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Silo: Roman (German Edition)

Silo: Roman (German Edition)

Titel: Silo: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Howey
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dass er schwer verletzt war. Sie wurde wieder so weit klar im
Kopf, dass sie sah, in was für einem Zustand er sich befand.
    »Halt still«,
stöhnte sie. »Solo, du musst stillhalten!«
    Sie versuchte, sich
aufzurappeln, versuchte, die Kontrolle über ihren Körper zu gewinnen. Solo sah
sie blinzelnd an, seine Augen waren glasig, Blut färbte das Grau in seinem Bart
hellrot.
    »Nicht Solo …«,
sagte er mit angestrengter Stimme, »… ich heiße … Jimmy.«
    Wieder hustete er.
    »Und ich glaube
nicht …«
    Seine Lider fielen
zu. Er kniff die Augen vor Schmerz zusammen.
    »… glaube nicht,
dass ich …«
    »Du musst bei mir
bleiben!«, sagte Juliette. Ihr gefrorenes Gesicht wurde plötzlich heiß.
    »… dass ich je … allein gewesen bin«, flüsterte er. Seine Gesichtszüge entspannten sich, seine
Hand fiel auf den kalten Treppenabsatz aus Stahl.

70. KAPITEL
    Silo
18
    Lukas
kippte eine Prise Tee aus der wiederverschließbaren Dose in ein kleines Sieb.
Mit zitternden Händen hängte er das Netz in seinen Becher. Aus den Augenwinkeln
beobachtete er Bernard, während er das kochende Wasser über die Teeblätter
goss.
    »Ich verstehe es
einfach nicht«, sagte er. »Wie kann jemand … wie hat jemand so etwas mit voller
Absicht tun können?« Kopfschüttelnd stierte er in seinen Becher, in dem sich
ein paar Blattfetzen aus dem Sieb befreit hatten und nun außerhalb des Netzes
schwebten. Er sah Bernard an. »Und Sie haben es gewusst?«
    Bernard machte ein
finsteres Gesicht. Er strich mit einer Hand über seinen Schnauzbart, die andere
lag auf seinem Bauch. »Ich wünschte, ich hätte es nicht gewusst«, sagte er. »Am
liebsten würde ich noch immer nichts davon wissen. Vielleicht verstehst du
jetzt, warum ein bestimmtes Wissen ausgelöscht werden muss, sobald es an die
Öffentlichkeit gerät. Die Neugier würde die Glut anfachen, der Silo würde bald
lichterloh in Flammen stehen.« Er starrte auf seine Stiefel. »Ich habe mir das
alles ebenso zusammengereimt wie du, und irgendwann wusste ich genug, um dieses
Amt zu übernehmen. Darum habe ich dich ausgewählt, Lukas. Du und noch ein paar
andere haben eine Vorstellung von dem, was auf diesen Servern gespeichert ist.
Du bist inzwischen darauf vorbereitet, mehr zu erfahren. Aber kannst du dir
vorstellen, was passiert, wenn du irgendetwas davon zu einem Menschen sagst,
der jeden Tag in seinem blauen oder roten Overall zur Arbeit geht?«
    Lukas schüttelte den
Kopf.
    »Das ist auch schon
    vorgekommen. Silo 10 ist so zugrunde gegangen. Ich saß hier hinten …«, Bernard
deutete auf die kleine Studierstube mit den Büchern, dem Computer, dem
knisternden Funkgerät, »… und musste mitanhören, wie es passiert ist. Ich
habe gehört, wie der Schatten von einem meiner Kollegen auf die glorreiche Idee
gekommen ist, die Wahrheit an den ganzen Silo hinauszusenden.«
    Lukas sah in seinen
Tee. »Und darum sind die Kontrolleinheiten der Funkgeräte jetzt
eingeschlossen.«
    »Und darum bist du
eingeschlossen.«
    Lukas nickte. So
viel hatte er bereits verstanden.
    »Wie lange sind Sie
als Schatten hier festgehalten worden?« Er sah Bernard an, und ein Bild kam ihm
in den Sinn: Sheriff Billings, der sein Gewehr in der Hand hielt, während Lukas
sich mit seiner Mutter unterhielt. Hatten sie ihn belauscht? Wären er und seine
Mutter erschossen worden, wenn er etwas verraten hätte?
    »Ich war etwas über
zwei Monate hier unten, dann hat mein Spender gewusst, dass ich so weit war und
alles verstanden und akzeptiert hatte.« Er verschränkte die Arme über seiner
Brust. »Mir wäre es wirklich lieber gewesen, wenn du diese Frage nicht gestellt
hättest, wenn du dir nicht schon so früh alles zusammengereimt hättest. Es ist
viel besser, wenn man die Wahrheit erst im Alter erfährt.«
    Lukas nickte. Es war
merkwürdig, so mit jemandem zu reden, der viel älter war, der so viel mehr
wusste als er selbst. Er stellte sich vor, dass dies ein Gespräch war, wie es
ein erwachsener Mann mit seinem Vater führen würde – abgesehen davon, dass es
dann nicht um die Zerstörung der ganzen Welt ging.
    Lukas senkte den
Kopf und atmete den Geruch der Teeblätter ein. Bernard ging zu dem kleinen
Kocher in der Ecke des Lagers und goss sich ebenfalls einen Becher auf.
    »Wie haben sie das
überhaupt gemacht?«, fragte Lukas. »So viele Menschen zu töten! Wissen Sie, wie
sie das angestellt haben?«
    »Soviel ich weiß,
arbeiten sie noch immer daran. Niemand spricht darüber, wie lange es noch

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