Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
Vom Netzwerk:
werden sehen. Dir muss aber bewusst sein, dass mit dem Wechsel der Identität auch ein Umzug in ein anderes Land verbunden ist.” – “Klar, das lässt sich wohl nicht vermeiden. Ich hoffe einfach, dass Rúna das mitmachen wird.” – “Darüber solltest du dir noch nicht zu viele Sorgen machen. Ich bin überzeugt, dass sich alles zusammenfügt.”

    Fionn parkte am Rand einer einsamen Schotterpiste. “Komm. Jetzt wollen wir uns erst einmal austoben.” Er hob den Kopf und prüfte die Umgebung. “Los, mein Sohn! Zeig, was in dir steckt!” Fionn preschte davon, Heiðar hinterher. Er versuchte vergeblich, seinen Vater einzuholen. So sehr er sich auch bemühte, dieses mörderische Tempo hatte er schlichtweg nicht drauf. Die Distanz zu Fionn wurde immer grösser. Seine Lungen brannten, während sein Vater ohne jegliche Anstrengung über die buckligen Wiesen jagte, leichthin über Gräben und Steinhügel sprang.

    “Verdammter Vampir!” Heiðar fühlte sich wieder klein und schwach – wie nach der Prügelei am Austurvöllur. Er war es nicht gewohnt, unterlegen zu sein. Bisher war immer klar gewesen, dass er der Schnellste und Stärkste war, obwohl er sich niemals wirklich beweisen musste. Fionn hatte endlich ein Einsehen, drosselte das Tempo und liess ihn aufholen. Sie rannten Seite an Seite durch die menschenleere Heide, hielten dabei direkt auf einen kleineren Flusslauf zu. “Lass uns rüberspringen”, schlug Fionn vor. Am Ufer lag ein gewaltiger moosbewachsener Findling, den er als Absprungrampe benutzen wollte. Er gab nochmals richtig Gas, sprang auf den Felsbrocken, stiess sich kraftvoll vom glitschigen Untergrund ab und flog mit ungeheurer Eleganz über den reissenden Strom.

    Heiðar musste sich etwas mehr anstrengen, um das gegenüberliegende Ufer zu erreichen und sogar etwas nachsetzen, um nicht im Wasser zu landen. Dadurch konnte er das Gleichgewicht nicht halten und überschlug sich bei der Landung. Immerhin kriegte er eine tadellose Rolle hin, nachdem er hart auf dem steinigen Boden aufgeschlagen war. Fionn war sofort an seiner Seite, reichte ihm die Hand und zog ihn hoch. Heiðar holte Schwung und wirbelte seinen Vater herum. Der hatte offensichtlich nicht mit einem Angriff gerechnet und wurde weggeschleudert. Heiðar wollte rechtzeitig loslassen, um ein Fallen zu verhindern. Pech gehabt. Fionn verstärkte blitzschnell seinen Griff und riss ihn mit sich. Sie landeten beide am Flussufer im Heidegras. “Du möchtest kämpfen?” Sie lachten schallend, während sie sich im nassen Gras kabbelten, balgten sich wie zwei kleine Jungs, knurrten und fauchten dabei wie Raubtiere. “Warte nur. Eines Tages werde ich dich schlagen...” Heiðar versuchte sich aus dem Schwitzkasten zu befreien. Fionn liess ihm gnädigerweise einen Sekundenbruchteil die Gelegenheit dazu, also nutzte er seine Chance und wand sich mit gezieltem Schwung aus der kräftigen Umklammerung. “Sehr gut. Du bist ungeheuer wendig.”

    Obwohl er akzeptieren musste, dass er es mit Fionn nicht aufnehmen konnte, hatte er seinen Spass dabei. Sich auf unsterbliche Art zu messen und für einmal die ganze Kraft strömen zu lassen, tat unheimlich gut. Sie kämpften eine ganze Weile, waren schon ganz schmutzig und durchnässt, als Fionn plötzlich den Kopf hob und sofort von Heiðar abliess. “Wir sollten uns aus dem Staub machen.” In der Ferne war das Stakkato von mehreren Pferdehufen zu hören. Sie nahmen rechtzeitig den Rückweg über den Fluss, bevor sie ins Sichtfeld der Reiter kamen, und liefen noch ein Stück weiter, um eine Begegnung zu vermeiden. Sobald der Abstand gross genug war, schalteten sie auf menschliches Tempo zurück.

    Heiðar schüttelte die durchnässten Locken. “Wow! Sowas sollten wir öfter machen. Ich fühle mich super!” - “Schön, dass wir diese Dinge nun nachholen können. Ich habe immer davon geträumt, mit dir gemeinsam in die Natur hinauszugehen.” Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her, bevor Heiðar den Mut aufbrachte, eine Frage zu stellen, die ihm schon lange auf der Zunge brannte. “Du hast Kristín angeboten, sie zu verwandeln. Wirst du weiter versuchen, sie dazu zu überreden?” Fionn wirkte überrascht. “Möchtest du das? Soll ich sie für dich retten? Du weisst, dass sie bald sterben wird.” Heiðar nickte kaum wahrnehmbar. “Es wäre wunderbar, ihr Leben zu retten. Aber nur, wenn es ihr ausdrücklicher Wunsch ist, unsterblich zu werden. Ich weiss selbst, mit welchen Qualen es

Weitere Kostenlose Bücher