Silberstern Sternentänzers Sohn 01 - Der geheimnisvolle Hengst
eigentlich angeschwärzt hat. Sie seufzte. Hof fentlich heckt derjenige, der der Polizei den anonymen Tipp gegeben und uns hingehängt hat, nicht noch mehr Unheil aus.
Am nächsten Morgen wurde Annit vom Klingeln ihres Handys geweckt. Sie hatte vergessen, es auszustellen. Nachdem Annit ihren Namen genannt hatte, hörte sie die Stimme ihres Vaters am anderen Ende. „Ist alles in Ordnung bei dir?“, erkundigte er sich besorgt.
Annit schluckte. Mit einem Mal plagte sie fürchterlich das schlechte Gewissen, denn sie hatte sich schon eine ganze Weile nicht mehr bei ihren Eltern gemeldet. Bei all der Aufregung hatte sie es völlig vergessen. „Ja, alles in Ordnung“, erwiderte sie schnell. Annit war froh, dass ihr Vater erst heute anrief. Weil nun tatsächlich alles wieder im Lot war!
Ich kann ihnen nichts von den Problemen erzählen, die wir hier gerade durchstanden haben. Sonst hätten sie sich bestimmt große Sorgen um mich gemacht. Vielleicht hätten sie
mich sogar gebeten, zurückzukommen, überlegte Annit, nachdem das Gespräch beendet war. Sie schüttelte energisch den Kopf. Nein, ich kann nicht zurück - noch nicht! Später vielleicht einmal, wenn ich wieder zur Ruhe gekommen bin.
Nach dem Frühstück ritt Annit mit Silberstern aus. In der Nacht musste es geregnet haben, denn der Feldweg war übersät mit kleinen Pfützen, in denen sich nun die Sonne spiegelte. Schlammbespritzt kehrten Pferd und Reiterin schließlich zurück.
„Heute brauchst du eine Spezialreinigung“, sagte Annit lachend zu Silberstern und tätschelte seinen Hals. Rasch holte sie das Putzzeug und striegelte ausgiebig sein Fell auf, um den Schmutz zu lösen. Danach nahm sie die Kardätsche und fuhr mit langen, kräftigen Strichen vom Hals über den Rücken des Hengstes. „Und jetzt machen wir dir noch eine schöne Frisur“, verkündete Annit und kämmte Silbersterns seidige schwarze Mähne
mit dem Mähnenkamm durch. Silberstern genoss das Putzen sehr und hielt ganz still. Zum Schluss rieb Annit ihn noch mit einem Wolllappen ab, um sein Fell zum Glänzen zu bringen. „Du bist der Schönste“, flüsterte sie in sein Ohr, als sie schließlich fertig war. Dann schmiegte sie sich fest an Silbersterns Hals.
In dieser Nacht schreckte Annit plötzlich aus dem Schlaf hoch. Sie glaubte, ein knisterndes Geräusch gehört zu haben. So, als wäre jemand auf Zweige getreten und diese wären unter seinem Schritt zerbrochen. Manuel und Juan Carrillo hatten kürzlich im nahen Wäldchen herumliegende Zweige für ein Lagerfeuer gesammelt und sie dann in der Nähe von Annits Zelt aufgestapelt.
Angestrengt lauschte Annit in die Dunkelheit. Zunächst blieb alles still, doch dann hörte sie es wieder, dieses Knacken! Und diesmal war es lauter als vorher. Wer auch immer da draußen herumschleichen mochte, hatte sich offenbar ihrem Zelt genähert.
Annit merkte, dass sie zitterte. Jetzt hab mal keine Angst, du Feigling! Wer sollte dir schon etwas tun wollen?, redete sie sich gut zu. Doch so schnell gelang es ihr nicht, sich beruhigen. Durch ihren Kopf schwirrten die wildesten Gedanken. Vielleicht dieser Mensch, der uns bei der Polizei angeschwärzt hat? Würde der tatsächlich so weit gehen, mich anzugreifen? Sie kroch tiefer in ihren Schlaf sack. Doch da fiel ihr plötzlich Silberstern ein, und die anderen Tiere. Hat es der Typ, der da draußen herum schleicht, vielleicht auf die Pferde abgesehen? Aufgeschreckt schlüpfte sie aus ihrem Schlafsack und spähte vorsichtig aus dem Zelt. Alles schien jetzt friedlich und still. Ver dächtig still!, dachte sie.
Annits Blick wanderte hinüber zu der Koppel. In der Dunkelheit konnte sie jedoch keines der Pferde ausmachen. Ohne lange zu zögern, zog sie einen dicken Pulli über und lief hinüber zum Unterstand. Sie atmete erleichtert auf, als sie erkennen konnte, dass alle Pferde friedlich zusammenstanden.
Silberstern hob den Kopf, als sie seinen Namen flüsterte. „Alles in Ordnung, mein Kleiner?“, fragte sie und strich ihm sanft über das weiche Fell. Ich werde flir den Rest der Nacht hier bleiben, um auf Silberstern aufzupassen, entschied sie. Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ihm etwas passiert, nur weil ich nicht aufmerksam war.
Annit setzte sich in eine Ecke des Unterstands, in der etwas Stroh lag. Schon bald kämpfte sie gegen die Müdigkeit an - bis ihr irgendwann die Augen zufielen und sie in einen traumlosen Schlaf sank.
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