehen. Sie waren ziemlich vertraut, haben Händchen gehalten und sich geküsst.“ - „So, so. Du warst also nicht abgeneigt, hast aber die Konfrontation mit dem Nebenbuhler gescheut“, witzelte Ulrike. „Nicht abgeneigt ist stark untertrieben. Aber ich bin nicht der Typ, der anderen die Frau ausspannt. Ich hätte es zähneknirschend hingenommen und gehofft, dass ich irgendwann meine Chance kriege.“ – „Wie romantisch! Du hättest auf sie gewartet?“ Pétur verdrehte dezent die Augen – Ulrike war mal wieder nicht zu stoppen. „Nehmt ihr noch einen Nachschlag?“, lenkte Heiðar charmant ab. „Vielen Dank, mehr schaff ich nicht“, wandte Ulrike ein und Pétur klopfte sich den Bauchansatz. „Tut mir leid, ich darf nicht. Ulli macht sich Sorgen um meine schlanke Linie.“ Dafür gab’s einen strengen Blick von Ulli. Heiðar nahm sich noch zwei Bissen Lachs direkt aus der Schüssel, und Rúna begann schon mal die Teller einzusammeln.

    „Statt andauernd zu quatschen könnten wir doch auch Karten spielen“, nölte Gæfa. „Gute Idee, das machen wir“, erwiderte Heiðar. „Wir sollten uns ins Wohnzimmer setzen. Geht schon mal vor, ich hole die Spielkarten.“ Es folgte ein kurzes Stühlerücken und Gliederrecken, als sich alle erhoben. Heiðar war der Einzige, der den lautlosen Schatten bemerkte, der durch den Flur huschte. Während alle ins Wohnzimmer rüber gingen, folgte er dem Schatten ins Schlafzimmer. „Was fällt dir ein, uns zu belauschen!“

    Fionn blieb völlig unbeeindruckt von Heiðars Wut, liess seine Finger über eines der Kopfkissen gleiten und lächelte fein. „Diese Ulrike könnte mir durchaus gefährlich werden, sie riecht fast so gut wie ihre Tochter. Und Pétur hat eine interessante Ausdünstung, um nicht zu sagen aussergewöhnlich, dazu dieses Funkeln im Blick. Es kommt sehr selten vor, dass ein Sterblicher eine animalische Note aufweist, wir sollten das im Auge behalten.“ – „Darüber sprechen wir morgen. Verschwinde jetzt! Ich habe dich aus gutem Grund nicht eingeladen. Rúnas Familie ist absolut tabu!“ – „Selbstverständlich. Aber du kennst meine Neugierde. Da ich die Verantwortung für Rúna trage, halte ich es für angebracht, mir ein Bild über ihre Familie zu machen. Ich muss sagen, sie sind wirklich reizend. Ulrike hegt grosse Erwartungen, sieh zu, dass du sie nicht enttäuschst.“ – „Ich will jetzt, dass du gehst. Du wirst Rúnas Familie noch früh genug kennenlernen.“

    Durch den Flur näherten sich leise Schritte. „Heiðar! Was brauchst du denn so lange?“ Rúna blickte erst ins Arbeitszimmer, stellte fest, dass es leer war und kam deshalb stirnrunzelnd ins Schlafzimmer. Heiðar bedeutete ihr, leise zu sein. „Fionn! Was soll das? Was machst du in Heiðars Schlafzimmer? Sag bloss, du bist müde.“

    Er begegnete ihrem vorwurfsvollen Blick mit einem beschwichtigenden Lächeln. „Verzeih mir. Ich war neugierig auf deine Familie. Heiðar hat bereits in Aussicht gestellt, dass ich sie schon bald kennenlerne.“ Rúna war sauer. „Ich nehme nicht an, dass er dir erlaubt hat, hier rumzuspionieren! Du solltest verschwinden, wir wollen nämlich noch Karten spielen und Kaffee trinken. Wir sehen uns morgen Nachmittag, um Kristíns Wohnung zu räumen, dann erzählen wir dir alles, okay?“ – „Du hast natürlich Recht, ich werde jetzt gehen. Schönen Abend.“ Ihr schlug ein eiskalter Luftzug entgegen, als der schmale Flügel des Schlafzimmerfensters plötzlich weit offen stand. Fionn war spurlos verschwunden.

    „Ich fasse es nicht! Hat er uns etwa die ganze Zeit über belauscht?“ Heiðar seufzte tief, während er den ausgehängten Sturmbügel wieder befestigte und das Schlafzimmerfenster schloss. „Er ist reingekommen, als wir uns zum Essen

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