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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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Rúna studierte geschäftig eine Liste. Ihm entging nicht, wie sie unauffällig nach ihm schielte. Die Milchschaumhaube des Cappuccinos bekam ein Herz aus Kakaopulver, dann wurde die Tasse, von einem strahlenden Lächeln begleitet, auf ein Tablett gestellt und zu ihm rüber geschoben. „Bitte sehr.“ Würde sie ihn wohl auch noch anhimmeln, wenn sie wüsste, dass sein Vater für das Verschwinden des jungen Schauspielers verantwortlich war? Heiðar ignorierte den Flirtversuch der jungen Frau und legte einen Schein und ein paar Münzen auf den Tresen. Er schnappte das Tablett mit der Linken, legte das Buch neben die Tasse und durchquerte lässig den Raum, vermied es dabei, direkt zur Kassentheke hinüberzusehen, wo Rúna zum dritten! Mal ihre Liste überprüfte. Verfolgt von ihren neugierigen Blicken, steuerte er auf einen der kleinen Tische im vorderen Bereich zu, stellte sein Tablett hin und schälte sich fix aus seiner Jacke, die er über den Stuhl hängte. Mit einer geschmeidigen Bewegung nahm er Platz, klappte „Eiskalte Schatten“ auf und begann zu lesen. Gleichzeitig beobachtete er ganz genau, was Rúna machte, und bemerkte mit Freude, dass sie ihn noch immer verstohlen musterte.

    Das flüchtige Streicheln hatte ein eigenartiges Gefühl geweckt. Sie konnte ganz genau spüren, wo er sie berührt hatte, als hätten seine kühlen Finger einen Abdruck hinterlassen. Seine Bemerkung, wegen der Einladung zum Kaffee, hatte ihr einen kleinen Stich versetzt. Und dass er jetzt hier im Café sass und sein Buch las, fand sie schon ein bisschen ... trotzig ... und irgendwie süss.

    Da gerade nichts los war, nutzte Rúna die Gelegenheit, ihn weiter unauffällig zu beobachten. Heiðar war ganz in seinen Krimi vertieft, hob gerade die linke Hand, um sich eine Strähne aus der Stirn zu streichen. Er trug das dunkelbraune Haar etwas länger, was ihm ausgezeichnet stand. Die widerspenstigen Locken, die sein schönes Gesicht umspielten, verliehen ihm etwas Wildes, Ungezähmtes. Und erst diese geheimnisvollen Augen, deren Wirkung man sich nicht entziehen konnte... Er trug dunkle Jeans, dazu ein tailliertes, schwarzes Hemd, das seine breiten Schultern betonte und einen muskulösen Oberkörper erahnen liess. Rúna ertappte sich beim Gedanken, ob seine Brust wohl behaart war. Sie fand, dass er ziemlich gut aussah, konnte ihren Blick kaum lösen, als er sich erneut mit der linken Hand durchs Haar fuhr, anschliessend mit traumwandlerischer Sicherheit nach der Tasse griff, um einen Schluck zu trinken. Dabei hob er kein einziges Mal den Blick von seinem Buch. Deutlich konnte sie das amüsierte Lächeln sehen, das die schönen Lippen umspielte...

    „Hallo! Kann ich vielleicht mein Buch bezahlen?“ Jemand klopfte heftig auf die Theke. Rúna schreckte auf und wurde knallrot. Ein verkniffener Mittvierziger mit schütterem Haar schob ihr mit säuerlicher Miene einen dicken Wälzer über Kakteen zu. „Verzeihung“, stammelte sie und versuchte zum wiederholten Mal an diesem Abend ein schiefes Lächeln. Sie beeilte sich, das Standardwerk über Sukkulenten einzuscannen, nannte dem Säuerlichen den Preis und packte das dicke Buch anschliessend etwas umständlich in eine Plastiktüte. „Viel Spass beim Lesen!“ Sie hatte sich rasch wieder gefangen und schenkte dem brummigen Kunden vergeblich ihr zweitschönstes Lächeln. Wortlos nahm er die Tüte entgegen, wandte sich ab und stapfte dem Ausgang zu.

    Heiðar beschloss bis Geschäftsschluss hierzubleiben, um so lange wie möglich ihrem köstlichen Duft ausgesetzt zu sein. Rúna sollte ausserdem Gelegenheit haben, ihn weiter zu mustern. Es amüsierte ihn, wie sie ihn immer wieder verstohlen ansah, dabei sogar ihre Kunden vergass. Er bemühte sich langsam zu lesen, damit das Buch nicht schon vorher zu Ende war, trank seinen Cappuccino in kleinen Schlucken. Allmählich wurde es ruhiger, nur noch einzelne Kunden stöberten durch das Angebot, der Scanner piepste immer seltener.

    Als Rúna sich gegen Zehn seinem Tisch näherte, gab er vor, noch immer völlig in seinen Krimi vertieft zu sein. Bestimmt wollte sie ihn rauswerfen. Ausser ihm waren nur noch einige Angestellte der Buchhandlung und des Cafés anwesend. Die Kassen piepsten und ratterten, Geschirr landete klappernd in der Spülmaschine. „Wir schliessen. Du musst jetzt gehen.“ Rúnas Duft stieg ihm heftig in die Nase und wollte ihn verführen. Also, überrascht aufblicken und entschuldigend lächeln: „Schon so spät? Ich war ganz

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