Silbernes Band (German Edition)
vehement den Kopf. “Auf keinen Fall! Ich versuche einfach, so oft wie möglich mit ihr zusammen zu sein oder zumindest in ihrer Nähe zu bleiben. So lange es sie nicht nervt, kann ich meine unsterbliche Seite auf diese Weise ausleben.” – “Ich helfe dir dabei, das heisst, ich habe mir erlaubt, dir zu helfen. Wenn das Wetter es zulässt, flaniere ich gerne den Skólavörðustígur entlang. Auf diese Weise bin ich in ihrer Nähe und kann sie für dich beschützen. Allerdings fahre ich nicht zum Stalldorf, die Pferde würden das nicht goutieren.“
Heiðar entfuhr ein wütendes Knurren. „Hab ich nicht deutlich genug gemacht, dass du dich von ihr fernhalten sollst?“ Fionn blieb gelassen. „Keine Sorge, mein Sohn. Ich bleibe selbstverständlich auf Abstand und greife nur im Notfall ein.“ – „Entschuldige, ich bin schrecklich angespannt. Ich kenne mich selbst nicht mehr. Der Vampir in mir wird immer stärker. Ich kann sie noch nicht mal richtig küssen, dabei hatte ich bisher keine Probleme mit solchen Dingen...“ – „Versuch Geduld zu haben. Du musst lernen deine Begierde zu kontrollieren. Es wird leichter werden, je länger du sie kennst und je öfter du mit ihr zusammen bist. Man gewöhnt sich an alles, auch an das Blut, das man am meisten begehrt.“ – „Das hoffe ich. Es ist furchtbar, ständig daran denken zu müssen, was passiert, wenn ich die Beherrschung verliere. Ich könnte das nicht ertragen.“ – „Wenn du erlaubst, bleibe ich selbstverständlich in deiner Nähe, wenn du mit ihr allein bist. Ich könnte dich rechtzeitig stoppen – oder ich könnte sie für dich verwandeln, falls du zubeissen solltest. Ich fürchte, du bist selbst nicht dazu in der Lage, da dein Blut menschliche Komponenten aufweist.“ – „Nein! Hör auf damit! Das wird niemals geschehen! Rúna soll ein Mensch bleiben. Und du brauchst nicht neben mir zu stehen, wenn ich mit ihr zusammen bin, ich will es ohne deine Hilfe schaffen. Das musste ich bisher auch, und ich werde es auch bei Rúna schaffen, obwohl sie eine grosse Herausforderung ist.“ – „Natürlich wirst du das, schliesslich bist du mein Sohn. Lass mich dir wenigstens einen kleinen Trick verraten. Ich nehme an, dass du dich niemals an einer Schlafenden vergreifen würdest – in welcher Form auch immer. Ich zumindest halte das so. Du könntest Rúna einfach einschlafen lassen, sobald deine Selbstbeherrschung zu sehr strapaziert wird.“ – „Und wie mache ich das? Ich will sie auf keinen Fall bannen.“ Fionn schmunzelte amüsiert. „Du brauchst ihr dafür nicht in die Augen zu blicken. Ein paar gälische Zauberworte tun es auch.“ Heiðar hob gespannt die Augenbrauen. „Und wie lauten die?“ – „Finde den Schlaf, mein Herz. Finde die Träume, Geliebte.“ Heiðar kamen die Worte bekannt vor. „Hast du Mama jeweils einschlafen lassen, als sie schwanger war?“ – „Ich habe hin und wieder darauf zurückgegriffen. Sie hat es mir nicht übel genommen.“ Seine Worte überzeugten Heiðar. Dieser Trick schien ihm akzeptabel. „Danke für den Tipp. Bestimmt fällt es mir nun leichter, mich ihr zu nähern. Immerhin hab ich jetzt eine Notbremse.“
Fionn tippte mit dem Zeigefinger auf die aktuelle Ausgabe des Nachrichtenblattes, das auf dem Couchtisch lag. „Wir müssen nochmals über deinen Jagdausflug sprechen. Es haben sich weitere Bauern gemeldet.” Er schob ihm die Zeitung zu. “Ich hab den Artikel bereits gelesen“, erwiderte Heiðar. Er erinnerte sich an jedes einzelne dieser Tiere, die er im Laufe der Jahre getötet hatte. Meist waren es Schafe gewesen, aber auch einige Fohlen und in einem Fall eine hoch benotete Zuchtstute, die man, genau wie den blonden Wallach, mit gebrochenem Genick aufgefunden hatte. Die betroffenen Bauern taten ihm leid, fast genauso wie seine Opfer, deren Tod er verschuldet hatte.
Fionn musterte ihn streng. “Du solltest in nächster Zeit nicht in Island jagen. Die Bauern sind alle auf der Hut.” - “Das ist mir bewusst. Ich fliege für die nächste Jagd nach Norwegen, dort kann ich auf Wildtiere ausweichen.” – “Sehr gut. Mein Angebot, das Spenderblut betreffend, besteht natürlich weiterhin. Du kannst dich jederzeit an mich wenden.” Heiðar verzog das Gesicht. “Ich weiss nicht. Ich bin menschliches Blut nicht gewohnt und kann nicht abschätzen, welchen Effekt es auf mich hat. Jetzt, wo Rúna und ich uns näherkommen, möchte ich keine Experimente wagen. Da halte ich mich lieber an das
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