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Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Silbernes Mondlicht, das dich streichelt

Titel: Silbernes Mondlicht, das dich streichelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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und
drehte sich fragend nach Mrs. F. um. »Hat Maeve die Bilder gemalt?«
    Mrs. F. lachte. »0 nein, Miss, sie
sind zum größten Teil uralt. Wenn Sie sie genauer betrachten, werden Sie sehen,
daß sie nicht auf Leinwand, sondern auf Holz gemalt sind. Sie sind sehr
kostbar, diese Bilder, nicht nur, weil ein Vorfahre von Madam sie gemalt hat.«
    Neely schluckte, seltsam bewegt, und
berührte vorsichtig mit den Fingerspitzen eins der Bilder. Irgendwie glaubte
sie die Wahrheit schon zu kennen, bevor Mrs. F. sie aufklärte.
    »Der Name des Künstlers war Aidan
Tremayne«, sagte die Haushälterin stolz. »Genau wie unser Aidan war er
dunkelhaarig, attraktiv und sehr charmant, wenn man den Geschichten glauben
darf.«
    Genau wie unser Aidan, wiederholte Neely im stillen, dann
lächelte sie. Sogar sehr wie unser Aidan, dachte sie. Sie hatte nicht gewußt,
daß er malte, darüber stand in seinen Tagebüchern nichts, aber sie hätte es
sich denken können nach der Zeichnung von sich und Maeve in der ersten Ausgabe
seines Tagebuchs.
    »Daher haben sie auch all das Geld«,
vertraute Mrs. F. Neely flüsternd an. »Von Zeit zu Zeit haben sie ein Gemälde
verkauft, und Mr. Tremayne kennt sich mit Geldanlagen sehr gut aus.«
    Neely wandte sich ab, um ein Lächeln
zu verbergen. »Faszinierende Leute«, sagte sie, ohne näher auf das Thema einzugehen.
    Um nicht unhöflich zu sein, blieb
sie noch eine Weile und ging erst, nachdem Mrs. E sich mit einer Tasse Tee vor den
Fernseher gesetzt hatte, um sich ihr bevorzugtes Morgenprogramm anzusehen.
Neely wollte sich noch einmal den großen Raum im zweiten Stock ansehen, den
gleichen Ort, den sie am Abend zuvor vermieden hatte, weil sie wußte, daß Maeve
dort war. Es war ein Widerspruch in sich, aber Neelys Leben war voller
Widersprüche seit Halloween. Das kommt davon, wenn man sich mit Vampiren
abgibt, dachte sie mit einem schwachen Lächeln.
    An der herrlich geschnitzten Tür
blieb sie einen Moment stehen und klopfte, obwohl sie wußte, daß Maeve nicht
in dem Raum sein konnte. Wie alle anderen Vampire verschlief sie den Tag mit
Sicherheit in irgendeinem dunklen Versteck oder Gewölbe.
    Neely öffnete die Tür und betrat den
großen, luftigen Raum. Sie fragte sich, ob Maeve den Wandteppich aus dem
Museum, der sie und Valerian darstellte, hier gewebt haben mochte. Das Haus war
in etwa so alt wie der Teppich und die Gemälde unten in der Galerie, und der
Webstuhl war es auch.
    Sie näherte sich ihm vorsichtig, als
könne er plötzlich zum Leben erwachen und sie strafen, dann berührte sie den
hölzernen Rahmen. Wie schön er war in seiner rustikalen Schlichtheit.
    Neely ging um das große Gerät herum
und betrachtete noch einmal den angefangenen Teppich. Der Saum des hellen
Kleides war zu erkennen, die Spitzen zweier schwarzer Schuhe, die Ahornblätter
und die cremefarbene Rose mit ihren verwelkenden Blüten. Irgend etwas an
dieser Szene machte Neely unendlich traurig, und sie mußte sich abwenden.
    Sie trat ans Fenster, das sich vom
Boden zur Decke erstreckte und dessen geschliffenes Glas mit Blei gefaßt war.
Der Nebel hatte nachgelassen, aber nun sanken große dicke Schneeflocken herab,
die sich auf den altmodischen Straßenlaternen niederließen und die Autos und
alles andere, was an modernere Zeiten erinnerte, mit einem weißen Mantel
zudeckten.
    Es hätte auch 1894 sein können,
dachte Neely, oder sogar 1794.
    Sie wandte sich vom Fenster ab.
Irgendwo würden Aidan und sie ein neues Leben beginnen. Er wird mich finden,
dachte sie, als sie das Studio verließ. Aidan würde zu ihr kommen, sobald er
konnte, und sie würde ihn mit ausgebreiteten Armen empfangen.
    Eine Träne rollte über ihre Wange,
als sie ins Erdgeschoß hinunterstieg, denn ihr war klar, daß ihr Glück nur
durch einen harten Kampf gewonnen werden konnte.
    In der Gästesuite suchte sie ihren
Pass, öffnete ihn und wunderte sich über die Unschuld in dem Gesicht, das ihr
von dem Foto entgegenblickte.
    Nach der einsamen, wispernden Finsternis
kam das Feuer. Aidan konnte die Hitze spüren, überall um sich herum, und blieb
doch seltsam unberührt davon. Er war jetzt still, seine Gebete hatte er
gesprochen, es blieb ihm nichts mehr zu sagen.
    Dann, ganz plötzlich, entstand aus
den Flammen eine lebendige Präsenz, nicht Gott persönlich, aber Jemand. Ganz
ohne Zweifel ein Wesen, ein denkendes Wesen.
    Vampir, dröhnte eine geistige Stimme. Mit
welchem Namen wirst du genannt?
    Aidan begann zu zittern. Nun würde
es geschehen,

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