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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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Revolution wurde im Jahr 1793 die Europäische Gesellschaft der Unsterblichen gegründet. Dabei ging es nicht unbedingt um Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, sondern in erster Linie darum, einige verbindliche Gesetze zu formulieren, um die Bewahrung des Geheimnisses zu gewährleisten. Im weiteren wurden Richtlinien erlassen, die zum Schutz jüngerer und schwächerer Unsterblicher beitrugen. So auch die Anspruchserklärung, die verhindern soll, dass ein stärkerer Unsterblicher nach Belieben über den Gefährten eines Unterlegenen verfügen kann. Auf diese Weise wurde das bisher geltende Recht des Stärkeren ausgehebelt. Allerdings gilt auch heute noch die Regel, wonach älteren Unsterblichen ein gewisser Respekt entgegengebracht werden muss.

    Zu Beginn bestand der Rat aus einem Vorsitzenden und zwei Mitgliedern. Unsterbliche, die aus anderen Erdteilen nach Europa einreisen, und neu erschaffene Geschöpfe müssen sich seither am Sitz der Gesellschaft vorstellen. Falls sie durch unvorsichtiges Verhalten die Aufmerksamkeit der Sterblichen auf sich ziehen, kann man sie vor den Rat bringen und verurteilen. In den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts, also nach deiner Geburt, begann die Gesellschaft mit dem Aufbau der Blutbanken in verschiedenen Städten Europas. Ich bin Teilhaber und habe dieses Projekt vorangetrieben und mitgestaltet. Als Mitglied des Rates bin ich für die Gesamtleitung der Blutbanken zuständig. Viele unserer Mitarbeiter sind ahnungslose Menschen, die Schlüsselpositionen jedoch durch Unsterbliche besetzt, um die Geheimhaltung sicherzustellen.“

    Heiðar lauschte fasziniert. Er war seit seiner Geburt Teil der unsterblichen Welt, obwohl er bis vor zwei Tagen kaum etwas davon gewusst hatte. „Kommt es oft vor, dass fehlbare Unsterbliche verurteilt werden?“ - „Glücklicherweise nicht. Es ist immer mit grosser Anspannung verbunden, wenn das Geheimnis bedroht ist.“ Heiðar kniff leicht die Augen zusammen und zögerte einen Moment, bevor er seine nächste Frage stellte: „Was wäre passiert, wenn ich Rúna in der Buchhandlung angefallen hätte?“ - „Es würde ziemlich viel Arbeit bedeuten, die Erinnerungen sämtlicher Zeugen zu manipulieren, ganz zu schweigen von den Behörden und den Medien. Da du mein Sohn bist, und somit im weitesten Sinn mein Geschöpf, trage ich die Verantwortung für dich und deine Taten. Man würde mich zwingen dich zu töten.“ Fionns Miene blieb unbewegt, Heiðar sah bloss für den Bruchteil einer Sekunde einen tiefen Schmerz in seinen Augen aufflackern. Dass sein Vater nicht zögern würde, ihn zu töten, wenn man es von ihm verlangte, schockierte ihn. Unsterbliche waren in der Tat grausam.

    „Dann ist es wohl besser, wenn ich mich bemühe, die Beherrschung nicht zu verlieren.“ Fionn schenkte ihm ein wohlwollendes Lächeln: „Selbstverständlich steht es dir frei, sie zu nehmen, solange du dabei kein Aufsehen erregst.“ – „Nein!“ Er sah sich selbst aus dem Dunkel springen und ihre Kehle zerreissen. Rúnas melodischer Herzschlag würde verstummen, die strahlenden Augen erlöschen. Nie wieder würde ihr unwiderstehliches Lächeln das hübsche Gesicht erhellen. Ihr unvergleichlicher Duft wäre für immer verloren. „Nein“, wiederholte er leise. Fionn musterte den gequälten Ausdruck in Heiðars Gesicht, dabei umspielte ein feines Lächeln seine blassen Lippen.

    Um sich von seinen schrecklichen Fantasien abzulenken, stellte Heiðar ein paar unverfänglichere Fragen: „Dann verdienst du mit deinen Beteiligungen an den Blutbanken und deiner Arbeit für den Rat dieser unsterblichen Gesellschaft deinen Lebensunterhalt?“ – „So ist es. Zudem besitze ich einige Immobilien und konnte über die Jahre ein hübsches Vermögen anhäufen. Meine diversen Einkünfte erlauben mir, einen angenehmen Lebensstil aufrechtzuerhalten.“ Heiðar grinste schief. Sein Vater kannte wohl keine finanziellen Sorgen und war eine gute Partie. „Wo arbeitest du denn? Gibt es so etwas wie eine Geschäftsstelle oder einen Regierungssitz?“ – „Der Sitz der Gesellschaft befindet sich zur Zeit in Hamburg. Es finden regelmässig Treffen statt, die meine Anwesenheit erfordern. Abgesehen davon, steht es mir frei, wo und wie ich die anfallenden Arbeiten erledige. Von Zeit zu Zeit statte ich den Blutbanken meinen Besuch ab, dabei begleitet mich für gewöhnlich einer meiner Mitarbeiter, der ebenfalls ein Mitglied des Rates ist.“

    Heiðar erkannte, dass die Gesellschaft

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