Silberschweine
niemals tun; ich glaubte an meine Selbstachtung und an mein Honorar.
Also sagte ich Titus, welches meiner Meinung nach der fehlende Name war.
»Es muß einer der Brüder Camillus sein, Cäsar. Aber ich bin mir nicht sicher, welcher.«
LIV
Wir hörten, wie sich draußen eine Eskorte versammelte. Titus ging zur Tür hinüber und sagte etwas. Die Unruhe hörte auf; vor der Tür wurde eine Wache postiert.
Ich hatte ein flaues Gefühl in der Magengrube.
Titus kam zurück, bat mich, Platz zu nehmen, setzte sich neben mich auf die Couch und legte das Täfelchen zwischen uns, die Vorderseite nach unten.
»Dieses arme Mädchen! Ach, Falco – diese bedauernswerte Familie! Aber es muß sein. Bitte, sagen Sie mir, wie Sie zu Ihren Schlüssen gekommen sind.«
»Wenn man darüber nachdenkt, scheint es auf grausame Weise offenkundig. Ich komme noch einmal darauf zurück, wie alles begann. Was Sosia Camillina widerfuhr, als das erste Silberschwein in Rom auftauchte, war äußerst bedeutsam; ich habe das immer vermutet. Vielleicht war Atius Pertinax in seiner Position als Ädil des Prätors in der Lage, den Verschwörern zu sagen, wo der Barren versteckt war. Aber inzwischen glaube ich, daß diese das schon wußten – und gewiß war es jemand aus Sosias nächster Umgebung, der wußte, daß sie die Nummer des Schließfaches kannte. Am schnellsten kam man an dieses Schließfach heran, indem man Sosia dort hinbringen ließ – von ein paar finsteren Halunken, um Verwirrung zu stiften und zu verhindern, daß sie irgend jemanden erkannte.«
Titus nickte. »Noch etwas?«
»Ja. Kurz vor ihrem Tod schrieb Sosia ihrer Cousine, sie habe das Haus eines Mannes ausfindig gemacht, der in Verbindung mit ihren Entführern stehe. Ich vermute, in diesem Haus hat sie auch die Liste gefunden. Nun durfte sie zu dieser Zeit, nach dem Entführungsversuch, um ihrer eigenen Sicherheit willen ihr Haus – also das Haus des Senators – nicht verlassen. Ich zweifele allerdings nicht daran, daß sie jederzeit in das Haus ihres Vaters nebenan gehen konnte.« Titus nickte widerstrebend. »Cäsar, seit dem Augenblick, da ich diesen Fall für Sie übernahm, hat jemand alle meine Schritte aus nächster Nähe beobachtet und meine Anstrengungen immer wieder hintertrieben. Als Helena Justina und ich nach monatelanger Abwesenheit aus Britannien zurückkehrten, wußte dieser Jemand so gut Bescheid, daß er uns noch am selben Tag auflauern ließ. Ich hatte tatsächlich von der Porta Ostiensis aus eine Botschaft vorausgeschickt – an ihre Familie.«
»Auf diese Weise ist Ihnen der Brief von Freund Hilaris abhanden gekommen?« Titus lächelte freundlich; das löste der gute Gaius mit seiner pedantischen Arbeitswut aus. Ich lächelte ebenfalls, aber einfach deshalb, weil ich diesen Mann gern hatte.
»Ganz recht. Ich hatte immer angenommen, die beiden Namen, die Flavius Hilaris in seinem Schreiben an Vespasian übermitteln wollte, seien die von Domitian und Pertinax. Er hat es mir jedoch nicht gesagt. Ich habe mich geirrt; es ist höchst unwahrscheinlich, daß der Grubenpächter Triferus eine Ahnung hatte von der Beteiligung Ihres Bruders … Pertinax, der Besitzer des Schiffes, muß der eine Name sein, aber Pertinax war früher mit Gaius’ Nichte verheiratet. Und mal angenommen, der andere Name war der eines noch engeren Verwandten seiner Frau! Es muß sehr schmerzlich gewesen sein; kein Wunder, daß Flavius Hilaris lieber zur Seite trat und Vespasian entscheiden lassen wollte, was zu tun sei.«
Ohne hierauf einzugehen, fragte Titus mit bedächtiger Stimme: »Haben Sie je in Erwägung gezogen, daß Hilaris in die Angelegenheit verwickelt sein könnte?«
»Nicht, seit ich ihn kennengelernt habe!« Ich erzählte ihm, wie ich im Scherz zu Hilaris gesagt hatte, in diesem Fall seien ausgerechnet die Staatsbeamten die einzigen ehrlichen Leute. Titus lachte.
»Ehre den Rittern!« rief er und zollte damit der Mittelklasse sein Lob. Dann fügte er, soweit ich das erkennen konnte, vollkommen ernst hinzu: »Sie sollten sich überlegen, ob Sie nicht selbst einen höheren Rang anstreben wollen. Mein Vater ist stets auf der Suche nach guten Leuten.«
Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum zweiten Rang ist Grundbesitz im Wert von vierhunderttausend Sesterzen; Titus Cäsar ahnte offenbar nicht, wie lächerlich seine Bemerkung war. In manchen Jahren war das Falco-Einkommen so gering, daß ich Anspruch auf Unterstützung aus der Getreidespende hatte.
Statt auf seinen
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