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Silberschweine

Silberschweine

Titel: Silberschweine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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saßen. Seine Frau schenkte mir zum Abschied eine Blutwurst, wahrscheinlich als Belohnung dafür, daß ich sie in Ruhe ließ.
    Ich hätte mich gern betrunken. Zum Glück für Petros Frau bin ich allerdings der Meinung, daß man sich während der Arbeit an einem Fall jederzeit betrinken kann, nur nicht, wenn man endlich weiß, hinter wem man eigentlich her ist.
    Als ich zum Palast hinaufgestiegen war, hatte ich geglaubt, alles sei vorüber. Aber die Fälle, die man am meisten haßt, nehmen offenbar nie ein Ende.

LVI
    Vespasians Triumphzug habe ich mir zusammen mit allen meinen Schwestern und einem Dutzend kleiner Kinder angesehen. Allein dafür gebührt meiner Seele ungestörte Ruhe auf den Elysäischen Feldern.
    Den langweiligen Vorbeimarsch der Konsuln und Senatoren verpaßte ich mit Hilfe eines einfachen Tricks: ich verschlief. (Obwohl die ganze Stadt brodelte, konnte ich oben im sechsten Stock so friedlich in den Morgen schlummern wie ein Taubenei im Nest auf einer Pinie.) Drüben auf dem Marsfeld stellte sich das Heer in Reih und Glied auf, während Vespasian und Titus auf ihren elfenbeinernen Sesseln in der Säulenhalle der Oktavia Platz nahmen, um die Akklamation der Truppen entgegenzunehmen. Als allerdings dieser Ruf erscholl, fiel auch eine aventinische Schlafmütze aus dem Bett. Während der Kaiser und seine Getreuen unter dem Triumphbogen in ihrem Frühstück herumstocherten, suchte ich meine Festtagstunika heraus, goß in aller Ruhe die Blumen auf dem Balkon und kämmte mich. Ich summte vor mich hin, als ich unter den Arkaden nach Norden wanderte, in eine Wand aus Lärm hinein.
    Der Tag war warm und hell. Es lag etwas Beschwingendes in der Luft, Für die Füße allerdings war es ein schlechter Tag: als ich dahergeschlendert kam, gab es nur noch Stehplätze. Alle Tempel waren geöffnet, alle Bäder geschlossen; der Weihrauch von tausend Altären vermischte sich mit dem Duft von einer halben Million Menschen, die schon jetzt in ihren Festtagskleidern schwitzten und den ganzen Tag über kein Bad nehmen konnten. Abgesehen von ein paar unentwegten Missetätern, die mit ihren Beutesäcken durch verlassene Gassen schlichen, waren alle mit dem Umzug beschäftigt, entweder als Teilnehmer oder als Zuschauer. So viele Gaffer säumten den Weg des Zuges, daß die Marschierer und die Festwagen kaum durchkamen.
    Mein Schwager Mico (der Verputzer) hatte sich endlich einmal nützlich gemacht. Im Morgengrauen hatten sie ihn losgeschickt, und er hatte vor dem Privathaus irgendeines arglosen Bürgers eine Tribüne nur für uns errichtet. Eigentlich war an dieser Stelle gar kein Platz für eine Tribüne, aber als die Leute des Ädilen sahen, daß sämtliche Mitglieder der Familie Didius, ausgerüstet mit Freßkörben für den ganzen Tag, bereits Platz genommen hatten und, Strohhüte auf dem Kopf, an matschigen Melonen lutschten, die Nasen tief in die Weinkrüge steckten und die Kehlen voller Flüche hatten, da nahmen sie jeder ein Stück Melone an und zogen von dannen und machten gar nicht erst den Versuch, die Tribüne abzureißen.
    Als ich kam, waren die Senatoren zum Glück schon vorüber. Gerade wurden die Trompeten und Kriegshörner vorbeigetragen, deren riesige Schalltrichter auf einer Höhe mit unseren Köpfe waren. Die Beschimpfungen, die Victorina und Älia mir entgegenschleuderten, gingen im Lärm unter. Die übrigen Familienmitglieder hielten sich die Ohren zu und zogen es vor, ihre Stimmbänder nicht mit Klagen über mein verspätetes Erscheinen zu strapazieren.
    »Wißt ihr noch«, schrie Victorina, als sich in den Reihen der Trompeter für kurze Zeit eine Lücke auftat, »wie die Elefanten beim Triumphzug nach der Eroberung Britanniens dem kleinen Marcus solche Angst eingejagt haben, daß er kotzen mußte?«
    Mit den Elefanten hatte das gar nichts zu tun gehabt. Ich war damals sieben. Im Schneidersitz saß ich auf dem Boden neben einer Schale persischer Leckereien. Das einzige, was ich vom britischen Triumph zu sehen bekam, waren die Beine anderer Leute. Den ganzen Nachmittag lang fraß ich mich durch drei Pfund in Honig gebratener und gefüllter Datteln, bis mein Bauch sich zur Revolte entschloß. Die Elefanten habe ich überhaupt nicht gesehen …
    Maia warf mir einen Hut zu. Von allen meinen Schwestern ist sie mir gegenüber die freundlichste – wenn man einmal davon absieht, daß sie meinen Schwager Famia in unsere Familie eingeschleppt hat. Dieser Famia war Pferdedoktor bei den Grünen – aber ich hätte

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