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Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
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gleich seine Sachen mit, um ebenfalls für drei Minuten im Bad zu verschwinden. Rúna war noch damit beschäftigt, sich für ein passendes Oberteil zu entscheiden, also ging er anschliessend in die Küche und machte Frühstück. Snorri und Palli standen wahrscheinlich nicht so bald auf, trotzdem deckte er den Tisch für Vier. Sie trat wenig später in verwaschenen Blue-Jeans und einem hellgrauen T-Shirt an den Tisch. Er hatte bereits Toast gemacht, dazu frisch gepressten Orangensaft und vor allem Kaffee, das brauchte sie jetzt dringend. “Wie schaffst du das, so schnell?” - “Jahrelange Übung, schliesslich wohne ich alleine”, scherzte er und reichte ihr den rosa Lieblings-Kaffeebecher, den mit dem knuffigen, braunen Pferd.

    “Wir könnten dem Meer entlang spazieren”, schlug er vor. Sie blickte zweifelnd durchs Küchenfenster, sah den grauen Himmel und die sich wiegende Birke hinterm Haus. “Ganz schön stürmisch heute, ich werde eine Mütze brauchen.” – “Du darfst in meinem Windschatten spazieren, damit du nicht erfrierst.” – “Na hör mal, ich bin doch nicht aus Porzellan!” Darauf mochte er nichts erwidern, lieber räumte er das benutzte Geschirr in die Spülmaschine, damit sie bald aufbrechen konnten.

    Bei diesem Wetter waren bloss ein paar unverzagte Jogger und Hundebesitzer unterwegs. Einer der freilaufenden Lieblinge zeigte grosses Interesse an den buntgekleideten Menschen, die vor ihm davonrannten, was für ein paar unfreundliche Worte sorgte. Als besagter Fiffi ein junges Liebespaar kreuzen sollte, kniff er jaulend den Schwanz ein und jagte in die entgegengesetzte Richtung davon.

    “Hör mal, Rúna.” Heiðar blieb stehen, um ihre Aufmerksamkeit vom flüchtenden Hund und dem schimpfenden Besitzer auf sich zu lenken. “Meine Mutter möchte dich sehr gerne kennenlernen.“ Sie nickte ermutigend, also sprach er weiter: “Es ist nicht so, dass sie dich überprüfen will oder Angst hat, dass ich keine Frau mehr finde, in meinem Alter.“ – „Selten so gelacht!“, dachte Rúna. Die Frauen standen vermutlich Schlange, um mit ihm auszugehen. “Sie hat die Chemotherapie abgebrochen...”, er machte eine Pause, “Ich habe ihr erzählt, dass du mir sehr viel bedeutest, und darum möchte sie dich unbedingt noch kennenlernen, bevor...” Er schluckte heftig, Rúna drückte seine Hand. “Dann sollten wir das nicht unnötig aufschieben. Ich kann dich morgen begleiten, wenn du möchtest.” - “Das ist lieb von dir. Kristín freut sich bestimmt.” Sichtlich erleichtert zog er sie an sich. Rúna spürte die Verzweiflung in seinem Kuss. Sie wusste nur zu gut, was es bedeutete, einen geliebten Menschen zu verlieren.

    Um sich aufzuwärmen, setzten sie sich in das Café am Höfðatorg, assen Kartoffelsuppe und tranken Orangenlimonade und Pfefferminztee. Er dachte mit Bedauern daran, dass sie bald zur Arbeit musste.

    “Darf ich dich heute Abend abholen?” - “Ich bestehe darauf, oder willst du, dass ich ganz allein nach Hause gehen muss?” Ein unergründlicher Blick, dann ein Räuspern: “Wir könnten den Abend auch bei mir verbringen, und wenn du über Nacht bleibst, können wir morgen früh gleich losfahren...” Sie runzelte leicht die Stirn, so wie immer, wenn sie skeptisch war. “Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich dich verführen will...“, ergänzte er rasch. „Wer sagt, dass ich Angst habe?“ Er schüttelte heftig den Kopf. „Wir sollten erst miteinander schlafen, wenn du alles von mir weisst.” – „Du meinst noch mehr kryptische Anmerkungen? Irgendwann musst du Klartext reden, wenn du mich nicht vergraulen willst.“ – „Tut mir leid, Rúna, ich bin noch nicht so weit. Aber ich möchte trotzdem, dass du heute Nacht bei mir bleibst.“ - “Du bist ganz schön komisch.. und hartnäckig. Ich sollte auf jeden Fall Nein sagen...”, seufzte sie augenrollend.“ - “Ich verspreche...”, seine Stimme war furchtbar ernst, “dass ich keine dummen Bemerkungen über deinen Pyjama mache!” Er hob die Hand wie zum Schwur und setzte eine feierliche Miene auf. Rúna lachte prustend - die Frau am Nebentisch drehte sich neugierig nach ihnen um. “In Ordnung, ich bleibe heute Nacht bei dir, du komischer, hartnäckiger Kerl!“

    Sie zahlten und spazierten Hand in Hand nach Hause. Rúna packte warme, wind- und regendichte Sachen für die morgige Wanderung ein, dazu ihre Wanderstiefel und alles, was sie für eine Übernachtung auswärts brauchte. Sie dachte kurz darüber

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