Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silbernes Band (German Edition)

Silbernes Band (German Edition)

Titel: Silbernes Band (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Jaedig
Vom Netzwerk:
Handtuchhalter, wo zwei saubere Handtücher hingen. Sie drehte den Hahn auf und stellte sich unter den lauwarmen Strahl. Heiðar benutzte dasselbe Duschgel wie sie: Ph-Neutral und ohne Parfum. Während sie sich einseifte, hatte sie ständig die Tür im Blick. Hören würde sie ihn vermutlich nicht, Heiðar könnte sich jederzeit an sie heranschleichen, ohne dass sie etwas mitkriegte. Sie drehte das Wasser ab und rieb sich flink mit dem herrlich warmen Handtuch trocken, schlüpfte eilig in den Slip, zog dann das T-Shirt über den Kopf. Es roch so gut! Als hätte man es in kühler Herbstluft an die Leine gehängt. Rúna löste ihr Haargummi und kämmte kurz mit den Fingern durch die Locken, dass es ziepte. Statt sich lange zu quälen, wollte sie morgen einfach alles zusammenbinden und eine Mütze aufsetzen, dann war es egal, wie der blonde Schopf aussah. Sie wandte sich von ihrem Spiegelbild ab und öffnete mit klopfendem Herzen die Badezimmertür. Der Flur war leer, also nichts wie rüber ins Schlafzimmer. Er hatte das Licht an der Zimmerdecke ausgemacht, deshalb war es jetzt ziemlich schummrig im Raum. Dafür brannte die kleine Lampe auf dem Nachttisch, daneben stand ein Glas Wasser. Das Bett war auch schon aufgeschlagen, sie brauchte bloss noch hinein zu kriechen und sich in die frisch duftende Bettwäsche zu kuscheln. Ihr war, als huschte etwas durch den Flur, dann hörte sie das leise Knarzen, kurz darauf die Klospülung und den Wasserhahn. Die Tür wurde wieder geöffnet - sie lauschte angestrengt auf seine Schritte, aber es war nichts zu hören. Im selben Moment schlüpfte ein junger Gott in Unterhose zu ihr unter die Decke. Rúna zuckte heftig zusammen: „Hey, wo kommst du denn plötzlich her?“ – „Ich war kurz im Bad. Du weisst ja, niemals ohne Zähneputzen ins Bett!“ Der schöne Mund mit einem Hauch von Pfefferminz kam näher und landete auf ihren Lippen. „Schlaf jetzt, damit ich morgen keine Gelegenheit kriege, dich zu tragen.“

    Eigentlich sollte sie sich den Kopf zerbrechen, wie es möglich war, dass er den Weg vom Bad ins Schlafzimmer so schnell zurücklegen konnte. Viel lieber aber wollte sie sich an seine breite Brust schmiegen, die so anziehend roch. Wie ein Herbsttag in der Heide. Sie rückte näher, legte eine Hand um seine Taille, die andere an seine Brust und liess sich von seinen Armen umfangen. Seine Nase fuhr in ihr Haar, der Mund an ihr Ohr, um ihr zärtliche Worte zuzuflüstern, die sie nicht verstand. Sie wollte ihn fragen, was er genau gesagt hatte, war aber bereits eingeschlafen.

    Weich und warm. Wie es sich wohl unterm T-Shirt anfühlte? Zu gern würde er seine Hand unter den Stoff gleiten lassen, um ihre zarte Haut zu berühren. Wenn er sich bloss selbst in den Schlaf schicken könnte, dann müsste er nicht immerzu an solche Dinge denken. Vermutlich träumte er dann einfach davon. Ihm war klar, dass die gälischen Zauberworte bloss eine andere Form der Beeinflussung waren, doch in diesem Fall schien es ihm legitim. Wenn sie schlief, kam er nicht in Versuchung, sie zu verführen oder – schlimmer – sie zu beissen. Er schloss mit einem leisen Seufzer die Augen und wartete auf den Schlaf.

    Gegen fünf Uhr morgens weckte ihn ein Wimmern. Heiðar riss die Augen auf und zog die Hände unter ihrem T-Shirt hervor. Er befürchtete, ihr im Schlaf etwas angetan zu haben, denn wie erwartet, hatte er von ihr geträumt. Im Traum lag sie nackt in seinen Armen, und sie liebten sich. Er durfte sich mit ihr verbinden und dabei an ihrer Kehle saugen.

    Glücklicherweise war er nicht zu weit gegangen, Rúna schien aber in einem bösen Traum gefangen zu sein. Sie grub ihre Fingernägel in seinen Arm und strampelte mit den Beinen. Das schöne Gesicht war von Panik verzerrt, ihr Mund verzog sich zitternd und schrie verzweifelt: „Júlían, nein! Pass auf, das Auto! Júlí, Júlí!“ Sie wand sich schluchzend, als wollte sie irgendwo hin gelangen. Heiðar legte wieder die Arme um sie und hielt sie fest. „Rúna, wach auf. Ich bin bei dir. Lass den Traum los.“ Er schüttelte sie ganz sachte, bis sie endlich die Augen aufschlug, dann verwirrt um sich blickte.

    „Heiðar....“ Sie barg das Gesicht an seiner Brust, streifte die heissen Tränen an der kühlen Haut ab. „Schhh, mein Schatz.“ Er strich beruhigend über ihren Rücken und wiegte sie sanft, bis das Schluchzen seltener wurde und schliesslich aufhörte.

    Sie löste sich aus seiner Umarmung und rieb sich die tränennassen Wangen.

Weitere Kostenlose Bücher